„Da schau her!“: Albrecht Ackerland im Münchner SamstagsBlatt über den Flohmarktauftakt

München · Thema der Woche: Flohmarkt-Saison

München · Die erste Maß auf der Theresienwiese, der erste Gnackbrand, Leute, die man genau einmal im Jahr genau da trifft und dazu eine Jahresportion Staub. Was freue ich mich schon auf den traditionellen Frühlingswiesnflohmarkt.

Es ist mein persönlicher Jahresauftakt. Ich könnte auf vieles verzichten in dieser Stadt, aber gewiss nicht auf diesen schönstgelegenen Flohmarkt mindestens der Welt.
Ich habe schon viele Flohmärkte gesehen, jeder hat seinen eigenen Charme, oder er hat überhaupt keinen Charme, weil er auf einem trostlosen Parkplatz eines trostlosen Supermarkts im Industriegebiet einer trostlosen mittleren Kleinstadt im trostlosen weiteren Speckgürtel von München stattfindet, an einem trostlosen dritten Samstag im Monat, was alles zusammengenommen eine ziemlich charmante Angelegenheit ist. Denn es bleibt ja ein Flohmarkt, und gerade an einem solchen Ort gibt es ganz besondere Schicksale zu besichtigen an den Ständen – die Ergebnisse ganzer Lebensentwürfe, Leidenschaften, Zwänge. Und dazwischen liegt immer ein Küchenutensil, das ich gerade brauchen kann. Und lasse mir die Geschichte von der Tante Fanny erzählen, die Schmetterlingssammlerin war und diese so liebte, dass sie jedem einzelnen eine Stecknadel durch den Leib rammte.

Weitere Artikel zum Thema

Es gibt auch die großen Knaller unter den Flohmärkten, den Landmaschinenflohmarkt in Velden an der Vils zum Beispiel, wo sich prächtigste Exemplare des niederbayerischen rotgesichtigen Stiergnacks beim Handeln um Bolzen und Baggerschaufelzähne bewundern lassen. Damit ist der Sprung zum Gnackbrand auf der Münchner Wiesn galant erledigt. Denn beim Flohmarkt am ersten Frühlingsfestsamstag, diesmal am 20. April, ist die Sonne noch immer durchgebrochen und hat noch immer viele mit ihrer gewachsenen Kraft überrascht. Davon benommen lohnt es sich dann unbedingt, der Bavaria ins Hirnkasterl zu steigen, um eine fantastische Übersicht zu gewinnen – und vielleicht sogar den persönlichen Sensationsfund zu erspähen. Zu diesem Zweck kaufe ich mir jedes Jahr ein Opernglas zu zwei Euro, das ich im Anschluss einem wildfremden Menschen schenke.

Geschenkt, und das macht diesen Markt so einzigartig, ist die allerbeeindruckendste Phase, dann, wenn alles vorbei ist, und sich in der flachen Abendsonne der Sperrmüll türmt. Denn der Wiesnflohmarkt ist einer der ganz wenigen, bei denen man seinen Unrat gleich in einen Container werfen kann. Wenn die dann schnell voll sind, gibt’s Berge daneben. Und in diesen finde ich jedes Jahr einen Schatz. Aber das verrate ich Ihnen selbstverständlich nicht.

Artikel vom 07.03.2013
Auf Facebook teilen / empfehlen Whatsapp

Weiterlesen





Wochenanzeiger München
 
Kleinanzeigen München
 
Zeitungen online lesen
z. B. Samstagsblatt, Münchener Nord-Rundschau, Schwabinger-Seiten, Südost-Kurier, Moosacher Anzeiger, TSV 1860, ...