Zwischenbilanz: Unterschriften gegen Studiengebühren

München · „Wir brauchen noch mehr“

Isabell Zacharias setzt sich für die Abschaffung der Studiengebühren in Bayern ein. Foto: ws

Isabell Zacharias setzt sich für die Abschaffung der Studiengebühren in Bayern ein. Foto: ws

München · Nach einem verhaltenen Beginn haben die Eintragungsquoten des Volksbegehrens gegen Studiengebühren am vergangenen Mittwoch im bayernweiten Durchschnitt die 4-Prozentmarke überschritten, zieht das Bündnis „Volksbegehren gegen Studienbeiträge“ gut eine Woche nach dem Start der Eintragung in den Rathäusern und Bezirksinspektionen Bilanz.

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Der ländliche Raum hängt derzeit die Großstädte ab. So haben in Bamberg und Bayreuth bis Dienstagabend bisher über 5 Prozent der Stimmberechtigten unterschrieben. In München waren es dagegen bis Mittwochabend 3,7 Prozent, also etwa 33.400 Unterschriften, der hier 903.490 Stimmberechtigten. Die Landeshauptstadt liegt dabei im oberbayerischen Schnitt von 3,85 Prozent. Viele Studiengebühren-Gegner scheint es im Münchner Osten zu geben (Stand Dienstagabend): In Feldkirchen haben schon 4,4 Prozent unterschrieben, in Kirchheim bei München gar 6,2 Prozent und in Unterföhring 5,2 Prozent. In den Gemeinden im Münchner Südosten ist die Beteiligung bislang nicht so groß: Aying liegt mit 1,5 Prozent im unteren Bereich, Unterhaching sticht mit 4,4 Prozent hervor. Die Zahlen basieren auf den freiwilligen Meldungen von über 1.400 bayerischen Kommunen an das Bündnis-Büro in Giesing und repräsentieren knapp 8 Millionen Wahlberechtigte in Bayern. An vorderster Front für das Volksbegehren kämpft auch Isabell Zacharias (SPD). Wir sprachen mit der Landtagsabgeordneten aus Schwabing und hochschulpolitischen Sprecherin der SPD-Fraktion im Landtag, die das Bündnis unterstützt – wie unter anderem auch der Bayerische Lehrer- und Lehrerinnenverband, die Grünen, Freien Wähler und andere Gruppierungen.

SamstagsBlatt: Die Eintragung läuft noch bis Mittwoch: Wie ist Ihre Zwischenbilanz?

Isabell Zacharias: Die Tendenz der letzten Tage ist leicht steigend. Ich ziehe zwar eine positive Zwischenbilanz, zumal wir Rückenwind aus der gewonnenen Niedersachsen-Wahl haben. Rot-Grün wird dort, wie versprochen, die Studiengebühren abschaffen. Aber wir brauchen hier in München noch viele, viele Unterschriften, um das Volksbegehren zu schaffen. Jede Stimme zählt.

Warum sollen die Bürger unterschreiben? Auch Bürger, die nicht studieren oder mit dem Thema nicht befasst sind?

Isabell Zacharias: Die Bürgerinnen und Bürger sollen sich eintragen, um den Wissenschafts- und Wirtschaftsstandort Bayern auf dem hohen Niveau zu halten. Hier gibt es keine Rohstoffe, wir können nur in unsere Köpfe investieren.

Warum sind Sie gegen Studiengebühren?

Isabell Zacharias: Sie sind unsozial und benachteiligen Familien, die deutlich weniger Geld zur Verfügung haben. Denn es sind ja nicht nur 1000 Euro im Jahr (500 Euro pro Semester) an Studiengebühren zu stemmen, sondern Lernmaterial, Miete und Lebenshaltungskosten.

Profitieren die Hochschulen denn nicht von den Gebühren?

Isabell Zacharias: Für die Universitäten bedeutet das einen enormen Verwaltungsaufwand. Zehn Prozent der Studiengebühren gehen in die Bürokratie. Es ist richtig, dass die Hochschulen von den Studiengeldern profitieren. Aber es ist nicht die Aufgabe der Studierenden, dies zu sichern. Bildung ist ein Grundrecht und somit Aufgabe des Freistaats Bayern.

Wird die Abschaffung der Studiengebühren nicht zu Lasten der Qualität bei der Lehre gehen?

Isabell Zacharias: Wenn die Studiengelder abgeschafft werden, müssen sie selbstverständlich vom Freistaat Bayern gegenfinanziert werden. Ich möchte langfristige Planungssicherheit für die Universitäten sicherstellen.

Was sagen Sie zu dem Argument, dass der Wegfall des Studiengeldes den bayerischen Schuldenberg erhöhen werde, den ja irgendwann einmal die Jugend von heute zurückzahlen muss? Also auch alle, die nicht studieren.

Isabell Zacharias: Bayern ist ein sehr wohlhabendes Land und kann es sich leisten, in Bildung zu investieren. Ein Euro für die Bildung hat eine Rendite von vier Euro. Es müssen keine Schulden zurückgezahlt werden.

Hat die bayerische Staatsregierung nicht insgeheim schon die Studiengebühren gekippt bzw. geplant, es noch vor der Landtagswahl zu tun?

Isabell Zacharias: Wenn ich mal Horst Seehofer glauben darf, dann ja. Der bayerische Ministerpräsident hat bereits im Sommer 2011 die Studiengebühren sehr kritisch gesehen. Er würde sie lieber gestern als morgen abschaffen. Sie wurden 2007 von der CSU – noch mit absoluter Mehrheit im Landtag – eingeführt.

Wie geht es nach Eintragungsende weiter?

Isabell Zacharias: Schaffen wir in Bayern die rund 940.000 nötigen Unterschriften und damit das Volksbegehren, ist der bayerische Landtag am Zuge. Er kann per Gesetz die Studiengebühren abschaffen. Tut er das nicht, kommt es im Sommer zum Volksentscheid, in der heißen Wahlkampfzeit kurz vor der Landtagswahl im September.

Unterschreiben Sie oder haben schon – oder auf gar keinen Fall? Machen Sie mit bei unserer Umfrage unter www.samstagsblatt.de.

Noch bis Mittwoch

Bis Mittwoch, 30. Januar, kann man sich für das Volksbegehren gegen Studiengebühren in seiner Stadt oder Gemeinde eintragen, oft über die normalen Geschäftszeiten hinaus. Mitzubringen sind Personalausweis oder Reisepass. In München etwa haben Stadtinformation im Rathaus und Bezirksinspektionen diesen Samstag und sogar Sonntag, 27. Januar, jeweils von 10 bis 16 Uhr geöffnet. Die Stadtinformation, in der bisher die meisten Münchner unterschrieben haben, ist Montag und Dienstag, 28. und 29. Januar, jeweils von 10 bis 20 Uhr sowie am Mittwoch, 30. Januar, von 8 bis 20 Uhr, geöffnet.

Von Wally Schmidt

Artikel vom 24.01.2013
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