Veröffentlicht am 12.10.2010 10:51

„Wir müssen eine Lösung finden“

Dass die Bewohner der Wohnungslosenunterkunft in der Schöllstraße ihre Wäsche zum Trocknen über den Zaun hängen, ist den Anwohner ein Dorn im Auge. (Foto: sb)
Dass die Bewohner der Wohnungslosenunterkunft in der Schöllstraße ihre Wäsche zum Trocknen über den Zaun hängen, ist den Anwohner ein Dorn im Auge. (Foto: sb)
Dass die Bewohner der Wohnungslosenunterkunft in der Schöllstraße ihre Wäsche zum Trocknen über den Zaun hängen, ist den Anwohner ein Dorn im Auge. (Foto: sb)
Dass die Bewohner der Wohnungslosenunterkunft in der Schöllstraße ihre Wäsche zum Trocknen über den Zaun hängen, ist den Anwohner ein Dorn im Auge. (Foto: sb)
Dass die Bewohner der Wohnungslosenunterkunft in der Schöllstraße ihre Wäsche zum Trocknen über den Zaun hängen, ist den Anwohner ein Dorn im Auge. (Foto: sb)

Wird die Pension in der Schöllstraße 2 zum nächsten Dauerbrennerthema in Allach? Die Befürchtung liegt nahe und um dies zu verhindern, hat der Bezirksausschuss Allach-Untermenzing (BA 23) in der vergangenen Woche alle Betroffenen zu einem Runden Tisch eingeladen. „Es gab in den letzten Monaten immer wieder zahlreiche Beschwerden von Anwohnern“, erklärte die BA-Vorsitzende Heike Kainz (CSU) bereits im Vorfeld der Veranstaltung. „Deshalb gab es dringend Gesprächsbedarf.“ Der Bezirksausschuss hatte Peter Müller-Herle (Fachbereichsleiter Betreuung der Zentralen Wohnungslosenhilfe), Richard Schlickenrieder (Fachbereichsleiter Immobilienmanagement und Objektplanung im Sozialreferat) sowie den Betreiber der Unterkunft, Claus Vogt, zum Runden Tisch eingeladen.

Seit Anfang des Jahres ist die Unterkunft für Wohnungslose in der Schöllstraße in Betrieb und von den neuen Bewohnern bezogen. Seither gibt es seitens der Anwohner in der näheren Umgebung immer wieder Beschwerden und Nachfragen zum Betrieb der Unterkunft. Die Stimmung im Allacher Vereinsheim war dementsprechend aufgeladen. Die anwesenden Anwohner machten ihrem Ärger Luft. Die Hauptthemen des Abends waren der extreme Lärmpegel, die Spielplatzsituation, das Trocknen der Wäsche über den Zäunen, der fehlende Ansprechpartner vor Ort sowie die Parkplatzsituation.

„Lärm ist kaum zu ertragen“

Die Beschwerden der Anwohner seien berechtigt und „unser Anliegen ist es, hier eine sinnvolle Lösung zu finden“, sagte Kainz. „Wir wollen der Stadt und auch dem Betreiber klar machen, dass es nicht sein kann, hier ein Haus hinzustellen, in dem von vorne bis hinten nichts funktioniert.“ Momentan sei noch viel im Argen. „Uns fehlt unter anderem ein direkter Ansprechpartner vor Ort“, so ein Anwohner. Es könne nicht sein, dass gerade nachts und am Wochenende niemand zu erreichen sei. „Am Abend sind alle Fenster auf, man hört nicht nur Kinder- sondern auch Erwachsenengeschrei, ab 22 Uhr wird gekocht, das Geschirr scheppert – das war vor allem im Sommer ein Lärmpegel, der kaum zu ertragen war“, klagte der Mann weiter. „Mir geht es vor allem darum, dass es nicht jeden Tag laut ist. Irgendwann muss einfach eine gewisse Ruhe einkehren“, forderte er. In seinen Augen müsse der Betreiber dafür sorgen, dass sich die Anwohner nicht gestört fühlen. Claus Vogt will sich nach eigenen Angaben um eine sofortige Verbesserung der Situation kümmern. „Ob sich die Lärmbelästigung vollständig einstellen lässt, kann ich aber nicht sagen“, sagte der Geschäftsführer der Betriebsgesellschaft Schöllstraße.

Ein anderer Anwohner machte auf die für ihn „menschenunwürdige Situation“ in der Unterkunft aufmerksam und erklärte, dass die Zimmer viel zu klein seien. „Es ist ein schweres Versäumnis der Stadt München, dass so etwas genehmigt wurde. Und auch dem Betreiber geht es doch nur ums Geld“, meinte er. Sechs Quadratmeter pro Person sei der Richtwert bei der vorübergehenden Unterbringung, erklärte Schlickenrieder. „Und das ist in der Schöllstraße der Fall. Man kann eine vorübergehende Unterbringung nicht mit dauerhaftem Wohnen vergleichen.“ Man habe 40 Haushalte mit über 300 Personen im Sofortunterbringungssystem. „Zum Teil bestehen die Familien aus bis zu zwölf Personen. Für diese Familiengrößen haben wir in München keine Wohnungen“, so Schlickenrieder. Dass das Objekt in der Schöllstraße für Großfamilien geeignet sei, „kam uns natürlich sehr entgegen.“

Ihm sei die grundlegend schwierige Situation durchaus bewusst, betonte Claus Vogt. „Mir ist es auch ein Dorn im Auge, wenn die Bewohner ihre Wäsche zum Trocknen über die Zäune hängen.“ Man habe zwar im Haus Trockner aufgestellt, allerdings würden diese von den Menschen nicht gut angenommen. Um hier Abhilfe zu schaffen, sollen nach Angaben des Betreibers noch in dieser Woche Wäscheständer im südlichen Teil der Anlage, Richtung Ludwigsfelder Straße, aufgestellt werden. Neben dem Wäscheplatz soll laut Vogt zudem ein Müllhäuschen entstehen, in dem es einen separaten Fahrradraum geben wird.

Spielplatz ist zu klein

Und auch die Spielplatzsituation ist für die meisten Anwohner eine Farce. „Die Kinder spielen zum Teil auf der Ludwigsfelder Straße“, so die Anwesenden. Dies sei viel zu gefährlich. „Wir als Betreiber sind natürlich darum bemüht, dass keine Unfälle passieren“, erklärte Vogt. „Die Spielplatzsituation hat mir großes Kopfzerbrechen bereitet. Ich weiß, dass der Spielplatz zu klein und nicht für 66 Kinder ausgelegt ist.“ Eine Lösung hierfür konnte Vogt allerdings nicht präsentieren. Der Spielplatz in seiner jetzigen Form habe die Bezeichnung Spielplatz nicht verdient, darin waren sich die anwesenden Nachbarn einig. „Jeder, der in München ein Mehrfamilienhaus baut, muss dafür sorgen, dass ein ausreichend großer Spielplatz vorhanden ist. Das ist Auflage der Stadt. Ich frage mich, warum dies hier eigentlich nicht der Fall war“, zeigte sich ein Anwohner verärgert. Und eine Frau erzählte: „Ich fahre jeden Tag mit dem Fahrrad dort vorbei. Es ist definitiv so, dass man höllisch aufpassen muss, dass einem niemand ins Fahrrad läuft. Das ist wirklich gefährlich.”. Und auch die Autofahrer müssten extrem vorsichtig sein, damit keine Unfälle passieren. „Eine unerträgliche Situation“, betonte die Frau. Auch hier werde man versuchen, die Eltern noch einmal auf die Gefahren des Straßenverkehrs aufmerksam zu machen, erklärte Müller-Herle.

„Keine Standortwahl“

Das Amt für Wohnen und Migration hat das „Hotel“ für zehn Jahre angemietet. „Für diese Zeit haben wir uns vertraglich verpflichtet und das werden wir auch einhalten“, betonte Schlickenrieder. Den Vorwurf der Anwohner, man habe das Gebäude zu schnell bezogen und sich nicht nach geeigneteren Standorten umgeschaut, versuchte er zu entkräften: „Wir hatten definitiv keine Standortwahl. In solchen Fällen müssen wir das nehmen, was wir bekommen.“

Im Grunde sei die Wohnungslosenunterkunft in der Schöllstraße nur ein kleiner Teil des Problems, äußerte ein Mann. „Das ganze Gebiet ist doch mittlerweile Horror.“ Unterstützung bekommen die Anwohner von Heike Kainz: „In diesem Zusammenhang fällt mir auch das Hoch-Tief-Gelände und die Schöllstraße 8 ein“, erklärte die BA-Vorsitzende dem Werbe-Spiegel. „Es kann nicht sein, dass in der Schöllstraße Familien angesiedelt werden, ein Kinderhort entsteht, eine Grundschule ist und sich in unmittelbarer Umgebung ein Schrottplatz befindet.“ Angeblich solle alles nur vorübergehend sein, aber daran glaubt Kainz nicht. „Bei uns im Quartier sollte schon viele nur vorübergehend sein. Aus solchen Planungen wurden nicht selten 30 Jahre. Darauf gebe ich überhaupt nichts mehr.“

Beim Runden Tisch zur Wohnungslosenunterkunft in der Schöllstraße war die Verunsicherung und Angst der Anwohner groß: „Unser Stadtviertel verkommt langsam zu einem Ghetto.“

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