TU in Garching bereitet sich auf Maifest vor – ohne Maibaum

München/Landkreis · Ein Maibaum auf Umwegen

Der Wanderweg eines Maibaums: erst fällen, dann schick her- und anschließend aufgerichtet, falls denn nicht entwendet. Wie und ob er auch so schön auf dem Campus der TU in Garching brillieren wird, zeigt der 4. Mai. Foto: Maibaum Ebersberg, Barbara Lang

Der Wanderweg eines Maibaums: erst fällen, dann schick her- und anschließend aufgerichtet, falls denn nicht entwendet. Wie und ob er auch so schön auf dem Campus der TU in Garching brillieren wird, zeigt der 4. Mai. Foto: Maibaum Ebersberg, Barbara Lang

München/Landkreis · Der 1. Mai ist der 121. Tag des gregorianischen Kalenders ohne Schaltjahr. Er ist aber nicht wie jeder andere der 364 verbleibenden Tage im Jahr. In Bayern wird an diesem Tag so ordentlich gefeiert, zur Arbeit gehen nur die wenigsten.

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Schließlich ist hier wie in zahlreichen anderen Ländern der Tag der Arbeit. Vor 132 Jahren hat eine amerikanische Arbeiterbewegung gegen Missstände in Fabriken protestiert, weswegen dieser Tag fortan freiblieb. Doch warum stellen wir an dem Tag einen Maibaum auf, anstatt zu protestieren? Das eine historische Geschehen hat mit der Tradition tatsächlich nichts gemeinsam, außer eben das Datum. Denn wer protestiert, ist allenfalls die Technische Universität München in Garching.

Maifest an der TU Garching: Maibaum auf Reisen

Ein Maibaum stellt oft den Ortskern dar und wird festlich geschmückt, damit die Bewohner auf ihn stolz hochblicken können. So soll es auch im Kern des Garchinger Campus sein. Mit diesem Akt soll der Frühling begrüßt und die Fruchtbarkeit für Äcker und Vieh herbeigesehnt werden. Daher wird der Baum sorgfältig ausgewählt, gehütet und bewacht. Wird dies aber nachlässig getan und jemand schafft es, den Baum zu entwenden, beginnt das Debakel. Die Gauner können sodann das Auslösen des Baumes fordern: Dieses ist dann üblicherweise in Speis und Trank zu entrichten. Heuer traf es die Garchinger.

Zum 150. Geburtstag fühlte sich die Uni soweit: Ganz unschuldig und unvorbelastet will sie 2018 das erste Mal einen Maibaum auf dem Campus der TU aufstellen. Blasmusik, Wiesnband und bayrische Köstlichkeiten - Sogar ein eigenes Riesenrad steht in den Startlöchern. Schwups, wird der Premiere jedoch die Show gestohlen, beziehungsweise der Maibaum. So stahl mal eben die Inninger Landjugend, als Lieferer der Maibaumfarbe getarnt, das Schmuckstück. Die Wache im Zelt nebenan bekam von der Nacht- und Nebel-Aktion nichts mit. Das Festzelt mit Anstich eröffnet Kanzler Berger und er will im wahrsten Sinne des Wortes am Maibaum der TU festhalten, da sich doch tausende Gäste zum »MaiTUM« am 3. und 4. Mai angesagt haben. Ein zweiter Baum wurde nun auch gestohlen, diesmal gerade so über die Ortsgrenze von der Garchinger Freiwilligen Feuerwehr. Der Maibaum scheint ein begehrter Mai-Pokal zu sein.

Typisch Uni: 20.000 Liter Bier sind für das Maifest gebunkert

Die TU in Garching erwartet nebst den 3.000 Gästen - weniger wohl als übel – auch die »Diebe«, die sie als Auslöse »herzlich« einladen müssen. Sie werden sich so einige der 20.000 Liter Bier kostenfrei abzapfen dürfen. Die anderen, wie soll es auch anders sein, dürfen dies zu studentischen Preisen machen.

Für einige ist der 1. Mai ein Pendant zum Silvesterfest, da vielerorts in den Mai »getanzt« und eben ganz stark gefeiert wird. Jeder macht dies auf seine – mehr oder weniger skurrile – Art und Weise. Die Nordeuropäer feiern am Maivortag die Walpurgisnacht zurück, an der etwa in Schweden die langen, dunklen Wintertage endgültig und feierlich beendet werden. Ein großes loderndes Lagerfeuer gehört dazu, in die dann eine gigantische Strohhexe geschmissen wird.

Für die italienischen Feinschmecker ist der 1. Mai »essen«-ziell. In Teramo bei der Ostküste Italiens servieren die Familien den »Virtù«. Das ist ein virtuoses, typisch italienisch-meisterliches Gericht, in das die Abruzzen (fast) alles von sich geben, ergo, Kühlschrank auf und recyceln. Ideal ist es mit 49 Ingredienzen präpariert. Eine Rezept listet auf: Bohnen, Linsen, Karotten, Spinat, Zucchini, Schweinefleisch, Nudeln, Tomaten, Kräuter, Olivenöl und die Liste ist länger.

Traditionsfamilien kochen ihr Hülsenfruchteintopfgericht. Das finale Meisterwerk präsentieren und kosten sie mit den Liebsten und den Rest bekommen die Nachbarn. Probieren ist für alle. Essen kommt immer gut, speziell italienisch.

Federn und bechern: Freinacht für Kreative, aber mit Grenzen

In Bayern ist die »Freinacht« berühmt-berüchtigt: ungesicherte Gegenstände wie Mülltonnen, Blumenkübel und Grills zum Maibaum deponieren, Auto mit Klopapier umwickeln oder andere harmlose Streiche sind da gang und gäbe. Es gilt: ärgern ohne zu schaden. So wurden in der Vergangenheit Straßen umgetauft (etwa auf Fußballernamen), Dixi-Toiletten umgesiedelt oder Haustiere angemalt. Der alte Feder-Streich mit dem Ventialtor ist auch einer der tausend Klassiker. Aber immer schön legal bleiben mahnt die Polizei, auch wenn man etwas viel gebechert hat. Die einen trinken mehr, was komplex für die Polizei werden kann, die anderen essen mehr, was komplexe Eintöpfe entstehen lässt, die anderen verbrennen Hexen, was ohnehin ein komplexes Thema ist und wir Bayern errichten, etwa in München und im Landkreis, mit Manneskraft Maibäume - manchmal helfen wir uns der Gemütlichkeit halber mit der Kraft der Kräne.

Spezielle Maibaum-Termine im Münchner Norden und Umgebung

Sofern alle eventuell geklauten Maibäume wieder auftauchen, wird an folgenden Orten der Maibaum mit Bier und Tracht gefeiert (ein Auszug):

  • 27. April bis 1. Mai auf dem Moosacher St.-Martins-Platz mit Biergarten, Karussell und den »Alpen Casanovas«,
  • 30. April ab 13 Uhr auf der Bachwiesen in Oberhaching, Aufstellung des Maibaumes mithilfe von Scherstangen,
  • 1. Mai ab 10 Uhr auf dem Bürgerhausplatz des Echinger Ortskerns Maibaumaufstellen mit dem Burschenverein,
  • 1. Mai Maibaumaufstellen in Oberschleißheim ab 11 Uhr mit typischem Maitanz,
  • 1. Mai ab 13 Uhr in Oberföhring neuer Maibaum der Motorradfreunden München Ost,
  • 1. Mai ab 11 Uhr im Augustinum Maibaumaufstellung und Café-Neueröffnung,
  • 1. Mai ab 11 Uhr in Untergiesing Maibaumaufstellung der Bürgervereinigung,
  • 1. Mai ab 10 Uhr in Sendling-Westpark Feier, Baumaufstellung und Trachtengruppen auf dem Kiesselbach-Platz,
  • 3. bis 4. Mai ab 11 Uhr auf dem Campus der TU Garching »MaiTUM« mit Blaskapelle, Wiesnband und Riesenrad,
  • 5. Mai um 18 Uhr in Daglfing Maitanz des neuerrichteten Maibaums in der Kunihohstraße 19 und
  • 5. Mai um 11 Uhr auf dem Wiener Platz Maibaum-Errichtung von den »Freunden Haidhausens«.

Die Münchner Wochenanzeiger wünschen all ihren Lesern einen schönen 1. Mai!

Daniel Mielcarek

Artikel vom 25.04.2018
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