Veröffentlicht am 03.07.2014 00:00

Wie arbeitet die Münchner Polizei beim Public Viewing?

PI-43-Dienststellenleiter Roland Helmig ist für die Einsätze zur Weltmeisterschaft verantwortlich.	 (Foto: S.Schindler)
PI-43-Dienststellenleiter Roland Helmig ist für die Einsätze zur Weltmeisterschaft verantwortlich. (Foto: S.Schindler)
PI-43-Dienststellenleiter Roland Helmig ist für die Einsätze zur Weltmeisterschaft verantwortlich. (Foto: S.Schindler)
PI-43-Dienststellenleiter Roland Helmig ist für die Einsätze zur Weltmeisterschaft verantwortlich. (Foto: S.Schindler)
PI-43-Dienststellenleiter Roland Helmig ist für die Einsätze zur Weltmeisterschaft verantwortlich. (Foto: S.Schindler)

Fußballweltmeisterschaft, das heißt auch: Das Stadion wird zum Wohnzimmer. Statt auf die heimische Couch zieht es die Massen zum Public Viewing. Wer Fußball guckt, tut es am liebsten mit Hunderten.

Bei der WM 2006 hat der Hype begonnen. Und er hält an: Heuer, beim Spiel Deutschland

gegen Portugal beispielsweise kamen alleine ins Münchner Olympiastadion 10.500 Fußballbegeisterte, um kollektiv mitzufiebern.

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Doch wo die einen jubeln und anfeuern, tun andere ihren Dienst. Auch in diesem Jahr stockte die Münchner Polizei laut eines Polizeisprechers überall die Nachtschichten auf.

Könnte anstrengend werden. Doch Roland Helmig, Chef der Polizeiinspektion Olympiapark (PI 43) an der Moosacher Straße, sieht den WM-Wochen trotzdem gelassen entgegen, als wir ihn wenige Tage nach WM-Start zum Interview treffen. Besonders die Public Viewings würden so gut wie keine Probleme machen. »Kaum eine Veranstaltung läuft friedlicher ab«, sagt Helmig, der selbst gerne Fußball schaut. Besonders gerne erinnere er sich an die WM 2006: »Wir waren 34 Tage lang im Einsatz, das Wetter war ziemlich heiß, wir haben geschwitzt, aber ich habe noch nie so einen schönen Einsatz erlebt, es war ein regelrechtes Freudenfest.« Fans aller Nationen hätten sich mit den Polizisten fotografieren lassen, ihnen ihre Nationalfarben auf die Wangen gemalt und sie manchmal sogar im Begeisterungstaumel umarmt.

»Die Leute wollen feiern, die wollen keinen Ärger machen«, resümiert Helmig. Hooligans, wie sie etwa bei anderen Fußballspielen zu erwarten sind, würden bei Public Viewings nicht auftauchen. Trotzdem seien jedes Mal Spezialisten aus dem Fußballbereich vor Ort, die die sogenannten »Problemfans« kennen, also solche herausfiltern können, die Rabatz machen wollen. Regulär setzt Helmig für ein Public Viewing im Olympiastadion – Auslastung beim WM-Gucken maximal 30.000 Zuschauer – 60 bis 40 Polizeibeamte ein, die jedoch teilweise auch aus anderen Dienststellen kommen. »Kein Einsatz ist wie der andere, das wird jedes Mal neu angepasst«, berichtet Helmig, »wir von der Polizei sind für den strafprozessualen Bereich und die Gefahrenabwehr zuständig«.

Jeder Polizist hat vor Ort seinen Zuständigkeitsbereich. Die einen koordinieren die Verkehrsströme und kümmern sich unter anderem darum, dass die Zufahrten frei bleiben. Andere haben kriminalpolizeiliche Aufgaben, etwa, wenn es darum geht, jemanden festzunehmen. Auch Drogenspezialisten und Zivilkräfte sind unterwegs. »Beim Public Viewing gehen wir nicht von schweren Delikten aus, auch terroristische Bedrohungen stehen nicht im Vordergrund, wie unsere Erfahrungen bisher gezeigt haben«, berichtet der Dienststellenleiter. »Oder anders gesagt: Beim Public Viewing können sich die Bürger sicher fühlen.« Es könne höchstens mal passieren, dass man ein paar Spritzer Bier vom jubelnden Nachbarn abkriegt, meint Helmig lächelnd. »Und sollte einer so betrunken sein, dass er das Spiel nicht zu Ende schauen kann, darf er sich bei uns ausruhen, bis er wieder nüchtern ist.«

Droht allerdings doch einmal ernsthafte Gefahr, gilt für die Einsatzkräfte vor Ort: Nicht rennen. »Würden wir loslaufen, dann würde sofort der Eindruck entstehen, dass etwas Schlimmes passiert ist.« Und das dürfe nicht sein. »Wichtig ist, Panik auf jeden Fall zu vermeiden.« Und wie sieht es mit Anzeigen wegen Ruhestörung aus? »Hier im Olympiapark gibt es deshalb keine Beschwerden, die WM-Veranstaltungen werden von der Bevölkerung größtenteils akzeptiert«, so Helmig. Auch wenn es mal länger dauert. Heuer beginnen wegen der Zeitverschiebung manche Spiele um 22 Uhr oder sogar erst um Mitternacht. Die Bundesregierung hat bereits vorgesorgt mit einer Sonderverordnung für den Lärmschutz rund um die WM, wonach Live-Übertragungen mit Genehmigung der lokalen Behörden auch über 22 Uhr hinaus erlaubt sind. Der Dienstbereich der PI 43 mit seinen 135 Mitarbeitern umfasst im Nordwesten Münchens in den Stadtteilen Hasenbergl, Lerchenau, Feldmoching, Harthof und Fasanerie eine Fläche von knapp 32 Quadratkilometern auf der etwa 77.000 Bürger

leben.

Jenseits der Public Viewings gibt es auf dem Olympiagelände an 300 Tagen im Jahr Veranstaltungen, zu denen jährlich vier Millionen Besucher kommen, unter anderem Open-Air-Events, sportliche Wettbewerbe und klassische und moderne Konzerte. Helmig erinnert sich da an nicht immer so unproblematische Einsätze, wie vor etwa sechs Jahren als die Band AC/DC im Olympiastadion auftrat und die ohnehin laut aufgedrehte Musik wegen der Wetterlage bis nach Taufkirchen und Unterhaching zu hören gewesen sei. Damals habe es rund 100 Einsätze wegen Ruhestörung gegeben. Ein anderer ungewöhnlicher Fall: Als die Teenie-Band »Tokio Hotel« ein Konzert gab, nächtigten Kinder vor den Toren, um sich nach dessen Öffnung einen der besten Plätze sichern zu können. Doch daraus wurde nichts. »Wir haben 320 Schulschwänzer aufgegriffen und sie den Eltern übergeben oder in die Schule gebracht«, erzählt Helmig. Und dann war da diese Sache mit dem Glassplitter, der während eines Konzerts im Becher einer Besucherin landete. Die meldete das sogleich der Polizei. In Kooperation mit der Feuerwehr fand man schließlich heraus, dass ein Scheinwerfer geplatzt war. Da er nur teilweise kaputt war und noch weitere Glasscherben zu erwarten waren, die Anwesenden hätten verletzen können, musste der ganze Bereich geräumt werden. »Wir mussten 600 Leute umquartieren«, so Roland Helmig. Von Sylvie-Sophie Schindler

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