Schon draußen über dem Eingang der Richelstraße 26 werden Besucher, Nachbarn und Spaziergänger auf das hingewiesen, was sich im Inneren tut. „Richelbräu” steht dort in großen Lettern. Eröffnet wurde die Neuhauser Hausbrauerei, die von Günther Baumann schon vor Jahren gegründet und jetzt so richtig in Betrieb gegangen ist, mit einem Fest in der vergangenen Woche.
Ein 70-Liter-Braukessel und ein kleiner 20-Liter-Kessel stehen im Keller, den die Bewohner dafür extra geräumt und umgestaltet haben. „Wir sind öfter mal zum Sperrmüll gefahren”, sagt Hausbesitzer Günther Baumann, der einen Teil der nun leeren Räume neben Brauerei und Bräustüberl als Ausstellungsfläche für sein „CasaNova”-Projekt nutzt.
Der venezianische Abenteurer und Frauenheld ist allgegenwärtig in der Richelstraße 26. Im Durchgang haben zahlreiche Filmplakate ihren Platz gefunden, die auf Casanova und seine Nachfolger hinweisen. In den Kellerräumen zieren Fotos vom Carneval in Venedig die Wände, und eine kleine Skulptur der Künstlerin Elisabeth Segerer, die im Künstlerhof arbeitet und in der Richelstraße wohnt, zeigt Casanovas Flucht aus Venedig — in einer Gondel, unter dem Rock einer Dame. Und dann gibt es da noch einen mit Vorhang verhüllten Kellerraum, den man laut kleinem Schild am Eingang zwecks Jugendschutz erst ab 18 Jahren betreten darf. Motto des Separees ist ein Ausspruch Casanovas: „Wer schläft, sündigt nicht — wer vorher sündigt, schläft besser”.
Sogar das Bier des Richelbräus ist nach dem galanten Schürzenjäger benannt, und das aus gutem Grund. Zum einen hatte Giacomo Casanova während seiner Reisen auch einmal Zwischenstopp in München gemacht. Etwa drei Wochen lang weilte er an der Isar. Zum anderen kann man Casanova sprachlich gemischt und etwas unkonventionell mit „Neuhausen” übersetzen, was Günther Baumann zu der nicht ganz ernst gemeinten Aussage veranlasste, dass der italienische Verführer wohl ein Neuhauser gewesen sein muss.
Gebraut wird Helles, Weißbier, Märzen, Pils, Dunkles und Bock. „Wir probieren alles aus”, konstatiert Alois Kick. Er hat sich im Laufe der Zeit mit der Kunst des Bierbrauens bestens vertraut gemacht und ist der maßgebliche Hobbybraumeister der Hausgemeinschaft. Denn die Hausbrauerei hat bereits eine lange Vorgeschichte. Günther Baumann hatte die Idee dazu schon vor 13 Jahren und gab sogar so etwas wie Aktien dafür aus. Natürlich hätten die Aktionäre dann immer wieder gefragt, wann es nun endlich Bier gäbe, meinte Baumann bei der Eröffnung. Aber nach dem Motto „es pressiert nicht” habe man das tatsächliche Gründungsdatum immer wieder verschoben.
Für die Hausbewohner brauen Alois Kick und Günther Baumann allerdings schon seit etwa drei Jahren sporadisch das „CasaNova-Bier”. „200 Liter im Jahr sind zollfrei. Für alles andere muss man Steuern zahlen, etwa zwei bis drei Cent pro Liter”, erläutert Baumann die Vorschriften rund um den Gerstensaft. Vor einigen Monaten besuchte er mit Alois Kick erstmals auch den Hausbrauer-Stammtisch und stellte fest, dass dieser eine gut besuchte Einrichtung in München ist.
Zum Eröffnungsfest am 4. Juni kamen dann auch etliche der Hausbrauer und brachten einen Sack Malz und selbstgebrautes Bier zum Einstand mit. Die älteste Besucherin des Festes war Günther Baumanns 91-jährige Tante, die im allgemeinen Trubel wunderbar gelassen blieb. Natürlich hatten sich auch die Hausbewohner eingefunden und außerdem viele Mitglieder des Bezirksausschusses Neuhausen-Nymphenburg. BA-Vorsitzende Ingeborg Staudenmeyer hatte seinerzeit einige der Aktien gekauft und freute sich, dass es nun endlich losging. „Wir haben sehr vieles in Neuhausen”, meinte sie. „Aber eine Brauerei hat uns gefehlt.”
Die Hausbrauerei ist mit ihren Veranstaltungen Teil des Programms zum 850. Stadtgeburtstag. Den Richelbräu und die Casanova-Ausstellung in der Galerie zum Gärkeller kann man bis zum 31. Oktober jeweils donnerstags bis sonntags von 15 bis 19 Uhr besichtigen. Der Eintritt beträgt mit Bierprobe zwei Euro.