Veröffentlicht am 20.03.2012 14:01

Ein kleines Portrait

Dora Specht steht mit ihren 99. Jahren immer noch mitten im Leben. (Foto: D. Specht)
Dora Specht steht mit ihren 99. Jahren immer noch mitten im Leben. (Foto: D. Specht)
Dora Specht steht mit ihren 99. Jahren immer noch mitten im Leben. (Foto: D. Specht)
Dora Specht steht mit ihren 99. Jahren immer noch mitten im Leben. (Foto: D. Specht)
Dora Specht steht mit ihren 99. Jahren immer noch mitten im Leben. (Foto: D. Specht)

Frau Dora Specht ist 99 Jahre jung - und das wird gefeiert. Zusammen mit ihren Nachbarn und ihrer Familie ist sie am 19.März in ihr 100. Lebensjahr gestartet: „Alles Gute Dora, Alles Gute Frau Specht, Alles Gute kleine Omi!”

Zuhause am Westkreuz

Dora Specht wohnt am Westkreuz – und das schon sehr lange. Die Wohnung im fünften Stock bietet ihr einen wunderschönen Blick, auf München und in die Berge. Hier ist ihr Zuhause seit über 40 Jahren. Die Witwe lebt allein, unterstützt von ihrer Nachbarschaft sowie Tochter und Schwiegersohn, die am Tegernsee wohnen. Auch dort steht für die gebürtige Münchnerin, die in der „Gebäranstalt“ in der Sonnenstraße das Licht der Welt erblickte, eine kleine Einliegerwohnung bereit. Gerne verbringt sie dort die Feiertage oder einen längeren Urlaub, dann aber zieht es das 99-jährige „Stadtkind” wieder in ihre freundliche Münchener 3-Zimmer-Wohnung.

Mitten im Leben

Die agile Dame erzählt von sich, ihrer Familie, ihrer Kindheit, ihrer Schneider-Ausbildung, Krieg und Geschichte. Ludwig III. hat es ihr besonders angetan: So erinnert sie sich, dass der an Landwirtschaft interessierte Monarch auch „Millibauer“ genannt wurde. Der Tag seiner Thronbesteigung, der 12.12.1912 ist ein wichtiges Datum. Namen, Fakten, Daten hat sie parat, nebenbei wird der Kaffeetisch gedeckt und der selbstgemachte Gesundheitskuchen kredenzt.

Die Netzwerkerin

Die 99-Jährige, die sich an Vergangenes so gut erinnert, steht mitten im Leben, pflegt ihr Netzwerk und ist interessiert an dem, was um sie herum passiert. Der Friseurtermin steht da genauso regelmäßig auf dem Programm wie das Kaffeekränzchen mit ihren Nachbarinnen, bei dem es auch schon mal ein Gläschen Wein getrunken wird. Bekannte, die sie aus dem Altenheim besuchen, beneiden sie schon darum, dass sie noch in ihren eigenen vier Wänden lebt. Das wäre natürlich ohne ihre Tochter und ihren Schwiegersohn nicht möglich: „Beide sind immer für mich da, besuchen mich regelmäßig und helfen mir.” unterstreicht Frau Specht. „An meine Nachbarn kann ich mich auch immer wenden, wenn ich etwas brauche.” Alle sind für sie da, auch die Enkelin und ihre zwei Urenkel sieht sie regelmäßig. Auch ohne Facebook „und Co. hält sie Kontakt zur ganzen Welt. Da wundert's auch nicht, wenn das Telefon klingelt und die Verwandten aus Los Angeles sich erkundigen, wie es ihr denn so geht.

Viel erlebt

Die gelernte Schneiderin, die lieber Telefonistin oder Verkäuferin geworden wäre, wächst eigentlich als Einzelkind bei ihrer Großmutter in München auf. Familienanschluss hat sie durch ihre Tante, die mit ihrer Familie in der Nachbarschaft lebt. Neben den sieben „Ersatzbrüdern” ist die einzige „Ersatzschwester” besonders wichtig. Karl Specht, nach seinem Studium Trompeter im Bayerischen Rundfunkorchester, heiratet sie 1943. Sie bekommen eine Tochter. Bis auf die zwei Jahr in Moosburg während des Krieges lebt die Familie in München.

Die zarte Frau Specht ist voller Energie, auch wenn sie sich selbst „gar nicht so unternehmungslustig“ einschätzt, dann aber so ganz am Rande erzählt, wo sie schon war: „Ich war in L.A. , S.F, N.Y. und Las Vegas.” Von den sieben Jungs ihrer Tante sind vier nach Amerika ausgewandert.

Einen Plan für den 100. Geburtstag gibt es übrigens auch bereits: „Dann werden wir Dich in einer Sänfte um unseren Wohnblock tragen”, erklärt Rosina Reim mit einem verschmitzten Lächeln auf dem Gesicht.

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