Wildwuchs, Cafés, Kulturstrand – An der Isar scheiden sich die Geister

Haidhausen · Ein Fluss, viele Ansichten

Haben unterschiedliche Ansichten über die Zukunft der Isar: Benjamin David, Udo Wachtveitl, Wolfgang Czisch, Sabine Reeh, Cornelius Mager und Hermann Grub (v.l.)	Fotos: au, »Die Isar – Ein Lebenslauf«/ Stadtmuseum

Haben unterschiedliche Ansichten über die Zukunft der Isar: Benjamin David, Udo Wachtveitl, Wolfgang Czisch, Sabine Reeh, Cornelius Mager und Hermann Grub (v.l.) Fotos: au, »Die Isar – Ein Lebenslauf«/ Stadtmuseum

Haidhausen · Cafés, in denen man entspannt den Feierabend genießen kann. Promenaden, die zum Flanieren einladen. Ein Isarufer, an dem das Leben pulsiert. Wenn es nach dem Kulturverein »Die Urbanauten« ginge, sähe so die Zukunft der innerstädtischen Isar aus. Doch so schön das in der Theorie klingen mag, nicht jeder teilt diese Vorstellung. Vor allem mit der Gefahr der Zerstörung der Natur argumentieren die Gegner der Idee.

(Nicht nur) Urlaubsfeeling am Kulturstrand in München

Um über das heikle Thema »Isarlust und Isarträume« zu diskutieren, luden die Urbanauten gemeinsam mit dem Münchner Forum am Donnerstag, 17. September, zur öffentlichen Debatte. Aktueller Anlass war der Abschluss der Isar-Renaturierung an der Corneliusbrücke im nächsten Jahr. Unter der Moderation von Sabine Reeh vom bayerischen Rundfunk kamen Benjamin David, Sprecher der Urbanauten, Wolfgang Czisch vom Münchner Forum, der Architekt Hermann Grub, der Leiter Lokalbaukommission Cornelius Mager, sowie Schauspieler Udo Wachtveitl zusammen, um über die Zukunft der Umgebung rund um das Deutsche Museum zu debattieren.

Urbanaut David vertrat dabei die Meinung, das Potenzial der Isar würde nicht ausreichend genutzt. Das liege unter anderem daran, dass es an der innerstädtischen Isar zu viele Verbote gibt. David: »Grillen, Baden oder Surfen, vielerorts ist das nicht erlaubt« Die Nutzungsmöglichkeiten würden dadurch massiv eingeschränkt, der Fluss verliere so an Anziehungskraft. Dabei sei das einmal anders gewesen. »Um die Jahrhundertwende war noch Leben an der Isar. Wo heute die Steinsdorfstraße liegt, war damals ein Boulevard, der zu Spaziergängen und Café-Besuchen einlud. Auf der Praterinsel gab es sogar einmal einen Vergnügungspark«, erklärt er. LBK-Leiter Mager findet jedoch, dass der Fluss solche Attraktionen überhaupt nicht nötig hat. »Die Isar ist ein Naturerlebnis sondergleichen und in erster Linie ein Erholungsraum, den man auch mal in Ruhe genießen können muss. Da braucht es derartige Veränderungen nicht«, so Mager. Wer Cafés wolle, der könne auf die Leopoldstraße gehen. »Ich habe was gegen diese ›Latte Macchiatoisierung‹ überall.« Gute fände er aber, wenn die Kioske rund um die Isar renoviert würden und man für mehr Toiletten sorgen würde. Doch nicht nur die Notwendigkeit der Gastronomie war Diskussionsthema.

Wie viel Natur ist gut? Auch zu dieser Frage gibt es geteilte Ansichten. Architekt Grub und Forum-Sprecher Czisch finden, der Wildwuchs an der Isar wäre ein Problem, das man in den Griff bekommen muss. Grub: »Die Isar muss dringend mal zum Friseur«. So brauche man viel mehr frei zugängliche Stellen. »Dass Teile dieses schönen Flusses, beispielsweise von der Erhardstraße aus, nicht gesehen werden können, das ist wirklich eine Schande«, ergänzt Czisch. Udo Wachtveitl, bekannt als Tatort-Kommissar Leitmayr, wohnt seit vielen Jahren in der Au und versteht hingegen nicht, was alle gegen den Wildwuchs haben. »Als kleiner Bub habe ich oft und gerne die Isarauen durchforstet.«

Das sei aufregend gewesen und habe viel Spaß gemacht. Es sei wichtig, Orte, die noch ein bisschen Geheimnis bergen, zu erhalten. »Wenn die Umgebung der Isar von Stadtplanern zu einem rentnergerechten Stadtpark gemacht wird, dann wird den Kindern von heute so ein Abenteuer verwehrt.« Man solle einfach generell von zu vielen Verboten absehen und weder dem Wildwuchs verbieten sich auszubreiten, noch kategorisch gegen Aktionen, wie den Kulturstrand der Urbanauten sein.

Durch solche Veranstaltungen könne der Fluss schließlich in den Mittelpunkt gerückt werden, sagt Wachtveitl. »Ich weiß zwar auch nicht so recht, was der Strand mit Kultur zu tun haben soll, doch das ist letzten Endes unwichtig. Denn am großen Besucherandrang kann man sehen, dass die Münchner ihn gut finden.« Außerdem sei er doch nur eine vorübergehende Aktion. Mager sieht das anders. »Dieser Strand ist mehr als nur ein kurzer Eingriff.« Ihn störe, dass dadurch in erster Linie kommerzielle Interessen verfolgt werden und der Strand nicht mehr Attraktivität schaffe, sondern nur dort abhole, wo sie bereits ist. Mager zeigte sich aber offen für weitere Diskussinen mit den Urbanauten – und der Schauspieler Udo Wachtveitl bekommt vielleicht bald einen Nebenjob. Denn Mager wandte sich zum Abschluss versöhnlich an David: »Gell, Benjamin«, verkündete er, »wenn wir das nächste Mal wieder über den Kulturstrand streiten – den Udo Wachtveitl, den würd’ ich als Mediator akzeptieren.« Sara Austen

Artikel vom 22.09.2009
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