Der ewige Wildschütz

Der Baldhamer Schorsch Kirner zeigt, »wie es wirklich war«

Der Wildschütz Jennerwein wurde zur Legende und zum Symbol der Auflehnung gegen die Obrigkeit in Bayern.

Der Wildschütz Jennerwein wurde zur Legende und zum Symbol der Auflehnung gegen die Obrigkeit in Bayern.

Baldham · Kernige Typen hat die bayerische Geschichte schon einige hervorgebracht. Auffällig viele haben gemeinsam, dass sie sich gegen die Obrigkeit stellten und trotz Gewaltverbrechen als »Volkshelden« verehrt wurden.

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So sind etwa der »Räuber Kneißl« aus Unterweikertshofen oder der »Bayerische Hiasl« Matthias Klostermayr aus Kissing bis heute unvergessen. Aber kaum jemandem wurden so viele Lieder, Gedichte, Theaterstücke und gar Filme gewidmet wie dem Wildschützen Georg »Girgl« Jennerwein. Nach seinem Ableben wurde er zur Legende und zum Symbol der Auflehnung gegen die Obrigkeit in Bayern. Zeitlebens war Jennerwein aber alles andere als "heldenhaft": Er galt als arbeitsscheuer Wirtshausgänger mit zahllosen Frauengeschichten. Als Gstanzlsänger und Zither-Spieler teilte er zudem verbal gerne gegen Konkurrenten, Jäger und die »Großkopferten« aus. Auch wenn er sich nie erwischen lies, war nicht zuletzt die Wilderei sein täglich Brot. Das Jagdrecht galt dabei seit dem 15. Jahrhundert als Herrenrecht, als Privileg des Adels. Weil er aber trotzdem auf die Jagd ging, pfiff er auf die Standesschranken – ein richtiger Bazi eben.

Aber erst durch seinen gewaltsamen Tod sollte Jennerwein als der Wildschütz in die Geschichte eingehen: Am 6. November 1877, mittags gegen 11 Uhr, wurde der 29-Jährige in den Schlierseer Bergen am Schwarzholzeck hinterrücks vom Jagdgehilfen Josef Pföderl erschossen. Jennerweins Leiche wurde erst acht Tage später, am 14. November 1877, gefunden. Nun – zum 140. Todestag – hat niemand geringeres als der »bayerische Abenteurer« und Weltenbummler Schorsch Kirner aus Baldham eine Dokumentation über die damaligen dramatischen Geschehnisse veröffentlicht. Kirner, der 181 Länder im Laufe seines Lebens bereiste, kehrt somit zu seinen eigenen bayerischen Wurzeln zurück. Denn ihn verbindet erstaunlich vieles mit dem einsitgen Wildschütz: Schorsch Kirner wurde im Holzkirchner Ortsteil Haid geboren. Ebendort erblickte 88 Jahre vorher Georg »Girgl« Jennerwein als lediger Sohn einer armen Gütlerstocher das Licht der Welt. Kirners Großvater arbeitete als Holzarbeiter im Königlichen Forstamt von Fischbachau, also im selben Revier wo auch Jennerwein sein Unwesen trieb.

Kirners Großmutter arbeitete ebenfalls im selben Gebiet als Sennerin auf der Alm. Von seiner Taufpatin – Anni Jennerwein – sollte er sogar eines der drei Gewehre des Jennerwein Girgl erhalten. Doch warum nun dieses Büchlein? »Schon in früher Jugend war ich als Hirte bei meiner Großmutter Kathi Reis auf der Alm im Spitzingsee-Gebiet, wo sie als Sennerin arbeitete. Sie erzählte mir immer spannende Geschichten, auch vom ehemaligen Wildschütz Jennerwein«, berichtet Kirner in seinem Vorwort. »Auch Jäger, Förster, Holzknechte und Schmuggler erzählten mir Geschichten von diesem lebenslustigen Wildschütz – leider aber in sehr unterschiedlichen Versionen. Das machte mich neugierig, ich wollte wissen welche die richtige war«.

Kirner setzte es sich fortan zum Ziel, »die ganze Wahrheit endlich ans Licht zu bringen«. So begab er sich in jahrelangen Recherchen, Befragungen und Gesprächen auf die historischen Spuren des unvergessenen »bayerischen Volkshelden«. Dabei konnte er auch einige wichtige Dokumente und Gerichtsakten über den brutalen Mord berücksichtigen, die über 100 Jahre beim Tegernseer Forstamt unter Verschluss waren. Außerdem lernte er Personen kennen, die ihm alte Erbschaftsunterlagen zum Thema »Girgl Jennerwein« zur Verfügung stellten, bis hin zu bisher unbekanntem Bildmaterial. Hias Krinner steuerte zudem eine eigenständige dokumentarische Abhandlung über Jennerweins Mörder – Josef Pföderl – bei. Herausgekommen ist eine 58 Seiten starke Dokumentation die sich so spannend liest, wie so mancher Krimi. Man bekommt sie in der Buchhandlung »AP-BUCH GmbH« am Baldhamer Bahnhof, Neue Poststr. 13, Telefon 0 81 06 / 36 94 14. Der Preis liegt bei 5 Euro.

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Von Stefan Dohl

Artikel vom 18.11.2017
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