Veröffentlicht am 25.03.2014 11:27

Mit Händen und Füßen und viel Herz

„Große Chance für ein gegenseitiges Verständnis”: Übergangsklassen, wie hier in der Lochhamer Mittelschule, sind ein winziges Sammelbecken von vielen Nationen. Derzeit lernen zwölf Schüler aus zehn Ländern hier. (Foto: US)
„Große Chance für ein gegenseitiges Verständnis”: Übergangsklassen, wie hier in der Lochhamer Mittelschule, sind ein winziges Sammelbecken von vielen Nationen. Derzeit lernen zwölf Schüler aus zehn Ländern hier. (Foto: US)
„Große Chance für ein gegenseitiges Verständnis”: Übergangsklassen, wie hier in der Lochhamer Mittelschule, sind ein winziges Sammelbecken von vielen Nationen. Derzeit lernen zwölf Schüler aus zehn Ländern hier. (Foto: US)
„Große Chance für ein gegenseitiges Verständnis”: Übergangsklassen, wie hier in der Lochhamer Mittelschule, sind ein winziges Sammelbecken von vielen Nationen. Derzeit lernen zwölf Schüler aus zehn Ländern hier. (Foto: US)
„Große Chance für ein gegenseitiges Verständnis”: Übergangsklassen, wie hier in der Lochhamer Mittelschule, sind ein winziges Sammelbecken von vielen Nationen. Derzeit lernen zwölf Schüler aus zehn Ländern hier. (Foto: US)

Deutschförderung für Migrationskinder gibt es schon für die Allerkleinsten im Kindergarten und in der Vorschule. Doch was machen die Kinder, die schon älter sind, wenn sie mit ihren Eltern nach Deutschland kommen? Deren Eltern beruflich nach Deutschland versetzt werden und die in ihrem Herkunftsland bereits einige Schuljahre hinter sich haben? Oder die als unbegleitete minderjährige Flüchtlinge völlig allein und auf sich gestellt nach Deutschland kommen?

Für sie wurden schon im Schuljahr 2007/08 so genannte Übergangsklassen eingerichtet. Die Ü-Klassen sind zum einen Deutsch-Crashkurse. Zum anderen können sich die Kinder darin vorsichtig ans deutsche Schulsystem herantasten, damit sie in einer für sie passenden Schule weiterlernen können und einen Schulabschluss haben.

Deutschförderung für maximal zwei Jahre

Im Würmtal finden sich gleich zwei Schulen mit Ü-Klassen: die Mittelschule Lochham und die Grundschule in Martinsried. „Seit zwei Jahren sind wir im Schulverbund mit der Mittelschule in Gauting, Starnberg und Tutzing“, erklärt die Lochhamer Rektorin, Monika Weikert. „Unser Sprengel ist dementsprechend groß. Damit decken wir einiges im Landkreis München und Starnberg ab. Und nachdem unsere Raumkapazitäten passen, haben wir uns in das Abenteuer Ü-Klasse begeben.“

Derzeit lernen zwölf Schüler im Alter von elf bis fünfzehn Jahren in der Lochhamer Ü-Klasse. „Die Kinder haben einen zweijährigen Anspruch auf diesen geförderten Deutschunterricht“, erklärt Klasslehrerin Sandra Schinke. „Doch so lange bleibt kaum einer. Die meisten sind sehr motiviert, Deutsch zu lernen und packen den Stoff viel schneller.“ Dementsprechend schwankend ist die Schülerzahl. „Plötzlich steht wieder ein ganz Neuer vor der Tür. Oder wir entscheiden uns im Kollegium, dass jemand aus der Ü-Klasse mitten im Schuljahr nun in eine Regelklasse gehen kann oder sogar ins Gymnasium oder die Realschule wechselt.“

Erst Wortschatz, dann Grammatik

Schinke hatte bereits während des Studiums eine Spezialisierung in „Deutsch als Zweitsprache“ (DAZ). Das helfe aber erst im zweiten Schritt. „Zuerst kommunizieren wir mit Händen und Füßen, weil die meisten wirklich überhaupt nichts verstehen.“ Dann baue sie langsam den Wortschatz auf, erläutere Grammatik und Schriftsprache und führe die Schüler ans Lesen heran. „Ich spreche konsequent deutsch. Auch wenn ich englisch sprechen würde, wäre wieder nur wenigen geholfen. Es muss für mich absolut fair zugehen.“

Auch die anderen Schüler sollen von der Vielfältigkeit der Ü-Klasse profitieren, so Schinke. „Zumindest untereinander fördere ich das Erzählen von Traditionen und vom Herkunftsland.“ Die Vielfalt an unterschiedlichen Nationen im schulischen Miteinander mache ihr großen Spaß. „Doch am schönsten ist es, wenn wir Mädchen aus Ländern bekommen, die fest in Taliban-Hand sind und die in ihren Herkunftsländern keine Schule besuchen können“, ergänzt Weikert. „Diese Mädchen saugen förmlich jedes Wissen auf und machen Riesenfortschritte. Das ist immer sehr berührend.“

An der Schultür hört das Kümmern um die Neuankömmlinge nicht auf. Von der Würmtal-Insel begründet unterstützt der Arbeitskreis Pro Asyl auf ehrenamtlicher Basis bei Behördengängen, bei der Vermittlung von finanzieller Unterstützung, beim Deutschunterricht für die Eltern und vielem mehr.

Große Chance für das gegenseitige Verständnis

Im benachbarten Martinsried heißt die Klasse „1 bis 4 Ü“ und umfasst alle ausländischen Grundschüler. „Wir haben die Klasse seit September“, erklärt Rektorin Margit Baran-Lander. „Doch unsere Erfahrungen mit Schülern, die kein Wort deutsch sprechen, machen wir bereits seit einigen Jahren. Schließlich kommt es im Campus Martinsried häufig vor, dass Gastdozenten oder ausländische Mitarbeiter für eine Weile hier arbeiten. Ich glaube, wir waren im Schulamt für unser Engagement für ausländische Kinder bekannt, so dass wir seit September diese Ü-Klasse hier haben.“

Momentan lernen Kinder aus vier Kontinenten und elf Ländern in der Grundschule Martinsried. „Das gibt unserer Schulgemeinschaft viel Lebendigkeit und ist eine Chance zum gegenseitigen Verstehen.“ Einige der Ü-Klassenkinder hätten Krieg und Leid erlebt. „Wir können in der Schule thematisieren, wie es jemanden geht, der so viel erlebt hat und nun herkommt und kein einziges Wort versteht. Das soziale Lernen ist doch mindestens ebenso wichtig.“

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