Wie soll man es anpacken, auf wenig Raum das Leben einer 92 Jahre alten, höchst lebendigen, sportlich und politisch aktiven Frau zu beschreiben, die auch heute noch einen guten Teil des Tages ihrer Lieblings-Tageszeitung widmet, die sich informiert und auf der Höhe der Zeit noch Versammlungen ihres Laimer SPD-Ortsvereins besucht – besonders dann, wenn Kandidaten zu küren sind? „Den schau ich mir an“, sagte sie neulich, als sich Roland Fischer vorstellte, der neue Bundestagskandidat für den Münchner Westen. Fischer revanchierte sich für ihr Interesse und begleitete die junge Stadträtin Verena Dietl und den Bezirksrat Werner Brandl mit Blumenstrauß zum Gratulationsbesuch bei Else Beck – Florian Ritter (MdL) ließ herzliche Grüße bestellen.
Brandl: „In erfrischender Art erzählte sie von der Zeit, als sie nach dem Krieg mit den ,Naturfreunden’ in die Berge und zum Skifahren ging. ,Könntest mal mitgehen zum Klettern’, meinte einer, der sie beim Bergsteigen erlebt hatte. ,Vier Wochen später war ich schon in der Klettertour Fleischbank-Ost!’ sagt sie nicht ohne Stolz. Zweimal in der Woche ist sie dann mit dem Radl zum Klettergarten nach Buchenhain am Isar-Hochufer rausgefahren, um zu trainieren. Schwärmerisch erzählt sie: ,Mit der Bahn sind wir nach Kufstein und von da ab zu Fuß. Das war ein weiter Weg. Doch der Wilde Kaiser war wie meine zweite Heimat. Bis zum Sechser-Grad haben wir Touren gemacht. Aber man muss auch wissen, wann Schluss ist, und soll nicht glauben, das geht schon noch – sonst fallst runter!’ Und wenn sie sich noch was wünschen könnte? ,Noch mal sechzig sein und allein ins Gebirg gehen können, das wär’s.’”
Heute freue sie sich, wenn sie bei schönem Wetter ihren Balkon genießen könne – die GEWOFAG hat diese bei ihren Wohnblocks vor wenigen Jahren nachgerüstet. In der Frühe sei ihr erster Blick in den Kalender: „Was hab’ ich heut? Nix – Gottseidank!“ Sohn und Schwiegertochter kämen und würden bei Bedarf helfen.
Dass eine junge Frau wie Verena Dietl aus ihrem Laimer Ortsverein jetzt in den Stadtrat gewählt worden sei, freue sie, denn damit sehe sie auch ein persönliches Anliegen verwirklicht. Gleich nach dem Krieg sei ihr nämlich das Amt der AsF-Vorsitzenden (Arbeitsgemeinschaft sozialdemokratischer Frauen) angetragen worden. Als erstes sei sie damals mit den Frauen in ein Theaterstück über Anne Frank gegangen, „weil die wenigsten mit dem Namen und der Geschichte etwas anfangen konnten“. Sie habe gewollt, dass auch die Frauen an politischen Entscheidungen beteiligt würden. Eine Voraussetzung dafür sei Bildung – „und dabei“, sagt Werner Brandl, „schaut sie auf ihre Bücherregale.“
Mit Stolz erzähle sie, dass ihr Großvater 1894 die Partei in Pasing mitgegründet habe. Von ihrer Mutter wisse sie, dass man ihm damals bei einer aussichtsreichen Stellenbewerbung empfohlen habe, wieder aus der SPD auszutreten. Er habe es nicht getan, aber auch die Stelle nicht bekommen. An ihrem eigenen Arbeitsplatz sei sie selbst das einzige SPD-Mitglied gewesen. „Es is’ halt schad’, dass von den Leuten, mit denen man sich noch über die damaligen Zeiten bei den Naturfreunden, beim Bergsteigen oder bei der Partei unterhalten könnte, niemand mehr da ist … Ja mei, sind halt alle schon g’storben,“ sagte sie in bestem Münchnerisch. Es werde halt alles weniger. Das Skifahren habe sie mit 75 aufgehört, das Tennisspielen mit 80, und Auto fahren tue sie auch nicht mehr. Da falle ihr ein, dass sie einmal mit dem Motorrad, der Beiwagenmaschine eines Bergkameraden, den Giesinger Berg heruntergefahren sei, um dieses Gefühl auszuprobieren.
Werner Brandl: „Da dachten wir Gratulanten: Das ist echt unsere Else; das hätten wir erleben wollen. Du steckst ja mit Deinen 92 Jahren mit links noch leicht viel Jüngere in die Tasche! Mögest Du uns noch lange Zeit in Deiner Frische und Gesundheit erhalten bleiben!“