„Jede Kirchengemeinde hat ihre eigenen Kirchweihtraditionen, das tatsächliche Datum ihrer Kirchenweihe. Daher lassen sich vorherrschende Traditionen kaum verallgemeinern“, meint die Gräfelfinger Gemeindearchivarin Monika Frank zum bevorstehenden Kirchweihsonntag. Zum „Allerwelts-Kirchweih“ am dritten Sonntag im Oktober gebe es dennoch Einiges an Gemeinsamkeiten in den Gemeinden, so Frank. Denn traditionell war bis zu diesem Tag die Ernte geschafft, die Bauern trafen sich zum Austausch und Handel. Dank und Segen für die Ernte und Bitten für die nächste Saison gehörten ganz selbstverständlich dazu.
Auch übers traditionelle Kirchweihschießen oder Kranzlschießen im Ort der Schützengesellschaft „Würmtaler I“ findet sich so manche Zeile im Gemeindearchiv. „Die meisten Aufzeichnungen über das bäuerliche Leben und die Bräuche, die in Gräfelfing dazu gehörten, hat allerdings Siegfried Segl zusammengetragen“, so Frank.
In seinem Buch „Gräfelfing – Vom Bauerndorf zur Gartenstadt im Würmtal“ beschreibt Segl die „Kirtafahne“, die beim Neuen Schmiedwirt gehisst wurde und von der Dorfjugend sehnlichst erwartet wurde. „Wenn die nämlich beim Kurz vom „Neuen Schmiedwirt“ aufgezogen wurde, wartete auf die Dorfjugend ein besonderes Vergnügen. Auf der Tenne hing an starken Heuseilen zwischen zwei Torbalken die „Kirtahutschn“, ein langer Vierkantriegel oder eine dicke Bohle“, heißt es in seinem Buch. Zehn und mehr Kinder hätten Platz gefunden auf der „Kirtahutschn“ und schaukelten stundenlang. Und auch die reifere Jugend ließ sich von der Gaudi anstecken.
Eine „Kirtahutschn“ sucht man heutzutage vergebens im Würmtal. Am 19. Oktober hält zunächst St. Stefan in Gräfelfing um 10.30 Uhr einen Festgottesdienst zum Kirchweihsonntag mit der Haydn-Messe „Missa Sancti Gabrielis“ ab. In St. Benedikt in Gauting gibt es um 10 Uhr einen Festgottesdienst mit der Dvorak-Messe in D-Dur. Und auch St. Elisabeth in Planegg mit St. Margaret in Krailling und St. Martin in Martinsried feiert Kirchweih. Ansonsten finden am Kirchweihsonntag in Planegg und Gauting traditionell die Marktsonntage mit Geschäftsöffnungen, Angeboten und vielerlei Kulinarischem, Kunsthandwerklichem und Musik sowie Spiel und Spaß für die Kinder statt. Und dies geht weit über die „Kirtahutschn“ hinaus.