Leere Glockenstube beherbergt bald ein 58-stimmiges Geläut

Au · Carillon für Mariahilf

Ungenutzten Glockenstube von Mariahilf, wo das  Carillon seinen Platz finden wird. 	Foto:  Mariahilf

Ungenutzten Glockenstube von Mariahilf, wo das Carillon seinen Platz finden wird. Foto: Mariahilf

Au · Fünf große hängen schon oben. Bald sollen ein Stockwerk tiefer weitere 58 kleinere dazu kommen, dann wäre das 63-stimmige Geläut komplett. Dann hätte München erstmals seit 2007 wieder ein Carillon. Dabei handelt es sich um ein instrumental spielbares, großes Glockenspiel, das sich typischerweise in einem Turm oder einem eigens errichteten Bauwerk befindet.

München hat wieder ein Carillon

Münchner Auer Dult: Maidult, Jakobidult und Kirchweihdult am Mariahilfplatz

Jeder kennt zum Beispiel den Schlag des Big-Ben-Glockenspiels in London. München hatte schon mal ein Carillon. 1972 wurde es anlässlich der Olympischen Spiele im Olympiapark errichtet und 2007 wegen der Neuüberplanungen des Parks abgebaut. Seither ruhen dessen Glocken im Lager; wann es wieder aufgebaut und bespielt werden wird, ist unklar. Ganz bestimmt vorher erklingen wird das Carillon in Mariahilf. Eine Initiative, die 2008 gestartet wurde, ist fast an ihrem Ziel angelangt. Die »treibenden Kräfte« dahinter waren Pfarrer Markus Gottswinter und Mesner Richard Schmidt. Gottswinter: »Als Stadtpfarrer von Mariahilf freue ich mich, dass unser Kirchturm eine zweite Glockenstube besitzt. So können wir ohne großen Aufwand dazu beitragen, dass München wieder ein Carillon bekommt.« Und Schmidt freut sich: »Keiner hat geglaubt, dass wir so schnell unser Ziel erreichen würden.« Unermüdlich haben sie die letzten Monate mit Ausstellungen und Sonderaktionen anlässlich der Auer Dulten daran gearbeitet, dass bald Glockenmelodien zu besonderen Festtagen über den Mariahilf-Platz klingen, »etwa an Weihnachten, bei Taufen und Hochzeiten, auch Konzerte während der Dultzeiten sind angedacht«, so Schmidt.

Konzerte? Im Gegensatz zu einem üblichen Glockengeläut wird ein Carillon ähnlich einer Orgel gespielt. Der Carillonneur sitzt in einer Spielkabine am Spieltisch genau unterhalb der Glocken, wo er Stäbe mit der offenen Faust schlägt und damit über Seilzüge die Klöppel der einzelnen Glocken betätigt. Die tiefen Glocken, also auch die fünf großen Läuteglocken in der oberen Stube werden mit den Füßen über Pedale gespielt. Mit seinen 63 Glocken und einem Gewicht von insgesamt rund 22 Tonnen würde das Münchner Carillon in Mariahilf Bayerns größtes Glockeninstrument werden. In München gibt es derzeit vier Carillonneure, darunter eine Frau, die sich schon auf die Ankunft des Instruments freuen. Aber auch Pfarrer Gottswinter wird sich an den Glocken versuchen. »Ich habe schon auf dem Olympia-Carillon und auf zwei Carillons in Frankreich gespielt. Als Organist hat man eine gewisse Affinität zu dem Instrument«, so Gottswinter.

Spenden immer noch willkommen

Bis es soweit ist, müssen Pfarrer und Mesner noch mal kräftig die Werbetrommel rühren. Zwar sind schon 300.000 Euro beisammen und bis auf eine haben alle Glocken schon einen Paten gefunden; die teuerste mit 35.000 Euro wurde von einer Brauerei gestiftet. Aber für Glockenstuhl, Montage und Spieltisch fehlen noch etwa 185.000 Euro.

Gebaut wird das Carillon von der niederländischen Firma »Royal Eijsbouts«, die für den Glockenguss verantwortlich ist (von ihr stammt auch das Olympiapark-Carillon) und der österreichischen Firma »Gloria Läuteanlagen«, welche den Glockenstuhl aus Lärchenholz anfertigt und die Montage übernimmt. Ein Modell des Carillons ist im Eingangsbereich der Mariahilfkirche zu besichtigen. Musikalisch ist ein Carillon äußerst vielseitig; von Barock bis Rock, von Bach bis zu den Beatles ist alles möglich. Allerdings müssen die Stücke meist neu arrangiert werden. In den komplexen Akkorden müssten zu viele Töne gleichzeitig erklingen; würde man sie so auf dem Carillon spielen, ergäbe sich ein zäher Klangbrei. Von den bekannten Komponisten hat nur Händel ein Werk speziell für Carillon geschrieben. Am häufigsten werden die Kompositionen des Belgiers Matthias van den Gheyn (1721-1785) gespielt, dem »Bach des Carillons«.

Wann erklingt nun das Mariahilf-Carillon zum ersten Mal? Ursprünglich hatte sich Pfarrer Gottswinter bescheidene Ziele gesetzt: die 175-Jahr-Feier der Kirche – das wäre 2014. Aber so wie es aussieht, wird sich noch dieses Jahr die leere Glockenstube füllen. »Da wir weit mehr als die vom Ordinariat geforderten 60 Prozent des Betrages zusammen haben, können die Glocken demnächst gegossen werden. Unser Carillon könnte schon zur diesjährigen Herbstdult oder zur Maidult 2012 erklingen.« Gabriele Heigl

Artikel vom 25.01.2011
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