Veröffentlicht am 26.07.2016 08:45

Der Vatikan liegt in Aubing

Maximilian Erbacher streichelt die Kühe im Stall von Monika Hagl. (Foto: pst)
Maximilian Erbacher streichelt die Kühe im Stall von Monika Hagl. (Foto: pst)
Maximilian Erbacher streichelt die Kühe im Stall von Monika Hagl. (Foto: pst)
Maximilian Erbacher streichelt die Kühe im Stall von Monika Hagl. (Foto: pst)
Maximilian Erbacher streichelt die Kühe im Stall von Monika Hagl. (Foto: pst)

„Jetzt wandeln wir durch den Vatikan“, erklärte Maximilian Erbacher den rund 50 Bürgern. Diese befanden sich aber keineswegs auf Pilgerfahrt in Rom. Der „Vatikan“ wird Stadtbezirk 22, eine Siedlung in Aubing-Ost genannt. Die Pfarrgemeinde Aubing hatte im 19. Jahrhundert den Grund gekauft. Der Volksmund hat die mittlerweile bebauten Kirchengrundstücke deswegen „Vatikan“ genannt. Die Stadtteilwanderung durch unbekannte Ecken Aubings war die dritte von vier Führungen, die der Künstler Erbacher im Rahmen seines Projekts „Promises/Versprechen“ zusammen gestellt hatte. Darin suchte er in Aubing, Trudering, Obersendling und Am Hart nach typischen Merkmalen für die Orte.

„The Perfect Union to all you Desire“ stand in großen Lettern auf einer riesigen Bautafel an der Aubing-Ost-Straße. Es war kein Bauträger, sondern Erbacher, der sie aufgestellt hatte. „Die Textbotschaft stammt aus dem Jargon international operierender Immobilienfirmen“, erklärte Erbacher. Von seiner Gruppe gab es dafür gleich Kritik. „Wir sprechen hier deutsch“, betonte eine Frau, die sich an den englischen Worten störte. Doch bevor die Gruppe in eine Grundsatzdiskussion einstieg, ging es weiter.

Ideal eines Schulhauses

Erbacher hatte sich für die Führung Toni Fürst an seine Seite geholt, der Aubing kennt wie kein zweiter. Alle paar Schritte wies er auf interessante Gebäude hin und erzählte so manche Anekdote. Die Bürger ergänzten dies. Sie erinnerten an den Plan die Gotthardstraße mitten durch den Ort zu führen und an den Baggersee, der zugeschüttet worden war. „Da war Baden schon immer verboten. Das war nämlich der Löschteich von der Bahn“, erklärte BA-Vorsitzender Sebastian Kriesel. Vorbei an den schmucken Reihenhäusern der Kastelburgstraße ging es zum Platz, an dem früher die Chemische Fabrik gestanden hatte. Vor dem zweiten Weltkrieg hatte sie dem jüdischen Chemiker Moritz Bloch gehört, „ein Wohltäter Aubings“, erinnerte sich Fürst. Bei der Alten Schule, dem heutigen BRK-Haus, wies Erbacher darauf hin, dass diese aus architektonischer Sicht früher „das Ideal eines Schulhauses“ gewesen sei,

Nächster Haltepunkt war der Hagl-Hof. In heutigen Zeiten sei es nicht einfach als Bauer zu überleben, erklärte Monika Hagl. Viel Grund mussten die Hagls im Zuge des Autobahnbaus abgeben. Die neuen Flächen bei Landsberg erreicht der Schlepper erst nach eineinviertel Stunden. Neben den Feldern ist die Bullenmast ein Schwerpunkt auf dem Haglhof. Mit 20 Monaten werden die Tiere geschlachtet. Bis dahin sollen sie es gut haben, versicherte Monika Hagl. Vorbei an der Mustersiedlung in der Wildenrother Straße mit ihrem 70er-Jahre-Charme gab es einen Abstecher zum Aubinger Geschichtspfad, auf dem Fürst an die erfolgreichen Proteste für eine Einhausung der Autobahn erinnerte.

Unweit davon liegt der moderne Koch-Hof. Vor der Halle waren die Boxen mit den frisch geborenen Jungtieren aufgestellt. Begeistert ließen sich die Besucher von den Kälbchen abschlecken und kraulten das weiche Fell. In der Halle war High-Tech angesagt. Roboter übernahmen Aufgaben wie Füttern und Ausmisten. Sogar das Melken funktionierte mit einem Melkroboter automatisch. 1.500 Liter Milch produzieren die derzeit 60 Kühe, berichtete Koch. Angesichts der niedrigen Milchpreise hätte die Familie große Existenzsorgen. Am Schluss der Stadtteilwanderung gab es eine Brotzeit in der „Almhütte“ auf dem Nassl-Hof, wo die weißen Charolais-Rinder im Schatten lagerten. „Promises/Versprechen“ von Maximilian Erbacher ist das erste Projekt der Reihe 2016 Kunst im öffentlichen Raum mit dem Thema „München – dezentral“. Als Ergebnis eines Kunstwettbewerbes wurden dazu sechs Projekte von Münchner Künstlern realisiert.

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