Interview mit Josef Mittermeier von der Energiewende Vaterstetten

Vaterstetten · Seit 10 Jahren für die Klimaschutz engagiert

Josef Mittermeier. 	Foto: VA

Josef Mittermeier. Foto: VA

Vaterstetten · In unserer letzten Wochenend-Ausgabe haben wir die »Energiewende Vaterstetten« vorgestellt, die heuer bereits seit 10 Jahren aktiv ist. Der parteiübergreifende Arbeitskreis ging aus der Zukunftswerkstatt Vaterstetten / Agenda 21 hervor.

Weiterer Artikel zum Thema:
Die »Energiewende Vaterstetten« fordert ein Umdenken
Artikel vom 23.02.2018: Weiter so geht nicht mehr

Die Energiewende unterstützt und informiert Energieverbraucher, fördert den schonenden Umgang mit Energie und die Nutzung erneuerbarer Energien und motiviert Bürger, Gewerbe und Landwirtschaft, ihre Energieversorgung selbst in die Hand zu nehmen. Wir haben mit dem Gründungsmitglied Josef Mittermeier gesprochen.

Kurier Ebersberg: Was war der Anlass vor zehn Jahren die »Energiewende Vaterstetten« zu gründen?

Josef Mittermeier: Die Energiewende Vaterstetten ging aus einer Arbeitsgruppe der Zukunftswerkstatt hervor, die vom damaligen Bürgermeister Robert Niedergesäß nach einem Bürgerentscheid 2006 ins Leben gerufen wurde. Man war sich damals einig, dass die in der Zukunftswerkstatt in eineinhalbjähriger Arbeit entwickelten Ideen zu konkreten Umsetzungskonzepten weiterentwickelt werden sollen.

Was hat der Verein seitdem in Vaterstetten erreicht?

Mittermeier: Für uns war es wichtig die Energiewende in Vaterstetten konkret auf den Weg zu bringen. Deshalb haben wir uns als erstes existierende Projekte in ganz Süddeutschland angesehen, um zu erfahren was wirklich möglich ist und, ob wir vielleicht den einen oder anderen Ansatz auch in unserer Gemeinde umsetzen können. Daraus wurde schließlich von uns die Studie: »Strom und Wärme für Vaterstetten« entwickelt, die 2010 dem Gemeinderat präsentiert und übergeben wurde. Auch bei dem vom Umweltamt der Gemeinde in Auftrag gegebenen Klimaschutzkonzept war die Energiewende Vaterstetten eingebunden. Mit der Einstellung des Klimaschutzmanagers in der Gemeinde wurde die Zusammenarbeit noch mal deutlich intensiviert. Zusammen mit dem Energieforum Zorneding wurde 2012 die »Eigene Erneuerbare Energiegenossenschaft 3e« gegründet, um damit konkrete Projekte eigenständig in die Umsetzung zu bringen. Leider haben sich die politischen Rahmenbedingungen verschlechtert, so dass sich die Aktivitäten nicht so optimal entwickelt haben wie wir uns das gewünscht hätten. Wie kann die Energiewende

Vaterstetten ihre Ziele den Bürgern vermitteln?

Mittermeier: Uns war von Anfang an klar, dass das Thema Energiewende nur durch dauernde Präsenz in das Bewusstsein der Bürger eindringen kann. Wir haben deshalb jeden Monat ohne Unterbrechung im »Lebendigen Vaterstetten« in einer Kolumne Einzelthemen zu Erneuerbaren Energien und zum sinnvollen Umgang mit Energie vorgestellt (bisher ca. 120 Beiträge). Außerdem haben wir vor zehn Jahren die Vortragsreihe »Energieforum« gestartet, die sich wegen der hohen Qualität der Vorträge großer Beliebtheit erfreut. Sie hat vielen Bürgern Anregungen zum Handeln geliefert. Noch in diesem Jahr können wir unsere 50. Veranstaltung anbieten.

Beobachten Sie ein gestiegenes Umweltbewusstsein bei der Bevölkerung? Oder eher gegenteilig?

Mittermeier: Eine realistische Aussage dazu in einer 23.000-Einwohnergemeinde zu machen ist schwer möglich. Auf Grund der steigenden Besucherzahlen unserer Vorträge und Forumsveranstaltungen glauben wir allerdings, dass das Umweltbewusstsein in der Bevölkerung zunimmt. Außerdem stoßen wir immer wieder auf hervorragende Beispiele von Bürgern die zeigen welche guten Möglichkeiten es im Bereich der Energieeffizienz, des Energiesparens und der Nutzung erneuerbarer Energien bereits gibt und wie man diese sinnvoll zum Einsatz bringt. Im Rahmen unserer Veranstaltungen zum Thema Elektromobilität haben beispielsweise einige Bürger gezeigt wie einfach es möglich ist die eigene Fotovoltaik-Anlage zum Laden der Fahrzeugbatterien zu nutzen. Den Aufbau einer flächendeckenden Ladeinfrastruktur sehen sie momentan nicht als dringende Notwendigkeit.

Wie ist es um die Energiewende in der Wachstumsgemeinde Vaterstetten bestellt? Was muss verbessert werden?

Mittermeier: Vieles hat sich recht positiv entwickelt, allerdings gibt es auch noch eine ganze Menge zu tun. So wird das Wärmenetz der Gemeindewerke bisher nur zu 25 Prozent aus erneuerbaren Energien versorgt. Mittel-, bzw. langfristig muss auf 100 Prozent Erneuerbare umgestellt werden. Darauf weist die Energiewende Vaterstetten seit längerem hin. Das Umweltamt der Gemeinde hat im Einvernehmen mit dem Kommunalunternehmen und der Energiewende Vaterstetten ein Ingenieurbüro beauftragt ein Konzept zu entwickeln, das die wirtschaftlichen Möglichkeiten einer Strom- und Wärmeversorgung auf Basis erneuerbarer Energien für die Kerngebiete von Vaterstetten und Baldham aufzeigt. Die bisher vorliegenden Ergebnisse stellen sich sehr positiv dar. Wir sind deshalb recht zuversichtlich, dass auch in diesem Bereich in absehbarer Zeit die Energiewende deutlich beschleunigt werden kann.

Wie beurteilen Sie die möglichen Diesel-Fahrverbote für die Münchner Innenstadt?

Mittermeier: Unsere Beurteilung wird bezüglich eines Diesel-Fahrverbots in der Münchner Innenstadt keine Rolle spielen, darüber werden vermutlich die Gerichte entscheiden. Allerdings ist es schon sehr ärgerlich, dass die Automobilindustrie über Jahre geschummelt hat und die vorgegebenen Grenzwerte bewusst ignoriert hat. Die Politik hat diesem Treiben viel zu lange zugesehen und es zudem versäumt alternative Mobilitätsformen, wie beispielsweise den ÖPNV stärker zu fördern. Elektroautos und autonomes Fahren werden die Mobilität in Zukunft verändern. Nicht mehr der Besitz eines Autos, sondern die intelligente Nutzung, bzw. zur Verfügung Stellung werden zukünftig im Vordergrund stehen. Das große Geschäft wird mit attraktiven Mobilitätsangeboten und nicht mehr mit dem Verkauf von Autos zu machen sein. Diese durchaus sehr weitreichenden Visionen müssen in den Fokus genommen werden, um den langen Weg dorthin ohne folgenschwere Systembrüche zu beschreiben. red

Das Foto im Artikel wurde am 28.02.2018 berichtigt.

Artikel vom 27.02.2018
Auf Facebook teilen / empfehlen Whatsapp

Weiterlesen





Wochenanzeiger München
 
Kleinanzeigen München
 
Zeitungen online lesen
z. B. Samstagsblatt, Münchener Nord-Rundschau, Schwabinger-Seiten, Südost-Kurier, Moosacher Anzeiger, TSV 1860, ...