Aus der Steckdose

Wind, Sonne und Straßenfest – Energiewende in München

Im Auge des Taifuns! Das Praterkraftwerk. Foto: Praterkraftwerk

Im Auge des Taifuns! Das Praterkraftwerk. Foto: Praterkraftwerk

München · Bei jedem Schritt wird die Angst größer. Hitze und Lärm steigen stetig an. Der Schweiß dringt in sämtliche unpassenden Körperregionen. Mitfühlend klopft Christoph Rapp, Geschäftsführer der Praterkraftwerk GmbH, seinem Gast auf die Schulter, um doch beiläufig zu fragen: »Einen Herzschrittmacher haben Sie nicht?« Nach einem ängstlichen Kopfschütteln gibt es kein zurück mehr. In gebückter Haltung befindet man sich unter der Turbine des Praterkraftwerks in 20 Meter Tiefe unter dem Erdboden und Isar.

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Der Lärm ist ohrenbetäubend, das Erlebnis atemberaubend. Im Praterkraftwerk an der großen Isar, das die Stadtwerke mit einer Tochterfirma des Vereins Green City Energy betreiben, wird eine Leistung von 2500 kW erzeugt, indem das neun Meter hohe Gefälle der Isar auf der Höhe des Landtags genutzt wird. Jährlich entstehen so 10,5 Mio kWh, was dem Bedarf von 4.000 Haushalten in München entspricht, womit 9.000 Tonnen Kohlenstoffdioxid im Vergleich zu herkömmlichen fossilen Energieträgern eingespart werden können. »Das modernste und innovativste Kraftwerk der Stadt steuert einen wichtigen Beitrag zu den Klimaschutzzielen der Stadt München bei«, erklärt Rapp sichtlich begeistert. Bis 2025 möchte München die erste Millionenstadt sein, die ihren Energiebedarf vollkommen aus erneuerbare Energien deckt.

Dabei ist die Stadt auf Partnerschaften außerhalb seiner Grenzen angewiesen. Mit der Investitionssumme von neun Milliarden Euro entstehen so Windparks in Schweden, Parabolrinnenkraftwerke unter der Sonne Andalusiens oder Geothermiekraftwerke im Süden Münchens. Albert Sepp, der an der TU München Konzepte für Schachtkraftwerke an Flüssen entwickelt, sieht auch an Wehrstandorten im Stadtgebiet die Möglichkeit für die Realisierung von Flusskraftwerken. »Der Bau solcher Anlagen hängt natürlich von vielen Faktoren ab«, ergänzt Albert Sepp. Politischer Wille, ökologische Auflagen und der Widerstand der Bürger verhindern oft das Entstehen neuer Kraftwerke. Dass die Energiewende jedoch jenseits von staatlichen Maßnahmen und der Planung von Energiekonzernen das Verständnis sowie die Beteiligung der Bürger benötigt, zeigt das Street-Life-Festival von Samstag, 13. September, bis Sonntag, 14. September, auf der Leopoldstraße und der Ludwigstraße. Das Street-Life-Festival, das seit 2000 besteht und 250.000 Menschen anlockt, ist aus dem europaweiten autofreien Tag entstanden.

Die inhaltliche Schwerpunkte konzentrieren sich auf alternative Mobilität, Klimaschutz sowie bewusste Ernährung und Stadtgestaltung. Auf dem Festival, das Green City veranstaltet, werden den Besuchern, neben Anregungen für die Alltagsgestaltung, kreative Lösungsvorschläge für ein neues Verständnis des urbanen Raums angeboten. Auf einer Fahrradbühne muss beispielsweise der Strom für die DJ-Soundanlagen erst von Freiwilligen »erstrampelt« werden. »Zwei Highlights des Street-Life-Festivals bilden das Sportareal Ludwigstadion und die Kunstinstallation URBAN PARADISE von Michael Pendry, einem multimedialen Palmengarten«, schwärmt Manuel Schaumann von Green City. Im Bereich Mensch & Umwelt, nördlich des Siegestor, stellen Aussteller und NGOs Informationen zur Energiewende zur Verfügung.

Zum Beispiel mit einer Installation, die die Abstandsreglung von Windkraftanlagen zu Gebäuden in den Dialog zu Abständen bestehender Atomkraftwerke stellt. Einen kleinen Beitrag zur Energiewende trägt seit dieser Woche auch das Dach der Regierung von Oberbayern in München bei. »Mit der Photovoltaik-Anlage werden 32.000 Kilowattstunden produziert und die Umwelt um 19.750 Kilogramm Kohlenstoffdioxid entlastet«, erklärt Regierungspräsident Hillenbrand.

Von Marcus Ullrich

Artikel vom 30.08.2014
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