Sanierung des Abfallwirtschaftsbetriebes kostet über 30 Millionen Euro

Moosach · Wer soll das bezahlen?

Am 11. November soll die Fahrzeughalle wieder eröffnet werden. Helmut Schmidt (li.), Alexander Reissl (re.).  Fotos: ws/AWM/Archiv

Am 11. November soll die Fahrzeughalle wieder eröffnet werden. Helmut Schmidt (li.), Alexander Reissl (re.). Fotos: ws/AWM/Archiv

Moosach · Es könnte eine unendliche Geschichte werden: der Pleiten, Pech und Pannen. Der mehr als 30 Millionen Euro teure Baupfusch beim Bau der Zentrale des städtischen Abfallwirtschaftsbetriebs München (AWM) am Georg-Brauchle-Ring beschäftigt weiterhin Stadtverwaltung und Politiker und sorgt stadtintern für einen heftigen Streit.

Abfallwirtschaftsbetrieb (AWM) in Moosach

Das Revisionsamt habe in nicht-öffentlicher Sitzung des Rechnungsprüfungsausschusses des Stadtrates »ganz massive Vorwürfe« sowohl am Baureferat als auch am Kommunalreferat erhoben, erklärte Stadtrat Hans Podiuk, zugleich Fraktions-Vize der Rathaus-CSU, in der vergangenen Woche auf Nachfrage. Der 70 Seiten starke Bericht des Revisionsamtes enthalte »einen Riesen-Sack an Vorwürfen«, so Podiuk.

Die Stadtrats-CSU befürchtet deshalb Schlimmstes in Sachen Baupfusch und ist in Sorge, dass die Gebührenzahler wegen dieses Millionenschadens zusätzlich belastet werden könnten. Der Abfallwirtschaftsbetrieb gehört zum Kommunalreferat und hatte im Jahr 1999 am Georg-Brauchle-Ring in Moosach die Neubauten samt Verwaltungsgebäude, Fahrzeughalle (»Carport«) für die Müllautos, Tiefgarage und Werkstätten bezogen. Das hochmoderne Membrandach der Carporthalle war nach starken Schneefällen am 9. März 2006 teilweise eingestürzt und hatte etliche der 90 Mülllaster unter sich begraben, Menschen wurden zum Glück damals nicht verletzt. Zugleich rostete wohl damals schon durch die Salzstreuung im Winter das Dach der benachbarten Pkw-Tiefgarage vor sich hin, so dass die Tiefgaragendecke komplett marode wurde: Gleich zwei gravierende Baumängel auf einmal hat der Abfallwirtschaftsbetrieb also beim Bau der AWM-Zentrale zu verkraften.

Die derzeit laufenden Bauarbeiten zum Neubau des Carportdaches und zur Sanierung der Tiefgaragendecke kosten dem AWM zufolge rund 31,8 Millionen Euro. Wer soll das bezahlen? Diese Frage ist bislang noch nicht entschieden und sorgt ebenfalls für heftigen Polit-Streit. CSU-Fraktions-Vize Podiuk berichtete, dass das Revisionsamt vorgeschlagen habe, dass die Stadt die Baukosten übernehmen solle, so dass sie letztendlich also aus Steuergeldern bezahlt werden würden. Podiuk zieht deshalb ein vernichtendes Fazit: »Die Stadt hat gebaut und dabei Mist gemacht und lässt den Steuer- und Gebührenzahler dafür zahlen.« Der Fraktions-Vize kritisiert zudem die »Sorglosigkeit« der städtischen Behörden (Baureferat und Kommunalreferat) beim Bau und bei der Überwachung der Bauarbeiten der AWM-Zentrale am Georg-Brauchle-Ring. Die beiden Behörden schieben sich nach Ansicht der Münchner CSU den Schwarzen Peter gegenseitig zu: »Das Kommunalreferat gibt dem Baureferat die Schuld und das Baureferat gibt dem Kommunalreferat die Schuld«, sagt Fraktions-Vize Podiuk. Alexander Reissl, Chef der SPD-Stadtratsfraktion, sieht den Fall anders: Es handele sich um einen »verdeckten Baumangel«.

Reissl kann nicht beurteilen, »ob der Abfallwirtschaftsbetrieb diesen verdeckten Baumangel hätte früher entdecken müssen.« Doch eins stehe unzweifelhaft fest: Als die städtischen Behörden reagiert haben, »waren sämtliche Gewährleistungsfristen verstrichen«, erklärte Reissl auf Nachfrage. Im Übrigen habe der Rechnungsprüfungsausschuss des Stadtrates in nicht-öffentlicher Sitzung den größten Teil des Berichtes des Revisionsamtes lediglich zur Kenntnis genommen.

Den Vorschlag des Revisionsamtes, die Baukosten in Höhe von rund 31,8 Millionen Euro durch die Stadt und damit durch Steuergelder zu finanzieren, empfindet Reissl als »völlig unlogisch«. Denn der Abfallwirtschaftsbetrieb sei ein – wenn auch städtisches – Unternehmen, und »jedes Unternehmen muss für Schäden an seinem Gebäude selbst aufkommen« – wie natürlich auch jeder private Hausbesitzer, betonte der Chef der Rathaus-SPD. Deshalb werde die rot-grüne Mehrheit im Stadtrat vorschlagen, die Kosten für den Baupfusch an der AWM-Zentrale über die Müllgebühren zu finanzieren. »Die Müllgebühren müssen deshalb aber nicht erhöht werden«, stellte Reissl klar. Denn der Abfallwirtschaftsbetrieb könne die Summe aus seinen Rücklagen nehmen.

Zweiter Werkleiter Helmut Schmidt, Chef des Abfallwirtschaftsbetriebes am Georg-Brauchle-Ring, bestätigte dies bei einem Ortstermin in der AWM-Zentrale am vergangenen Montag. Geplant sei allerdings, lediglich die Sanierungskosten in Höhe von 15,4 Millionen Euro für die derzeit laufende Großreparatur der Tiefgaragendecke aus den Rücklagen zu finanzieren. Diese Rücklagen entstünden unter anderem durch die Erlöse aus der Wiederverwertung des durch die blaue Tonne eingesammelten Altpapiers der Bürger sowie durch das Recycling von Altmetall. Man habe für den Schaden an der Tiefgaragendecke frühzeitig Rücklagen gebildet. Ohne diese Großreparatur hätte der Abfallwirtschaftsbetrieb bei der letzten Gebührensenkung für die Müllabfuhr die Müllgebühren um 2,5 Prozent mehr senken können, so Schmidt. Doch das wäre lediglich ein Betrag von zwei bis vier Euro pro Jahr gewesen, hätte also den Geldbeutel der Gebührenzahler minimal entlastet. Die Sorge der Rathaus-CSU, dass die Gebührenzahler wegen des Baupfusches an der AWM-Zentrale zusätzlich belastet werden könnten, entkräftete Zweiter Werkleiter Schmidt am vergangenen Montag mit der Ankündigung, dass »wir beim nächsten Mal im Jahr 2013 die Gebühren sicher nicht erhöhen werden.«

Beim Abfallwirtschaftsbetrieb geht man aktuell davon aus, dass die Sanierung der Tiefgaragendecke im Laufe des nächsten Jahres beendet sein wird. Demnächst wiedereröffnet werden soll hingegen die Fahrzeughalle für die Mülllaster, und zwar am 11. November. Handwerker legen derzeit letzte Hand an am neuen sogenannten Carportdach der Fahrzeughalle, das aus Luftkissen besteht. Die Kosten für den Neubau des Daches sind dem AWM zufolge mit 10,7 Millionen Euro veranschlagt. Es sei geplant, diese Summe nicht durch Rücklagen, sondern im Rahmen der Vermögensfinanzierung über Kredite zu bezahlen und die Summe außerdem in den nächsten Jahren abzuschreiben, so Schmidt. Ebenfalls nicht aus den Rücklagen finanzieren wolle man die restlichen 5,7 Millionen Euro (zur Beschichtung des Carportdaches und für Ersatz-Stellplätze): Diese Summe solle aus den laufenden Betriebskosten des Abfallwirtschaftsbetriebes bezahlt werden. Die Aufarbeitung des Falles soll noch in diesem Herbst erfolgen: Am 23. November wird sich die Vollversammlung des Stadtrates mit dem Bericht des Revisionsamtes beschäftigen und am 8. Dezember der gemeinsame Bau- und Kommunalausschuss des Stadtrates. ws

Artikel vom 18.10.2011
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