Doppeltes Glück für Löwen-Amateure

Erarbeiteten sich das Glück: Gökhan Gümüssu und die Löwen-Amateure. Foto: A. Wild

Das Glück gehört den Tüchtigen, behauptet der Volksmund. Wenn es eines Beweises dafür bedarf, dann haben ihn die „kleinen Löwen“ im Gastspiel bei den Stuttgarter Kickers erbracht. In einer rasanten, auf hohem Niveau stehenden Regionalliga-Partie entführten die Giesinger vor 2.500 Zuschauern mit Glück, Herz und Geschick drei Punkte aus dem Stadion auf der Waldau.

Stuttgarts Trainer Dirk Schuster erklärte nach dem Schlusspfiff: „Wir haben heute unsere beste Offensivleistung in dieser Saison gezeigt. Nach der siebten oder achten Torchance habe ich auf der Bank mit dem Zählen aufgehört.“ Warum es für die Württemberger am Ende trotzdem nicht reichen sollte, lag nicht nur an ihrer eigenen Abschlussschwäche, sondern auch an 1860-Keeper Björn Bussmann, der einen überragenden Tag erwischt hatte und die Kickers-Stürmer mit einer Serie starker Paraden ärgerte. Dass er in der zweiten Halbzeit auch noch einen Foulelfmeter hielt, passte ins Bild, das die gesamte Löwen-Mannschaft an diesem Tag abgab: mutig, laufstark, kampffreudig und in vielen Situationen einfach die Glücklicheren.

Knapp 80 Gästefans aus München-Giesing hatten bereits nach fünf Minuten Grund zum Jubel. Ein von Tobias Strobl getretener Eckstoß wurde von der Kickers-Abwehr nicht weit genug aus der Gefahrenzone befördert; Markus Pazurek kam an der Strafraumgrenze an den Ball und traf per Flachschuss zum 1:0 für die Löwen. Kurz darauf die nächste Riesenchance – diesmal für Tarik Camdal, der sich aber den Ball zu weit vorlegte, als er alleine auf Kickers Torhüter Wagner zulief. Nach einer Viertelstunde hatten sich die Schwaben vom Schrecken erholt und erarbeiteten sich fortan hochkarätige Torgelegenheiten am Fließband. Die Löwen kamen nur noch vereinzelt zu Kontergelegenheiten; meist über den agilen Kevin Volland. Nur mit Mühe konnten die Sechzger die knappe Führung in die Halbzeitpause retten.

Auch nach dem Seitenwechsel änderte sich das Bild zunächst nicht. Kickers Stuttgart drängte mit Macht auf den Ausgleich. Fünf Minuten waren im zweiten Durchgang gespielt, als die Degerlocher einen Strafstoß zugesprochen bekamen, doch der 27-jährige Kickers-Spielmacher Vincenzo Marchese scheiterte zum Entsetzen seiner Fans an Björn Bussmann. In der 71. Minute befreiten sich die Löwen mit einem Bilderbuchkonter vom gegnerischen Dauerdruck: Marius Willsch hatte den Ball erobert, eilte durchs Mittelfeld und flankte nach schönem Doppelpass mit Camdal präzise auf den mitgelaufenen Volland, der aus acht Meter geschickt gegen die Laufrichtung des Torwarts ins Kreuzeck köpfte. Nach dem Anstoß gelang den Kickers prompt der längst verdiente Anschlusstreffer durch Demis Jung (73. Min.). In der Folge hatten die Löwen noch eine brenzlige Situation zu überstehen, als 10 Minuten vor Schluss Marcel Kappelmaier für seinen schon geschlagenen Torhüter auf der Linie klärte. Im Gegenzug entschied Kevin Volland die Partie für den TSV 1860. Kickers-Verteidiger Abruscia verlor 25 Meter vor dem Tor den Ball gegen den attackierenden Löwen-Stürmer. Der 18-Jährige schnappte sich die Kugel, steuerte auf Torhüter Wagner zu und schloss mit einem Flachschuss aus zwölf Metern (81. Min) überlegt ab, ehe er zum Torjubel in die Gästefankurve abdrehte. Seinen eigenen Löwen-Fanclub hatte der in Stuttgart geborene Gökhan Gümüssu zur Unterstützung auf der Haupttribüne sitzen. Eine rund 20-köpfige Schar türkisch-schwäbischer Verwandter und Freunde sprang begeistert auf, als die Löwen ihre Tore erzielten und Bussmann den Strafstoß der Kickers hielt.

Die Löwen-Amateure zeigten sich als Mannschaft gegenüber der 0:3-Heimniederlage gegen den SV Darmstadt in allen Belangen stark verbessert. Wer so engagiert auftritt, wie die Giesinger U23-Spieler in Stuttgart, der hat am Ende auch das sprichwörtliche Glück auf seiner Seite.

Artikel vom 20.09.2010
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