Das Hotel Pollinger beherbergt keine Flüchtlinge mehr. Vor ein paar Tagen sind die letzten Asylsuchenden in die Bayernkaserne umgezogen. Rund zehn Monate lang war das Hotel in der Aubinger Straße von der Regierung von Oberbayern als Erstaufnahmeunterkunft angemietet worden. Die aktuellen Krisengebiete in der Welt hatten den Flüchtlingsstrom so ansteigen lassen, dass auf Privatunterkünfte wie dem Hotel, das damals renoviert werden sollte, zurückgegriffen wurde. Zehn Monate lang waren die Flüchtlinge dann Thema im Stadtviertel Aubing. Es gab Anfeindungen von Bürgern, die bereits in einer schwarzen Hautfarbe einen Affront sahen, aber es gab auch sehr viel Unterstützung, tätige Nächstenliebe und Herzlichkeit, mit denen die Menschen, die ihre Heimat verlassen hatten, empfangen wurden.
Bezirksausschussvorsitzender Josef Assal hatte die Helfer deswegen zu einem Erfahrungsaustausch und einem gemeinsamen Mittagessen eingeladen. Bei schönem Wetter saßen die Helfer im Hof der UBO 9 und erinnerten an die vergangenen Monate. Auch eine junge Mutter, die damals das erste Flüchtlingsbaby zur Welt gebracht hatte, war dabei. Der kleine Sam hat sich in den neun Monaten zu einem strammen Jungen entwickelt. Freundlich wanderte er von Schoß zu Schoß und beäugte zutraulich die Welt. „Das wird mal ein richtiger Bayer“, freute sich Assal. Sam war nicht das einzige Kind, das in München neu geboren wurde. Da das Hotel besonders komfortabel ist, wurden hier vor allem Schwangere und Familien mit Kindern untergebracht. Viele Aubinger hatten sich darum gekümmert, dass die Kinder wieder ein bisschen Freude ins Leben bekommen. Die BA-Kinderbeauftragte Monika Assal hatte die Kleinen mit zum Spielplatz genommen und die Aubinger Tenne hatte die älteren Kinder und Jugendlichen besucht.
Rasch hatte sich damals auch eine Initiative gebildet, die eine Kleiderkammer mit Spielsachen einrichtete. „Die Leute hatten oftmals nicht mehr als die Kleider auf ihrem Leib“, erklärte eine Helferin. Den Spendenaufruf beherzigten viele Bürger, was die Helfer fast schon an die Grenze ihrer Kräfte brachte. „Am Anfang hatten wir 20 große Kleidersäcke und 100 Kisten zu sortieren“, erinnerte sich Lothar Langer. Während sich die Erwachsenen mit warmer Kleidung und Schuhen eindeckten, waren die Kinder besonders von den Spielsachen angetan. Viele Plüschtiere wurden ausgegeben. „Die Kinder haben die Stofftiere zum Festhalten gebraucht. Das hat ihnen ein Stück Sicherheit gegeben“, wusste Langer. Ganze Familien beteiligten sich bei der Kleiderkammer. Zum Beispiel Familie Fichtner. Von den Großeltern, über Sohn und Schwiegertochter bis zur kleinen Felicia halfen alle mit. Das kleine Mädchen ist zwar noch nicht einmal ein Jahr alt, aber begleitete die Mama zum Kleiderdienst und spendete natürlich ihre zu klein gewordenen Strampler und Babykleider. Zweimal in der Woche hatten die zehn Ehrenamtlichen die Kleiderkammer in der UBO 9 geöffnet. Jetzt überlegt der Helferkreis was mit den Sachen geschehen soll. „Der Bedarf ist ja immer noch da, wir werden das jetzt woanders hinbringen“, erklärte Eveline Fichtner.
Das Hotel Pollinger wird jetzt – wie bereits vor einem Jahr beschlossen – komplett renoviert und bald wieder zahlende Gäste aus aller Welt aufnehmen. Dass dann endlich Ruhe einkehrt, glaubt Assal jedoch nicht. „Eigentlich waren die Flüchtlinge die ruhigsten Gäste seit Jahrzehnten“. Vor allem zur Wiesnzeit hätten die grölenden Oktoberfestbesucher, die im Hotel nächtigten, die Anwohner gestört.