Carmen Köngeter hat einen verantwortungsvollen Job. Die Sozialpädagogin und Adoptionsfachkraft für den Landkreis Ebersberg muss für Kinder, die nicht bei ihren leiblichen Eltern aufwachsen können, entscheiden, wo sie künftig leben werden.
Neun kinderlose Paare im Kreis Ebersberg warten derzeit darauf, ein Kind adoptieren zu können, doch laut Köngeter werden dort jährlich nur etwa zwei bis drei Kinder vermittelt alle zwei bis drei Jahre ein deutsches Kind und pro Jahr etwa zwei Kinder aus dem Ausland. Hinzu kommen allerdings noch sogenannte Stieffamilien- und Verwandten-Adoptionen, bei denen beispielsweise ein neuer Lebenspartner das Kind des anderen Partners adoptiert oder Verwandte bei Tod der Eltern die Kinder aufnehmen. In jedem Fall muss die Pädagogin prüfen, ob sich das Kind bei seinen Adoptiveltern wohl- fühlen würde. Nach einem ersten Gespräch folgt ein Bewerberseminar, das zusammen mit den Vermittlungsstellen der Landkreise Rosenheim, Mühldorf, Traunstein, Altötting und Berchtesgadener Land stattfindet. Anschließend werden die Familien und das Umfeld weiter in Gesprächen und Hausbesuchen geprüft: Wo und wie würde das Kind leben, hat das Paar bereits Erfahrung mit Kindern, wie belastbar sind die künftigen Eltern? Es gibt auch Kinder mit Einschränkungen, psychischer oder körperlicher Art. »Das bedeutet natürlich eine zusätzliche Herausforderung«, so Köngeter.
Kommt es zu einer Adoption, ist der Prozess nicht unbedingt abgeschlossen. Die Eltern und Kinder werden weiterhin nach Bedarf betreut beziehungsweise beraten. Das Thema ist nach wie vor sensibel, auch wenn es offener gehandhabt wird als noch vor 20 Jahren. Früher hat man laut Köngeter den Kindern verschwiegen, dass sie adoptiert wurden: »Sie litten fast immer an psychischen Problemen, weil sie spürten, dass etwas nicht stimmt.« Heute würden die Kinder von Anfang an in den Prozess eingebunden, genauso wie die Herkunftsfamilie und die Vorgeschichte des Kindes«, erklärt die Adoptionsfachkraft. Trotzdem könne es vor allem in der Pubertät, in der es in normalen Familien schon schwierig werden kann, zu Problemen kommen. »Bei einem Fall war es zum Beispiel so, dass durch die Identitätskrise eine Unterbringung in einer heilpädagogischen Einrichtung erforderlich war«, so Köngeter.
Soziale Online-Netzwerke wie zum Beispiel Facebook bergen für Adoptivfamilien große Chancen, aber auch Risiken. Einerseits seien sie eine gute Möglichkeit, Kontakt zu den leiblichen Eltern oder Geschwistern aufzunehmen oder zu pflegen, andererseits lauern auch Gefahren. So hat es mal laut Köngeter einen Fall gegeben, da meldete sich übers Internet eine vermeintliche leibliche Mutter, die schrieb, dass sie aufgrund einer Erkrankung dringend Geld bräuchte. Es stellte sich dann heraus, dass es eine Betrügerin war. Aus diesem Grund planen die Adoptionsfachkräfte im Herbst die jährliche Fortbildung für Adoptiveltern zu diesem Thema.
Hilfreich in jeder Hinsicht sind die gemeinsamen Ausflüge von Adoptivfamilien aus der Region einmal pro Jahr. Die Eltern würden die Möglichkeit schätzen, offen über ihre Erfahrungen sprechen zu können und für die Kinder sei es bereichernd, mit anderen adoptierten Kindern verschiedener Herkunft und Hautfarbe spielen zu können, erzählt Köngeter. Die letzte Fahrt, an der 32 Adoptivfamilien teilnahmen, führte ins Steinzeitmuseum in Siegsdorf.
Für den Herbst planen die Adoptionsfachkräfte eine Fortbildung für Adoptiveltern zum Thema »Neue Medien Chancen und Risiken im Kontakt zur Herkunftsfamilie«.
Wer im Landkreis Ebersberg ein Kind adoptieren oder auch ein Pflegekind aufnehmen möchte, wendet sich an die Adoptionsvermittlungsstelle des Kreisjugendamtes am Landratsamt Ebersberg, Eichthalstraße 1 (AOK-Gebäude). Ansprechpartnerin ist Carmen Köngeter, Tel. 0 80 92/82 32 63. Sybille Föll