Veröffentlicht am 29.03.2011 11:17

Ratten statt Spielhölle

Seit 20 Jahren steht das Beck-Haus leer und ist nun nach angefangener und wieder abgebrochener Sanierung gänzlich zur Ruine verkommen. (Foto: WS)
Seit 20 Jahren steht das Beck-Haus leer und ist nun nach angefangener und wieder abgebrochener Sanierung gänzlich zur Ruine verkommen. (Foto: WS)
Seit 20 Jahren steht das Beck-Haus leer und ist nun nach angefangener und wieder abgebrochener Sanierung gänzlich zur Ruine verkommen. (Foto: WS)
Seit 20 Jahren steht das Beck-Haus leer und ist nun nach angefangener und wieder abgebrochener Sanierung gänzlich zur Ruine verkommen. (Foto: WS)
Seit 20 Jahren steht das Beck-Haus leer und ist nun nach angefangener und wieder abgebrochener Sanierung gänzlich zur Ruine verkommen. (Foto: WS)

Rien ne va plus: Der bekannte Spruch aus der Welt des Glücksspiels könnte den neuerlichen Stillstand bei der Sanierung des ehemaligen Kaufhauses „Beck” an der Fürstenrieder Straße, in dem auch Spielhallen geplant sind, kaum treffender charakterisieren. Wieder einmal ruhen die Bauarbeiten an der Ruine. Ein Ende der Baustelle ist nicht in Sicht. Wie aus gut unterrichteten Kreisen zu erfahren war, hängt der Stillstand wohl mit der Insolvenz eines Bauunternehmens zusammen. Jedenfalls ist schon seit Wochen kein Bohren und Hämmern mehr zu hören, auf der Baustelle herrscht gespenstische Stille, das Gebäudewrack scheint nach zwei Jahrzehnten des Dahinsiechens wieder in seinen todesähnlichen Tiefschlaf zurückzufallen.

Das einzig Beständige ist bei diesem Projekt der Wandel: Immer wieder gab es ehrgeizige Pläne, doch dann lösten sie sich in Nichts auf. Und noch etwas hat eine feste Größe: die Desinformation. Auch jetzt weiß wieder einmal niemand, wie es weiter geht: Allenthalben herrscht Rätselraten, bei der Stadtverwaltung und bei den Politikern: „Es ist ein Schandfleck”, sagt die Laimer Stadträtin Verena Dietl (SPD), zugleich Mitglied im örtlichen Bezirksausschuss, lapidar – das ist nun nichts wirklich Neues. Die einzige Person, die weiterhelfen könnte, sagt leider gar nichts: Eigentümerin Daniela Högl war bis Redaktionsschluss für eine Stellungnahme nicht zu erreichen.

Verzögerungen - und kein Ende

Das Warten auf ein Ende der Bauarbeiten geht also weiter. Anfang 2009 hätte das Beck-Haus, einst ein Kaufhaus der gehobenen Klasse, nach abgeschlossener Sanierung seine Pforten öffnen sollen. Doch das ständige Hin und Her um die Baugenehmigung und um den Nutzungs-Mix für das Gewerbe- und Geschäftshaus sorgte ein um ein anderes Mal für Verzögerungen und könnte nun vielleicht auch noch die letzten Interessenten vergraulen.

Aldi, vor ein paar Jahren als fester Mieter vorgesehen, hat längst das Weite gesucht. Schade, die Nahversorgung hätte sich mit dem Discounter verbessert. Und endlich wäre wieder Leben in das Haus gekommen, was sich viele Laimer wünschen. Und zwar viel Leben, Aldi ist schließlich ein Kundenmagnet. Die Textil-Handelskette KiK hat im vergangenen Sommer immerhin Interesse bekundet. Bleiben die Spielhallen: Vielleicht sind sie am Ende ja tatsächlich die einzigen, die sich durch nichts und niemanden verscheuchen und einschüchtern lassen: Das geplante Spielecenter war nach Bekanntwerden dieser Pläne auf heftigen Widerstand gestoßen. Die besorgten Bürger wollten die Spielsucht aus ihrem Viertel heraushalten, befürchteten eine Jugendgefährdung und hatten Angst vor einer Abwertung der Gegend. Die Spielhallengegner sammelten mehr als 4000 Unterschriften und übergaben sie an Bürgermeisterin Christine Strobl. Wer folgt, falls die Protestierenden Erfolg haben und sich die Spielhallen-Betreiber zurückziehen? Vielleicht bleibt das Gebäude ja eine Ruine und wird zum Tummelplatz für Ratten? Oder es gibt doch noch ein Happyend: vielleicht ein ganzes Haus voll schicker Büros? Ohne Läden und Nahversorgung, ohne Einkaufsflair? Mit der Sanierung des Beck-Hauses ist es wie mit einer Glücksshow im Fernsehen à la „Wer wird Millionär?”: Man weiß vorher nie, wie weit man kommt.

Alle warfen das Handtuch

Der Klinker-Bau verrottet zusehends. Und die Bauwerkshülle schaut arg ramponiert aus. Eine Pressspannplatte ragt aus der Balkonbrüstung heraus, Ziegelsteine liegen an vorderster Front und könnten unter Umständen bei Sturm von der Baustelle herabfallen. Der unansehnliche Klotz, auf der Fotogalerie von Internet-Portalen nun auch weltweit anzusehen, könnte zum Sicherheitsrisiko werden. Baustellenkontrolleure der Lokalbaukommission im Planungsreferat der Stadt wurden nun losgeschickt, um an Ort und Stelle die Sicherheit zu prüfen. Thorsten Vogel vom Planungsreferat konnte auf Nachfrage am vergangenen Montag aber Beruhigendes für die Passanten am Beck-Haus in der Fürstenrieder Straße vermelden: Von der Laimer Baustelle „geht kein Sicherheitsrisiko aus”, so Vogel. Der Bauzaun sei derzeit allerdings nicht komplett geschlossen. Deshalb habe man inzwischen den Bauherrn schriftlich aufgefordert, die Lücken im Bauzaun zu schließen.

Eigentlich hatte alles einmal so schön und verheißungsvoll begonnen: Die Firma Ludwig Beck am Rathauseck wollte Ende der 1960er Jahre expandieren und errichtete am Ostrand der Fürstenrieder Straße zwischen Agnes-Bernauer- und Landsberger Straße ein Kaufhaus. Wegen seiner gehobenen Warenpalette wurde es von der Laimer Bevölkerung aber nicht gut angenommen und musste 1980 wieder schließen. Damit begann das Debakel um das Gebäude. Seit etwa 1992 steht das ehemalige Kaufhaus Beck an der Fürstenrieder Straße 21 leer und sorgt seitdem immer wieder für Diskussionsstoff. Dass es schon so lange leer steht, ist völlig unverständlich, denn es gab immer wieder Investoren. Doch allesamt warfen sie das Handtuch. Im Jahr 2001 erwarb Daniela Högl das Gebäude. Eine Hotelkette zeigte Interesse, es gab Pläne für ein Öko-Kaufhaus. Der Textilriese C&A war als möglicher Mieter im Gespräch, ebenso Conrad Elektronik und der Rossmann Drogeriemarkt. Doch nichts von alldem konnte umgesetzt werden.

Verzögerungen - und kein Ende

Die Lokalbaukommission (LBK) im Planungsreferat hat für das Beck-Haus im Januar 2009 folgende Nutzungen genehmigt, wie Referatssprecher Vogel am Montag auf Anfrage mitteilte: Im Erdgeschoss sei ein Verbrauchermarkt mit 770 Quadratmetern Fläche erlaubt. Im ersten Stock dürfen laut LBK-Bescheid ein Textilfachmarkt mit 690 Quadratmetern entstehen und außerdem drei Spielhallen mit jeweils 145 Quadratmetern. Für die komplette zweite und dritte Etage wurden Büros erlaubt. An diesem Nutzungs-Mix „hat sich nichts geändert”, betonte der Sprecher des Planungsreferates.

Trotzdem könnten neue Mieter aus ganz anderen Branchen plötzlich Interesse bekunden und damit alles über den Haufen schmeißen. Denn damit wäre ein neuer Bauantrag auf Nutzungsänderung erforderlich. Dies ist in der Vergangenheit bereits geschehen: Einmal reichte die Bauherrin bei der Stadt einen Antrag auf „Nutzungsänderung” zur Genehmigung ein. Ein anderes Mal klagte ein Nachbar und forderte ein umfassendes Lärmgutachten wegen des zu erwartenden Lieferverkehrs – der Bau war damit gestoppt. So verzögerte sich der Umbau von „Beck” in ein Gewerbe- und Geschäftshaus immer wieder.

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