Tunnel-Lösung in weiter Ferne

Giesing/Harlaching · Vorstellung der Machbarkeitsstudie enttäuscht und ernüchtert

Zwei Problemachsen ohne wirkliche Aussicht auf zeitnahe Entspannung: Vekehrliche Ringtrassen-Momentaufnahmen an der Tegernseer Landstraße.	Foto: HH

Zwei Problemachsen ohne wirkliche Aussicht auf zeitnahe Entspannung: Vekehrliche Ringtrassen-Momentaufnahmen an der Tegernseer Landstraße. Foto: HH

Giesing/Harlaching · Zwei Varianten einer seit Jahren geforderten Tunnellösung entlang der Tegernseer Landstraße sind zwar offenbar optional seitens der Stadt noch im Rennen – Faktisch jedoch gestaltet sich der Zukunftsblick auf eine mögliche Tunnelperspektive entlang eine der extremen verkehrlichen Hochfrequenzadern des Mittleren Rings derzeit eher illusorisch bis ernüchternd.

Tegernseer Landstraße

Diese Einschätzung speist sich vor allem aus den jüngsten Erkenntnissen einer entsprechenden Machbarkeitsstudie, die das Planungsreferat im Aufstrag der Stadt erarbeitet hatte und jetzt den Menschen in Giesing vor Ort präsentierte. »Gwis is, dass nix gwis is«, könnte der geneigte Vorort-Bajuware nach dieser Präsentations-Veranstaltung im Anton-Fingerle-Zentrum vor Wochenfrist bilanzieren. Die Enttäuschung der Menschen vor Ort ist groß, weil sich die Machbarkeitsstudie zunehmend zur »Unmachbarkeitsstudie« entwickele habe, ätzten Anwohner des Rings am Rande der Veranstaltung. »Was wir in Sachen Lärm und Abgasen mitmachen, das geht auf keine Kuhhaut«, schimpfte ein älterer Herr. Er wohne zwar an der Chiemgaustraße – aber die sei genauso belastet und schreie geradezu nach einem Tunnel. Doch es sieht planerisch schlecht aus in diesen Tagen.

Nach dem Motto »Papier ist geduldig« ist die Machbarkeitsstudie als bibliophiles Werk der Untersuchungen zwar umfangreich und auch die Präsentation mit Folien und Plänen geriet höchst umfänglich. Doch der wichtige Extrakt einer tatsächlichen Realisierung ist weit offenbar gering. Zwei Varianten einer möglichen Tunnellösung im Süden Münchens liegen demnach in diesen Tagen noch auf dem Tisch. Doch von einer Realisierung scheint man weiter entfernt denn je. Denn die Planspiele weisen viele Tücken und Nachteile auf. Der sogenannte »externe Tunnel« lässt den Betrachter vor allem mit Blick auf die avisierten Kosten zusammenzucken: Auf rund 560 Millionen Euro beziffert das Planungsreferat jenes Konstrukt einer insgesamt sechs Spurstreifen umfassenden, durchgängigen Röhre zwischen dem Ostufer der Isar, entlang von Osram-Gelände und Candidplatz im weiten Bogen bis zur McGraw-Kaserne. Doch bereits am relativen Ausgangspunkt unter dem Osram-Gelände fangen die –kostenintensiven- Probleme dieser Ausbauvariante bereits an. Denn in die dort laufenden Planungen und Realiiserung eines neuen Wohnquartiers am Isarstrand soll der Tunnelbau nicht eingreifen und blockierend wirken. Deshalb müsste die Röhre weiter nach Süden verschwenkt werden, zudem entstünden technisch schwierige (und damit ebenso kostenintensive) unterirdische Kreuzungsbeziehungen mit der U-Bahn vor Ort.

Laut Planungsreferat, das die Studie im Auftrag der Stadt an das Planungsbüro Dorsch Consult vergeben hatte, entstünden dadurch jedoch Mehrkosten von geschätzten weiteren 100 bis 200 Millionen Euro – die eine Realisierung deshalb nicht eben wahrscheinlicher werden lassen. »Da kann man den Eindruck gewinnen, dass wohl nichts gemacht wird«, schimpfte ein Bürger in der Veranstaltung und dürfte den Nagel auf den Kopf getroffen haben – zumindest für diese Variante. Denn noch ein zweites, weniger Aufsehen erregendes Planungsgebilde wurde vorgestellt. So könnte auch die bestehende Röhre am Candidberg auf rund 900 Metern Länge bis zum McGraw-Graben erweitert werden. Nach Meinung vieler wie etwa der Giesinger Tunnel Initiative (GTI) dürfte der Nutzen einer derart abgespeckten Lösung arg überschaubar bleiben. Denn weit weniger Anwohner entlang der TeLa würden hier entlastet – wenn auch die Kosten mir »nur« rund 380 Millionen Euro weit unter denen der externen Variante lägen. Bedeutungsschwere Negativsynergie allerdings: Die Anwohner der auf den Ring treffenden Chiemgaustraße sowie im Bereich rund um den Candidplatz würden durch die neuen Tunnel-Trassenzuschnitte sogar mehr Lärm und Abgase aushalten müssen als bisher. Kollektives Kopfschütteln im Auditorium war bei der Präsentation Resultat dieser Er- und Abwägungen.

Dazu erwarten nicht nur die Planer vor Ort im Falle eines Röhrenbaus eklatante Verkehrsbehinderungen im südöstlichen Stadtraum – für eine geschätzte Baudauer zwischen sieben und zehn Jahren. Ein Hemmschuh wohl ebenso wie die Konkurrenz einer Giesinger Röhre zu anderen möglichen Tunnelbauten auf Stadtgebiet. So vertraten einige Bürger die Ansicht, die Giesinger Untertunnelung sei wohl nicht erster Realisierungsfavorit. »Ich glaube, dass ohnehin eher der Tunnel am Englischen Garten oder entlang der Landshuter Allee realisiert werden wird«, zeigte sich CSU-Fraktionssprecher Stefan Reinwald aus dem Bezirksausschuss Obergiesing-Fasangarten skeptisch über die Chancen. »Ungeheuer schwierig und eng« sah zudem Gremiumskollege Klaus Neumann (SPD) planerische Problemstrukturen. Weshalb die BA-Vorsitzende Carmen Dullinger-Oßwald gleich einen Schritt weiter ging. »Wir brauchen hier ein völlig neues, übergreifendes Verkehrswegenetz«. Für die Grünen-Politikerin zeigte sich angesichts der schwierigen Ausgangslage die Notwendigkeit deutlich auf, mehr Verkehr auf die Schiene zu bringen. »Der weitere Ausbau der S-Bahn mit einem dichteren Takt« könne hier Antworten liefern. Andernfalls drohe auf Sicht der »verkehrliche Infarkt mitten in Giesing«.

Ihre düstere Prognose mit Blick auf das schwierige Tunnel-Handling für den Individualverkehr deckte sich mit der Ernüchterung vieler Bürger beim Blick auf diese »Machbarkeitsstudie«. Sie versinnbildlicht vor allem eins: Beim Problem, stetig wachsende Verkehrsströme sinnvoll zu kanalisieren, geraten die Planer zunehmend in Schieflage. Eine Stadt stößt hier an ihre Grenzen. HH

Artikel vom 22.12.2014
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