Veröffentlicht am 21.11.2001 00:00

Der »gute Geist« von der Au

Vor fast genau 200 Jahren wurden in München erstmals Straßenschilder aufgestellt. Seitdem wird mit der Namensgebung von Straßen und Plätzen auch oft an verdiente Persönlichkeiten erinnert.

Eine davon ist Schwester Eubulina, nach ihr wurde jetzt der Platz nördlich des Tassiloplatzes in der Au benannt.

Der Verein „Freunde der Vorstadt Au e.V.“ und der Bezirksausschuss 5 hatten lange dafür gekämpft. Am 7. Dezember 2000 beschloss der zuständige Kommunalausschuss die Namensgebung.

Schwester Eubulina (mit bürgerlichem Namen Walburga Wegener) trat 1919 ins Mallersdorfer Kloster ein. Von 1924 bis 1986 war sie im Adelgundenheim in der Au tätig.

62 Jahre hindurch galt ihr rastloser Einsatz den Heimkindern, für deren große und kleine Sorgen sie stets ein offenes Ohr hatte.

Bei Mitschwestern und Angestellten war sie sehr beliebt und auch ehemalige Heimkinder erinnern sich noch heute gerne an sie.

Sie galt als der „gute Geist des Hauses“.

„Schwester Eubulina war war eine Frohnatur“, schrieb Adolf Plechninger, Vorsitzender der Freunde der Vorstadt Au, in seinem Antrag.

„Sie war musikalisch sehr begabt und hatte sich in Gesang und Instrumentalmusik eifrig weitergebildet. So konnte sie als Musikschwester die Kinder unterrichten.“

Bürgermeisterin Gertraud Burkert würdigte in ihrer Ansprache zur Gedenkfeier besonders Eubulinas Engagement während des Zweiten Weltkriegs.

Vier „ihrer“ Heimkinder waren Juden. Zusammen mit Heimleiter Inspektor Bauer konnte Schwester Eubulina dies vertuschen. Bauer lies Akten verschwinden. Schwester Eubulina nahm sich der vier Kleinkinder an und versteckte sie vor SS-Kontrollen.

1943 organisierte sie die Evakuierung aller Kinder aufs Land. Stundenlang stand sie um Lebensmittel und Kleiderkarten für die Kinder an.

Ab 1944 hielten sie und ihre Mitschwestern mit Sauerstoffmasken ausgerüstet, Tag und Nacht Wache, um Bombeneinschläge zu löschen.

Einer der schwersten Tage im Leben von Schwester Eubulina war der 12. Juli 1944, als eine schräg einfallende Bombe das Adelgundenheim traf. Die Jugendleiterin und neun Lehrmädchen kamen dabei ums Leben. Zusammen mit dem Heimleiter und dem Pfarrmesner zimmerte Eubulina die Särge.

Auch in der Zeit des Wiederaufbaus half die Ordensfrau unermüdlich mit. Im Winter 1946 galt es in dem zerstörten Heim die zurückkehrenden Adelgundenkinder, heimatlose Flüchtlingskinder und Kinder aus aufgehobenenen NS-Heimen zu versorgen - ohne Heizung, mit Pappe statt Fensterscheiben.

Am 28. November 1986 starb Schwester Eubulina überraschend im Adelgundenheim.

„Ich freue mich, das nun ein Platz in München nach der ehrwürdigen Schwester Eubulina benannt ist“, so Bürgermeisterin Burkert. „Mit der Bennenung soll jedoch nicht nur ihr, sondern stellvertretend auch der Mallersdorfer Schwestern gedacht werden, die über 100 Jahre im Adelgundenheim in der Pöppelstraße und im Haidhauser Maria-Theresia-Heim segensreich gewirkt haben.“

„Im Bezirksausschus Au-Haidhausen hat sich eine schöne Tradition gebildet: Frauen, die sich besonders für die Gemeinschaft der BürgerInnen eingesetzt haben, zu ehren und an den Stätten ihres Wirkens Tafeln anzubringen und Plätze nach ihnen zu bennen“, so Stadträtin und BA-Vorsitzende Adelheid Diet-Will.

So sind bereits Plätze nach Zita Zehner und Genoveva Schauer benannt. ct

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