„Ich habe schon einen Bäcker und eine Verkäuferin entlassen müssen“, berichtet Bäcker und Konditor Heinz Hoffmann. Die Bäckerei Hoffmann beklagt, ebenso wie die umliegenden Geschäfte am Willibaldplatz, erhebliche Umsatzeinbußen, die durch die nicht enden wollenden Bauarbeiten entstanden sind.
Im Juli 2011 wurde Bäcker Hoffmann von der Handwerkskammer für München und Oberbayern über die geplanten Gleisbauarbeiten der Trambahnstrecke 19 in Kenntnis gesetzt, die vom 1. August bis zum 9. September andauern sollten. Am 13. September, wenn der reguläre Trambetrieb wieder aufgenommen würde, sollten nur noch kleine Restarbeiten zum Straßenrückbau durchgeführt werden. Dann allerdings sollten die Bauarbeiten beendet und der Willibaldplatz wieder voll zugänglich gemacht werden. Nun, Mitte Oktober, herrscht jedoch immer noch Chaos. Absperrungen und Bauzäune versperren nach wie vor die Wege am Willibaldplatz und erschweren den Zugang zu den dort ansässigen Geschäften. Auf den engen Fahrspuren auf der Agnes-Bernauer-Straße drängen sich die Autos, die im Abschnitt von zwei Kilometern, weder in östlicher noch in westlicher Richtung vom Willibaldplatz parken können. „Das ist wie eine Mauer. Die Bäckerei liegt dazwischen und wird abgeschnitten“, erklärt Hoffmann.
Auf Grund der schon so lange währenden Baustelle am Willibaldplatz bleibt Bäcker Hoffmann etwa die Hälfte der Kundschaft aus. Mittlerweile muss die traditionsreiche Bäckerei, die Hoffmann seit 1986 betreibt, 40 Prozent Umsatzeinbußen verzeichnen. Auch war der Bäcker gezwungen, Mitarbeiter zu entlassen. Ähnlich ergehe es dem benachbarten Metzger, dem Gemüseladen und der Tankstelle, die nachweisbare Umsatzverluste beklagten. Verärgert berichtet Hoffmann davon, dass bis zum 13. September etwa 40 bis 50 Arbeiter auf der Baustelle beschäftigt waren, danach jedoch kaum noch jemand da war: „Seit die Straßenbahn wieder geht, passiert gar nix mehr.“ Die Bauarbeiten stehen still. Lediglich das Datum auf den Bauschildern wird verändert, da immer wieder die Bauzeiten verlängert werden. „Die Leute wollen ja einkaufen, aber sie können nicht. Wenn die Leute nicht zu uns kommen können, das ist doch schlimm.“ Denn für die Passanten gibt es kein Durchkommen durch die Baustelle. Eigenmächtig verrücken in der Zwischenzeit sowohl Autofahrer als auch Fußgänger die Bauabsperrungen, um die Agnes-Bernauer-Straße überqueren zu können.
„Es ist existenzgefährdend“, beschreibt Hoffmann den gravierenden Umsatzrückgang der betroffenen Gewerbetreibenden. Und dies scheine zudem keinen zu interessieren. Denn weder die MVG hätten Informationen an die Geschäftsleute weitergegeben, noch sorge sich der Laimer Bezirksausschuss (BA) oder der Münchner Oberbürgermeister Christian Ude um die Belange am Willibaldplatz. „Der Oberbürgermeister ist schon im Wahlkampf, der kümmert sich überhaupt nicht um die Stadt“, erklärt Hoffmann. Lediglich für eine zügige Fertigstellung der Gleisbauarbeiten hätte die Stadt Sorge getragen, damit sie keine wirtschaftlichen Einbußen habe. Der Willibaldplatz und die Folgen der Bauarbeiten für die Geschäftsleute, seien der Stadt egal, meint Hoffmann. Auch sei der Laimer BA ein „überflüssiges Vorstadtparlament“, das nichts bewirke.
Der Laimer BA beklagt seinerseits den mangelnden Informationsfluss seitens der MVG. In der jüngsten BA-Sitzung entschied das Gremium, sich an die Stadt beziehungsweise die Stadtwerke München zu wenden und hier eine Aufklärung über die Baustelle zu fordern. „Die Baustelle ist ja fast größer als beim Gleisbau. Es dauert schon furchtbar lang und ich weiß überhaupt nicht warum und weshalb“, erklärt BA-Vorsitzender Josef Mögele (SPD).
Nun wandte sich Bäcker Hoffmann an die Bäckerinnung, um Rat für die bestehende Situation einzuholen. Der Geschäftsführer der Bäckerinnung, Günter Deppisch, riet Hoffmann dazu, Schadensersatz zu fordern und hierfür die Hilfe der Handwerkskammer in Anspruch zu nehmen. Deppisch setzte sich zudem mit den Zuständigen der MVG in Verbindung und erfuhr hier, dass diese eigene Probleme mit der beauftragten Baufirma zu beklagen hätten. Eine konkrete Aussage über das Ende der Bauarbeiten wurde seitens der MVG bislang jedoch nicht abgegeben. „Für Herrn Hoffmann ist es durchaus schmerzlich. Die Umsatzverluste sind dramatisch und gehen an die Substanz“, meint Deppisch. Daher wurde nun ein Rechtsanwalt eingeschaltet, der prüfen soll, in welcher Weise eine Schadensersatzklage an die Stadtwerke ergehen kann. Deppisch allerdings hofft auf eine außergerichtliche Regelung und freiwillige Schadensersatzzahlungen seitens der Stadtwerke. Heinz Hoffmann jedoch macht sich wenig Hoffnung auf eine Entschädigung, denn für die Rechtfertigung einer Ersatzzahlung müsste die komplette Straße gesperrt sein.
Den Geschäftsleuten am Willibaldplatz scheint zunächst nichts übrig zu bleiben, als zuversichtlich zu sein, dass die Beauarbeiten in naher Zukunft ein Ende finden werden. Doch diese Zuversicht wird täglich auf den Prüfstein gestellt: „Es sind keine Anzeichen dafür da, dass die irgendwann fertig werden wollen“, erklärt Hoffmann.