Welch ein Ereignis! Und für die Schülerinnen und Schüler der Klasse 4 c der Grundschule in der Fürstenrieder Straße, die am Ethik-Unterricht teilnehmen, ein großer Tag. „Lernen durch erleben” hätte das Motto für eine außergewöhnliche und spannende Lektion lauten können. Die Kinder erfuhren „handgreiflich” etwas über jüdische Speisegesetze. Es sind Regeln, die beschreiben, welche Lebensmittel für gläubige Juden zum Verzehr in Frage kommen. Sie hörten, wie auf diese Weise die Speisen zubereitet werden, sogar wie Küchen eingerichtet und wie die Utensilien, die mit Speisen in Berührung kommen, beschaffen sein sollen.
Um das zu begreifen, besuchte die Gruppe mit ihrer Lehrerin Christine von Sprenger, Rektorin der Schule, das koschere Restaurant „Einstein“ im jüdischen Kulturzentrum an der Hauptsynagoge Ohel Jakob am St. Jakobs-Platz. Die Weltreligionen stehen im Lehrplan der dritten und vierten Klasse der Grundschule. Besonders das Judentum und der Buddhismus faszinierten die Schüler in ihrem Anderssein, berichtet Christine von Sprenger. Deshalb habe sie in einer „schwachen Minute“ den Kindern den Besuch des Restaurants versprochen. Die sparten sogar ihr Taschengeld für das „tolle” Ereignis an.
Im „Einstein“ „koscher” zu essen, setzte bei den Mädchen und Jungen Kenntnisse voraus. Christine von Sprenger: „Mit Hilfe der netten Bedienung Lisa wurde das Wissen aufgefrischt. Eigentlich merkten wir gar keinen Unterschied zu den gewohnten Speisen daheim – es schmeckte jedenfalls köstlich.“ Die Kinder hatten sich für Backhähnchen mit Pommes frites entschieden. Niemand vermisste „milchige” Produkte. Die gibt es im „Einstein“ nicht, es ist ein „fleischiges Lokal“. Was „koscher“ meint, hatte die Gruppe im Unterricht durchgenommen. Dabei hatten die Mädchen und Jungen erfahren, dass das hebräische „koscher“ so viel wie „rein“ oder „tauglich“ heißt, was bedeutet, eine Speise sei „essbar“ im Sinn der Tora. Die wiederum ist der erste und wichtigste Hauptteil der Hebräischen Bibel. Als „trefe“ oder „unrein“ werden die Lebensmittel und die aus ihnen zubereiteten Speisen bezeichnet, die nach diesen Regeln nicht erlaubt sind. Koschere Lebensmittel werden in die Bereiche: milchig, fleischig und neutral eingeteilt. Neutral ist zum Beispiel Gemüse.
Weil das „Einstein“ ein „fleischiges Lokal“ ist, muss dort streng darauf geachtet werden, dass auf keinen Fall ein Milchprodukt in seiner Küche landet. Passiere das trotz aller Sorgfalt, dann müsse das Lokal „gekoschert“ werden. Christine von Sprenger: „Das ist sehr aufwendig, denn frisches Regenwasser muss dazu aufgefangen, erhitzt und mit ihm alle metallischen Gegenstände wie Besteck und Töpfe gespült werden.“ Es gibt aber einen Aufpasser im Restaurant, der darauf achtet, dass die Regeln eingehalten werden, so dass diese Prozedur nur äußerst selten angewendet werden müsse.
Die Preise für die Getränke auf der Karte überschritten die finanziellen Mittel der Kinder. Die seien indes so findig gewesen, dass schnell eine Lösung gefunden wurde, freut sich die Rektorin. „Wer unbedingt ein bestimmtes Getränk wollte, das für eine oder einen zu teuer war, suchte sich einen Partner oder eine Partnerin und teilte so den Betrag.“ Burhan kommentierte den Vorgang mit: „Schließlich behandeln wir in Ethik gerade das Thema Wünschen und Verzicht!“
So sei wieder einmal bewiesen worden, so Christine von Sprenger: „Anschauung ist der beste Lehrmeister.” Eine kleine Benimmkunde bei Tisch sei bei den Mädchen und Jungen ebenfalls auf offene Ohren gestoßen, erzählt die Lehrerin. Zum Schluss habe Maijlinda allerdings – total geschafft – nach ihren Eindrücken befragt, alles verwechselt. „Da waren dann auch richtige Tischmanieren unter ‚koscher’ abgespeichert.“