Der Untermenzinger Marienhof ist ein Gebäude aus den 20er Jahren, das den meisten Bürgern unseres Stadtteils unbekannt sein dürfte. Ich selbst suchte mit meiner Frau nach einer Ausstellung „Fotografie und Skulptur”, die vor zwei Jahren in diesem Gebäude sein sollte. Wir fanden es nach längerem Suchen und waren begeistert. Das Gebäude liegt an einer Privatstraße und hatte ursprünglich die Nr. Manresastr.3. Es liegt geschützt hinter einer Mauer (Bild 1), steht inzwischen unter Denkmalschutz und wird z.Z. von den neuen Eigentümern, die sich ein ruhiges Zuhause wünschten, mit großem fachlichen Sachverstand und viel Liebe zum Detail innen umgebaut. Die Manresastraße erhielt ihren Namen 1938 und erinnert an die katalonische Stadt gleichen Namens, die eng mit Ignatius von Loyola verbunden ist, der dort über mehrere Monate in der „Santa Cova”, der Heiligen Höhle, lebte.
Diesem ersten Besuch, bei dem einige schöne Fotos vom Äußeren und Inneren des Untermenzinger Marienhofs entstanden, folgten noch weitere, um die nähere Umgebung zu erkunden, in der noch Leute wohnen, die etwas zur jüngeren Geschichte der Gebäude sagen können. Einiges dazu verdanke ich Herrn Bader, der sich vor allem um die ehemaligen Besitzer und deren Nachbarn sehr bemüht hat. Meine eigenen Nachforschungen zum Gebäude stellte ich im Stadtarchiv, später im erzbischöflichen Archiv an und kann nun eine recht abenteuerliche Darstellung, die sicher noch vieler Ergänzungen bedarf, vorlegen.
Meine Fragen galten zunächst einem Miethaus, erbaut 1861 in der Theresienstr. 81, das 1924 in den Besitz eines Schwesternordens mit dem Namen „Instauratio in Christo” kam und vermutlich 1931 wieder verkauft wurde (Bild 2). Das Gebäude wurde im Kriege zerbombt, abgerissen und später in seiner heutigen unansehnlichen Form erbaut. Der recht wechselhaften Vorgeschichte dieses Hauses, die gut dokumentiert ist und auf einen Bauplan von 1861 zurückgeht, soll hier nicht weiter nachgegangen werden. 1924 führte ein Frl. Theresia Ciupka, die in diesem Hause wohnte, die Geschäfte der kleinen Vereinigung von Schwestern als Verwalterin des Hauses. „Instauratio in Christo” bedeutet „Erneuerung in Christus” und wurde vom damaligen Münchner Kardinal Faulhaber nachweislich kräftig unterstützt. In den Jahren 1924-1931 scheint der Schwesternorden der Besitzer des Hauses und für Umbau- und Reparaturarbeiten zuständig gewesen zu sein. Die Schwestern betreuten neben einem „Wiedereingliederungswerk” für entlassene Strafgefangene, Häuser für alleinstehende Frauen und Mädchen und Altersheime für Jesuitenpatres. Genauere Angaben dazu fehlen allerdings. Als konkretes Beispiel kann ein Ausschnitt aus der Geschichte des Untermenzinger Marienhofs dienen.
Als Baujahr wird das Jahr 1920 angegeben. Neben dem Haupthaus erkennt man auf dem Gelände eine Waldfläche mit altem Baumbestand, Obst- und Gemüsegärten, Wiesen, ein Nebengebäude und einen Stadel. Einige Untermenzinger Mitbürger erzählten, dass sie in ihren Kinder- und Jugendtagen manches Mal ohne Wissen der damaligen Eigentümer (Familie Redslob) auf dem weitläufigen Gelände spielten.
Wenn wir nun wieder in die Geschichte des Gebäudes zurückgehen, finden wir in den Jahren 1924/25 einen Briefwechsel zwischen den Mitgliedern der „Societas Instauratio” in der Theresienstr. 81 unter Führung der bereits erwähnten Theresia Ciupka und dem Erzbischof Faulhaber (seit 1921 Kardinal!). Im Februar 1925 baten ihn die Schwestern um Unterstützung einer Sammlung für das „Diözesan-Exercitien-Haus-Untermenzing”, die Faulhaber etwas später zurückzieht. Offensichtlich bestand wegen des Baus bereits einige Zeit ein engerer Kontakt zur Untermenzinger Baufirma Beer und dem bekannten Architekten Buchner.
Schon im Juli 1925 kann der Untermenzinger Expositus (Leiter eines selbständigen Seelsorgebezirks einer Pfarrei) Friedrich Reinhardt an den Kardinal berichten: „Die religiöse Gesellschaft ‚Instauratio' steht vor der Vollendung ihres Wirtschaftsgebäudes für das geplante Diözesan Exerzitienhaus in Untermenzing. Das Wirtschaftsgebäude mit ca. 10 Zimmern soll Anfang August bezogen werden und am 15. August sollen die ersten Exercitien für die Bewohner des Wirtschaftsgebäudes und anderen Mitgliedern der ‚Instauratio' beginnen. Das (Haus) hat einen Raum, der als provisorische Hauskapelle für die Tage der Exercitien wohl geeignet ist, und dieser Raum, ein Zimmer mit der Größe von 4,20 x 4,20 mit einem passenden Erker für ein Altärchen, soll nach der Absicht der Leiterin der ‚Instauratio' für diesen Zweck zur Verfügung gestellt werden.” Von diesem Kapellenraum ist im Stadtarchiv das folgende Bild 3 erhalten. Es irritiert allerdings, dass immer vom Wirtschaftsgebäude die Rede ist, da sich sowohl der Altarraum als auch die zehn Zimmer im Wohngebäudeteil befinden. Im folgenden Bild 4 sehen wir die Südseite des Wohn- und Wirtschaftsgebäudes und den Erker, in dem sich erkennbar der Altar befand.
Noch im August 1925 läßt Faulhaber an den Baumeister Beer schreiben, dass Fräulein Ciupka die Vorsteherin sei, er das Bauvorhaben gut heiße, aber Abstand von den Geldangelegenheiten nehmen müsse. Der Kardinal hatte in den Monaten vorher eine Empfehlung für eine Sammlung ausgesprochen und die Instauratio als „einen religiösen, kirchlich genehmigten Bund von apostolisch gesinnten Seelen” und als Segen für alle (Reich/Arm, Arbeiter/Geistliche, Jung/Alt) bezeichnet”. Frau Ciupka bedankte sich wenige Tage später, noch aus der Theresienstr. 81, für diese oberhirtliche Empfehlung.
Der Architekt dieses Gebäudes war Georg W. Buchner (1890-1971), der zu Beginn des Jahrhunderts an der TH München bei Theodor Fischer studierte, nach dem eine Untermenzinger Straße benannt ist. Buchner ist nicht nur durch viele Bauten zwischen 1933 und 1945 bekannt, er baute schon in den 20er Jahren neben anderen Kirchen und Bahnhöfen auch die Kath. Pfarrkirche „Leiden Christi” in Obermenzing und das inzwischen abgerissene Postamt in Moosach.
Nach 1945 ging der gesamte Besitz auf die Familie Redslob über, deren Tochter später Teile des Grundstücks an die Familie Grandl, die Familie Angermeier, in Bild 5 das von innen nicht erreichbare Glockentürmchen auf einem ehemaligen Klostergebäude, und die Firma Pflanzen Kölle verkaufte. Anschließend wurde die Stiftung „Terre des Hommes” Besitzer, die es dann an die heutigen Eigentümer verkaufte.
Zum Marienhof bleiben trotz konkreter Ergebnisse der Nachforschungen noch einige Fragen offen:
Wann war der Baubeginn?
Welcher Künstler fertigte die Statue der Maria mit dem Jesuskind an der Nordostecke an?
Seit wann nannte man die Anlage Marienhof?
Wann wurde „Instauratio in Christo” gegründet und wann aufgelöst?
Wie lange war der Orden Eigentümer der Anlage und warum mußte er verkaufen?
Wer zu diesen Fragen Auskunft geben kann, kann sich an Dr. Walter G. Demmel unter Tel. (089) 8123072 wenden.