Veröffentlicht am 19.03.2012 17:44

„Schaden von unserer Kirche abwenden”

Günther Beckstein, Vizepräsident der Evangelischen Kirche Bayern  und Mitglied der Landessynode Bayern, mit Mitgliedern der Pro-Borger-Initiative. (Foto: CB)
Günther Beckstein, Vizepräsident der Evangelischen Kirche Bayern und Mitglied der Landessynode Bayern, mit Mitgliedern der Pro-Borger-Initiative. (Foto: CB)
Günther Beckstein, Vizepräsident der Evangelischen Kirche Bayern und Mitglied der Landessynode Bayern, mit Mitgliedern der Pro-Borger-Initiative. (Foto: CB)
Günther Beckstein, Vizepräsident der Evangelischen Kirche Bayern und Mitglied der Landessynode Bayern, mit Mitgliedern der Pro-Borger-Initiative. (Foto: CB)
Günther Beckstein, Vizepräsident der Evangelischen Kirche Bayern und Mitglied der Landessynode Bayern, mit Mitgliedern der Pro-Borger-Initiative. (Foto: CB)

Im Nichtgedeihlichkeitsverfahren gegen Dekanin Andrea Borger wendet sich die Initiative Transparentes Verfahren jetzt auch an die Mitglieder der Landessynode der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern, die vom 18. bis 22. März in Augsburg tagt. Ihr Ziel: Die Synodalen sollen das neue Pfarrergesetz ablehnen, das das Nichtgedeihlichkeitsverfahren mit all seinen Inhalten in seiner bisherigen Form praktisch bestätigt.

Andrea Borger erfährt große Solidarität. Der Fall der Dekanin und Pfarrerin der Sendlinger Himmelfahrtsgemeinde, gegen die die bayerische Landeskirche am 17. November 2011 - ohne Nennung von Gründen - ein Nichtgedeihlichkeitsverfahren eingeleitet hat, wird jetzt auch die Landessynode beschäftigen. Die Landessynode kümmert sich um die Gesetzgebung der evangelisch-lutherischen Kirche in Bayern und bildet mit dem Landesbischof, dem Landeskirchenrat und dem Landessynodalausschuss die Kirchenleitung.

Die Mitglieder der Pro-Borger-Initiative Transparentes Verfahren haben am Montag vor der Versammlung in Augsburg während der offiziellen Pressekonferenz der Landessynode demonstriert und auch wieder Unterschriften gesammelt, um Andrea Borger zu unterstützen. Sie nehmen Bezug auf zwei Eingaben, die unter anderem die Vertrauensleute aus dem Kirchenvorstand der Himmelfahrtsgemeinde gemacht haben. Andrea Borger ist nicht nur Dekanin im Prodekanat München-Süd, sondern auch erste Pfarrerin der Sendlinger Gemeinde.

Kirchenvorstand hält zu Andrea Borger

Der Kirchenvorstand der Himmelfahrtsgemeinde steht hinter Andrea Borger, ist mit ihrer Arbeit hoch zufrieden. Sollte die Pfarrerin gehen müssen, wäre das für die meisten Gemeindemitglieder ein Schock. Eingebunden hat der für die Einleitung des Nichtgedeihlichkeitsverfahrens verantwortliche Landeskirchenrat, namentlich Borgers Vorgesetzte, Regionalbischöfin Susanne Breit-Keßler, die Gemeinde in das Verfahren nicht, so die Kritik der Gläubigen: „Niemand kennt die Gründe dafür, die Landeskirche schweigt, alles läuft hinter verschlossenen Türen. Die Gemeindemitglieder in Sendling bleiben ratlos und ohnmächtig zurück, werden alleingelassen”, heißt es in einer Erklärung der Initiative.

In den Eingaben fordern die Antragsteller die Mitglieder der Landessynode dazu auf, das neue Pfarrergesetz nicht in der von der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands verabschiedeten Form in das bayerische Kirchenrecht aufzunehmen. Die Antragsteller begründen dies vor allem mit den großen rechtsstaatlichen Mängeln, die das Nichtgedeihlichkeitsverfahren aufweist. Als Instrument der Personalführung soll es wieder Eingang in das neue Pfarrergesetz finden, das in Bayern voraussichtlich am 1. Juli in Kraft tritt. Die Initiative Transparentes Verfahren hat in der Vergangenheit immer wieder auf dieses Problem hingewiesen.

„Verfahren ist äußerst ungerecht”

„Das Verfahren ist unfair und intransparent. Es stellt eine Person einseitig an den Pranger, die als Sündenbock für einen Konflikt herhalten muss, an dem seit Jahren mehrere Seiten beteiligt sind“, sagt Conrad Breyer, Sprecher der Initiative Transparentes Verfahren. Um Schaden für den Auftrag der Kirche abzuwenden, so Regionalbischöfin Breit-Keßler in einem Brief an die Initiative, könne es durchaus sein, dass ein Pfarrer auch dann von seiner Stelle entfernt werden müsse, wenn sie oder er gar keine Schuld trage. „Das ist für unser Empfinden äußerst ungerecht“, sagt Karin Menzel, Mitstreiterin der Initiative. Zumal Andrea Borger sich nicht öffentlich verteidigen dürfe; die Ankläger versteckten sich hinter ihrer Schweigepflicht.

Seit mehreren Wochen laufen nun die Erhebungen in dem Fall, die zwei Angestellte der Landeskirche durchführen. Nach den Erhebungen spricht die Kirchenleitung das Urteil. Dienstvorgesetzter, Kläger, Richter und Vollstrecker des Urteils sind demnach ein- und dasselbe Organ. Menzel: „Das ist kein unabhängiges Verfahren und weder menschlich noch rechtsstaatlich zu rechtfertigen.“ Mit Informationen und Flugblättern wollen die Demonstranten die Synodalen aufrütteln, sie an ihre demokratischen Rechte und Pflichten erinnern - „letztlich auch, um Schaden von unserer Kirche abzuwenden“, sagt Conrad Breyer.

Landeskirchenrat sieht sich machtlos

Auf die Eingaben hat unter anderem der Landeskirchenrat schon reagiert und zwar abschlägig. Es stehe nicht in der Macht der Landessynode, das Inkrafttreten des neuen Pfarrergesetzes am 1. Juli 2012 zu verhindern, schreibt Oberkirchenrat Helmut Völkel in einer Stellungnahme. Dies habe den einfachen Grund, dass die Generalsynode der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands dem Gesetz am 8. November 2011 mit Wirkung für ihre Gliedkirchen – also auch für Bayern – bereits zugestimmt habe. „Damit tritt das Gesetz in Kraft.“

„Das ist im höchsten Maße beschämend“, sagt Conrad Breyer. „Können wir Unrecht einfach abnicken, indem wir uns formal für nicht zuständig erklären?“ Der Sprecher der Initiative Transparentes Verfahren plädiert an die Synodalen, es anders zu machen. „Die demokratische Kontrolle durch die Mitglieder der Landessynode ist gefragt. Stoppen Sie das neue Pfarrergesetz, reformieren Sie das Nichtgedeihlichkeitsverfahren und schaffen Sie Regeln, die unserer Kirche würdig sind!“

north