Da schau her! Albrecht Ackerland berichtet exklusiv im Münchner SamstagsBlatt

Albrecht Ackerland über Haustiersorgen

Was muss ihr Mann gelitten haben. Oder sie unter ihrem Mann? Karin hat einen Garten in einer Kleingartenanlage, in der ich in diesen Tagen sehr gerne meine Zeit verbringe. Es ist ja plötzlich der letzte Schrei, einen Kleingarten zu besitzen, vorbei die Zeit, dass so ein kleines Refugium als der Inbegriff des kleinbürgerlichen Superspießertums galt.

Jene Kleingartenbesitzer, die da nun Wochenende um Wochenende ihre Festerl veranstalten und nebenbei einen quicklebendigen Biogemüsegarten am Laufen halten, jene Freunde sind studierte Kreative, einigermaßen jung, Kinder hat's auch, und aus dem Kassettenrekorder (ja, auch den gibt es wieder) tönen die angesagten Bands der Saison.

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Bei Karin ist das anders. Karin wohnt mehr oder weniger in ihrem Garten, dessen Laube über die Jahre zu einem Verschlagverhau gewachsen ist, der jeder Kreativbauweise in den Armenvierteln der Welt alle Ehre machen würde. Weil wir aber immer noch in Deutschland sind, gibt’s Häkeldeckchen und Streuselkuchen. Karin ist eine Frau, die dem Ruf von Kleingartenanlagen einerseits alle Ehre macht, auf ihre Art aber nun auch ein ­Freak ist, was sie sehr sympathisch macht.

Eine sympathische Frau ist Karin freilich nicht, und der Umgang mit ihrem Hund macht diese Aura nicht besser. Gegen diesen armen, fantastisch aggressiven Rauhaardackel führt sie einen regelrechten Krieg. Gewinner ist am Ende immer der Hund, der einen interessanten Namen trägt: „Bistdujetztruhig“. Eine andere Ansprache bekommt er nicht, dafür diese gerne auch 3.500 Mal am Tag, und das ist nun keine Übertreibung.

„Bistdujetztruhig“ bellt für sein Leben gern, was Karin freut, auch wenn sie das jetzt nicht direkt so zeigen kann. Aber sie dankt es ihm mit keckem Gewürge durch ihre Hundeleine. Das wiederum freut „Bistdujetztruhig“ so sehr, dass er noch lauter versucht zu bellen.

Meine Freunde mit ihrem „Derletzteschreischrebergarten“ hassen diesen Hund, verdirbt er ihnen doch ihren Traum vom ruhigem Garten in der Stadt. Das ist sehr erfreulich, denn so hat „Bistdujetztruhig“ endlich auch einen zweiten Lebenszweck neben der Unterhaltung von Karin: Er bringt die modernen, toleranten, weltoffenen, jungen Gartenbesitzer dazu, sich über ihre Nachbarschaft aufzuregen. Astreines Spießertum. Und Karin weiß noch nicht einmal, was sie da für ein Goldstück anschreit.

Artikel vom 29.07.2010
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