Wo bleibt die Rettung?

Messie-Hilfe-Telefon: Hängepartie um Finanzierung geht weiter

München · Kein Anschluss unter dieser Nummer – diese Meldung könnte bald die Hoffnung derer zerstören, die beim Messie-Hilfe-Telefon anrufen und Rat und Hilfe für den Weg aus der Lebenskrise suchen.

Denn das Messie-Hilfe-Telefon steht vor dem endgültigen Aus. Seit über einem Jahr suchen die Betreiber eine nachhaltige Lösung für die Finanzierung der Hotline. Außer Worten der Anerkennnung und Lippenbekenntnissen ist jedoch nichts hängengeblieben. Ändert sich das nicht bald, ist im Frühjahr Schluss mit dem Angebot. Und das hat Konsequenzen.

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Der Verein H-TEAM betreibt das Messie-Hilfe-Telefon seit etwa drei Jahren. Von Anfang an war die Finanzierung ein Balanceakt. Zunächst wurde das Projekt von der Stiftung BISS unterstützt, später hat der Verein H-TEAM das Defizit getragen, allerdings war klar, das könne nur eine Übergangslösung sein. Das Angebot wäre schon vor einem halben Jahr eingestellt worden, wenn die Geschäftsführer des H-TEAM, Peter Peschel, Wedigo von Wedel und Monika Zanner, nicht den Silberstreif am Horizont gesehen hätten.

Zunächst hatte sich der Landtagsabgeordnete Florian von Brunn (SPD) für eine öffentliche Finanzierung der Hotline ausgesprochen. Vor etwa einem Jahr hat sich der Verein auf Vermittlung des Münchner Samstagsblatts an den Landtagsabgeordneten Joachim Unterländer (CSU) gewandt, der mit seiner Initiative im bayerischen Gesundheitsministerium einen großen Schritt weitergekommen war. War bis dahin die staatliche Finanzierung abgelehnt worden, weil man im Gesundheitsministerium davon ausgegangen war, mit den sozialpsychiatrischen Diensten (SPDi) in Bayern selbst ein adäquates Angebot zu haben, wurden die Verantwortlichen von der Information überrascht, dass sich die SPDi’s bei der Messie-Hotline Rat holen würden, um selbst beraten zu können. Weil es bei der Finanzierung um vergleichsweise bescheidene 12.000 Euro im Jahr geht – reine Personalkosten, die Infrastruktur stellt H-TEAM weiterhin auf eigene Kosten zur Verfügung – zeigte sich das Ministerium offen für ein Konzept.

Das Messie-Hilfe-Telefon soll zum »Bayerischen Messie-Hilfe-Telefon« werden, auch wenn die Hilfesuchenden aus ganz Deutschland und teilweise aus dem benachbarten Ausland anrufen. Um die Finanzierung aus Mitteln des Freistaats zu rechtfertigen, solle die Hotline ein Angebot überwiegend für die Menschen im Freistaat sein. Der Verein erklärte sich mit dieser und weiteren Vorgaben einverstanden. An sich war damit alles klar, doch das Gesundheitsministerium wollte die Kosten nicht alleine tragen. Also haben sich die zuständigen Vertreter an das bayerische Sozialministerium gewandt.

Doch das kann für sich keine Zuständigkeit erkennen. So erhielt Unterländer aus dem Ministerium ein Schreiben, in dem es hieß: »Es kann eine Finanzierung eines neuen Projekts weder im Bereich der Behindertenhilfe noch in der Wohnungslosenhilfe hergeleitet werden. Aus dem Bayerischen Landesbehindertenplan können nur Angebote für Menschen mit einer körperlichen oder geistigen Behinderung oder chronischen Krankheit gefördert werden. Die Bereiche ›Sucht‹ und ›Psychische Erkrankung‹ sind in der Zuständigkeit des Bayerischen Staatsministeriums für Gesundheit und Pflege.« Eine zwischen zwei Ministerien aufgeteilte Förderung sei zudem »auch haushaltsrechtlich nicht das Mittel der Wahl, insbesondere da es sich um einen geringen Betrag handelt«, lautete die Argumentation, für die Unterländer durchaus Verständnis aufbringt.

Aus diesem Grund hat er sich eigenen Angaben zufolge im Oktober noch mal an Ministerialrat Dr. Georg Walzel vom Referat »Psychiatrie, Sucht, Drogen, AIDS« des Gesundheitsministeriums gewandt und auf eine umgehende Finanzierung gedrängt. Eine Reaktion blieb bis jetzt aus. Für Unterländer völlig unverständlich: »Ich habe mich nicht intensiv für dieses Projekt eingesetzt, damit es dann an Zuständigkeitsstreitigkeiten zwischen zwei Ministerien scheitert. Ich appelliere nachdrücklich an das Bayerische Staatsministerium für Gesundheit und Pflege, sich im beantragten Rahmen an der Finanzierung zu beteiligen.« Warum das Ministerium nicht in der Lage ist, eine Entscheidung zu treffen, kann Unterländer nicht nachvollziehen.

Es geht immer noch um 12.000 Euro pro Jahr

In der Folge hat das Samstagsblatt eine Anfrage an das Gesundheitsministerium gerichtet, die konkret vier Fragen umfasst hat. Schließlich erreichte uns diese Stellungnahme: »Der Verein hat um eine Förderung in dieser Höhe nachgefragt. Zuständig wären neben dem Gesundheitsministerium auch das Sozialministerium und die Landeshauptstadt München. Die Abstimmung läuft, jedoch ist die Prüfung einer möglichen Förderung noch nicht abgeschlossen.« Quelle dieser Stellungnahme sei »eine Sprecherin des Gesundheitsministeriums«. Konkreter könne man nicht werden, weil die beiden Ministerien und die Landeshauptstadt noch in der Abstimmung seien. Das kostet alle Beteiligten Zeit, aber: »Wir sind nicht allein zuständig«, beharrt die Ministeriumssprecherin. Problematisch ist das für das H-TEAM, das auf dieser Grundlage nicht planen kann.

Das H-TEAM hat über ein Jahr lang aus Bund, Land und Kommune nur wohlmeinende Worte erhalten. Finanzielle Unterstützung gab es in dieser Zeit nur aus privaten Kleinspenden. Damit konnte das Messie-Hilfe-Telefon bis heute mühsam am Leben erhalten werden. Sollte es nicht in absehbarer Zeit eine nachhaltige Lösung geben, wird die Leitung im Frühjahr stillgelegt. Sehr zum Leidwesen unserer Gesellschaft, denn das Messie-Syndrom kann erhebliche Folgekosten verursachen, wenn Betroffene keine Hilfe bekommen. Folgekosten, die nicht selten an der Gemeinschaft hängenbleiben. Von Carsten Clever-Rott

Hintergrundinfo:
Am Messie-Hilfe-Telefon beraten die Experten des H-TEAM e.V. zweimal pro Woche für je drei Stunden Hilfesuchende, die sich mit dem Messie-Syndrom konfrontiert sehen. Darunter sind Direktbetroffene ebenso wie Angehörige, Freunde, Kollegen oder auch Vermieter. Wöchentlich hundert Anrufe zählt der Verein. Das Messie-Hilfe-Telefon ist unter der Nummer 0 89/55 06 48 90 erreichbar. Die Beratungszeiten sind dienstags von 9 bis 12 Uhr und donnerstags von 15 bis 18 Uhr. Außerhalb dieser Beratungszeiten läuft eine Bandansage.


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