„Da schau her!” – Albrecht Ackerland über Wahrzeichen

München · Zum Thema: „Munich Surffestival”

München · Neulich war ich mit meinem dreijährigen Neffen unterwegs. Das Wetter war schön, wir fuhren mit dem Radl durch die Stadt. Samstagmittag, ein herrlicher Tag für eine solche Kontrollfahrt durch München. Isar. Viktualienmarkt.

Surfen am Eisbach

Ein Schlenker zur Wiesn, dort stand schon ein wenig hilflos der Kopf vom Löwenbräu-Löwen umeinander, übermannshoch und nur darauf wartend, dass sie ihm seinen Turm endlich aufstellen. Der zweite Löwe, der vom Zelteingang, der Löwe der dort über den Türen im perfekt münchnerischen Takt seine Maß zum Mund führt, der lag auch schon parat. Wunderbar konnte ich meinem Neffen zeigen, wie der Kippmechanismus funktioniert. Ihn interessierte das kaum, mich und ein paar ältere Herrschaften, die dort ebenfalls nach dem Rechten sahen, umso mehr. Es hatte etwas unbandig beruhigendes, dass der Löwe ohne Hydraulik, Disneyland-Technik, ohne Pumpen und eine Vielzahl von Motoren saufen kann. Drei, vier Zahnräder und ein paar rostige Radlketten reichen. Ich war nie ein großer Freund des Löwenbräu-Bieres, aber dem Wiggerl Hagn sein Zelt auf der Wiesn ist einfach phantastisch – und der saufende Löwe in der Welt mit Sicherheit bekannter als jedes Münchner Kindl. Mein Neffe fragte, wo denn jetzt die Karussells eigentlich aufgebaut werden, und ob nicht eins vielleicht schon läuft. Zuerst sind die Zelte dran, erklärte ich, woraufhin er kundtat, es sei nun Zeit, weiterzufahren. Er wusste intuitiv, dass er für die Zelte auf dem Oktoberfest einfach noch zu klein ist.

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Ich war begeistert. Wir radelten in Richtung Englischer Garten. Am Haus der Kunst vorbei, über den Eisbach, dann scharf rein in den Park. Mein Neffe war mit dem Chinesischen Turm bereits bestens vertraut, aber was ihn gleich nach dem Abbiegen hier erwarten sollte, davon ahnte er nichts. Ich ahnte allerdings auch nicht, wie sehr ihn das Spektakel gleich begeistern sollte. Ich stieg vom Radl, nahm ihn vom Sitz und wir gingen vor zum Bach. Zur Welle! Was er sah, bannte ihn. Wie angewurzelt stand er da, offener Mund, die Hände vor Konzentration zu Fäusten geballt. So ging das eine geschlagene halbe Stunde lang. Keine Regung. Das ist viel für einen Dreijährigen. Mir wurde klar: Der wird hier nicht zum letzten Mal gewesen sein. Und irgendwann kommt der Tag, wo er sich ein Brettl wünscht. Und Surfer wird.

Es ist wahrscheinlich die erfrischendste Sehenswürdigkeit der Stadt (noch vor einer China-Turm-Maß im Schatten): die waghalsigen Jungs und Mädels, die die Eisbachwelle reiten. So etwas, auch noch nahezu im Zentrum, bietet keine andere Stadt der Welt. Dafür können wir wirklich dankbar sein. Da kann dann auch leider kein Löwe mithalten.

Artikel vom 28.07.2011
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