Es ist für Stadt und Freistaat ein echtes Renommierprojekt mehr noch, der aktuell größte Klinikneubau im Freistaat: Bis 2020 soll das Klinikum Harlaching sein Gesicht baulich stark verändern. Rund 266 Millionen Euro dürfte der Neubau und die Erweiterung nach Schätzung von Experten kosten.
Anstelle der vor Jahren geplanten Generalsanierung soll das Hauptgebäude komplett abgerissen werden und weiter westlich in Richtung der Geiselgasteigstraße ein völlig neues Klinikensemble entstehen. In der vergangenen Woche stimmten sowohl der Bezirksausschuss Untergiesing-Harlaching wie auch der städtische Gesundheitsausschuss der noch in der früher Projektphase befindlichen Gesamtmaßnahme grundlegend zu. Ganz anders gestaltet sich das Meinungsbild aber bei den AnwohnerInnen. Denn der im Zuge der Neubauplanungen avisierte zweite Landeplatz für Rettungshubschrauber zur verbesserten Notfallrettung treibt derzeit viele Harlachinger auf die Barrikaden. Rund 80 besorgte Bürger weilten allein in der letzten BA-Sitzung und machten ihren Ängsten Luft.
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Bürger befürchten Lärmbelastung
Sie haben Angst um ihre Ruhe und fürchten sich vor einem sinkenden Wohnwert ihrer Immobilien. Doch bereits in dieser Woche will die Vollversammlung des Stadtrates die Pläne endgültig absegnen.
Die vorrangig aus dem Bereich der Geiselgasteigstraße zur BA-Sitzung gekommenen Bürger ärgern sich in diesen Tagen besonders, nach ihrer Ansicht vonseiten der Stadt nicht frühzeitig über die umfassende Planung informiert worden zu sein. Die Klinik GmbH und Projektbeteiligte hatten eigens eine hochrangig besetzte Delegation in den Bezirksausschuss entsandt, um im Laufe einer rund zweieinhalb stündigen Themenberatung das eigene Vorgehen zu verteidigen und Details vorzustellen. Franz Hafner als Geschäftsführer der städtischen Klinikum München GmbH unterstrich dabei die vor allem auf finanziellen Aspekten beruhende Bedeutung einer frühzeitigen Zustimmung der Stadt zum Projekt. Nur wenn der Stadtrat zeitnah über die Eckdaten befinde und diese absegne, könnte das Bauvorhaben rechtzeitig in das Jahreskrankenhausbauprogramm des Freistaates aufgenommen und so der ehrgeizige Zeitplan bis 2020 auch eingehalten werden. Nach den aktuellen Plänen soll sich auf Harlachings Klinikterrain viel verändern: nur Laserzentrum und zwei alte, denkmalgeschützte Bestandsgebäude bleiben erhalten.
Dagegen soll in einem ersten Bauabschnitt möglichst bereits ab 2012 ein neuer, fünfgeschossiger Gebäudequader im Westen des Klinikums an der Geiselgasteigstraße entstehen. Im Osten des Krankenhausareals werden im Gegenzug dafür Flächenressourcen frei, die nach Planspielen der Stadt möglicherweise auch an einen Investor veräußert werden könnten. »Bei dieser Neuplanung steht nur der Kommerz im Vordergrund«, schimpfte der örtliche CSU-Stadtrat Reinhold Babor in der BA-Sitzung. »Von einer Klinik im Grünen wie bisher kann man dann nicht mehr sprechen«, ergänzte er mit Blick auf die geplante große Ballung der Bauten. Das einst langgestreckte Neubaumodell verteilt auf große Areale des Gesamtgeländes werde geopfert, um im Westen des Klinikums vonseiten der Stadt große Flächen verkaufen zu können.
Streitfokus Landeplatz
Vor allem am geplanten, neuen Hubschrauberlandeplatz im Westen des Klinikterritoriums erhitzten sich die Gemüter. Eigentlich hatten die Architekten und Projekter in der Ausgangsplanung nicht zuletzt aus Kostengründen einen Bodenlandeplatz avisiert der käme »nur« rund 400.000 Euro teuer und wäre reichlich preiswerter zu realisieren als ein technisch aufwendiger zu erstellender Dachlandeplatz für rund 2,5 Millionen Euro. Doch nach Ansicht von ADAC-Chefluftretter ergibt sich in Harlaching gar keine Alternative zur Dachlandung. Begründung: aus Sicherheitsgründen und mit Blick auf die vor Ort zu fliegende Ost-West-Schneise sei nur die Dachlösung auch genehmigungsfähig.
Rund 250 bis 300 Flugbewegungen pro Jahr müssten auch künftig jährlich in der Krankenhausflugrettung eingeplant werden neben den rund 1.300 Flügen des ADAC mit Ausgangs- oder Landepunkt Harlaching. Viele Anwohner befürchten gerade im Zuge der aufwendigen Neugestaltung eines solchen Dachlandeplatzes auch eine deutliche Mehrung der Flugbewegungen. Klinikleitung und ADAC mochten dies nicht bestätigen. Dagegen warben die Fachleute für Unterstützung: »Bei den Notfallpatienten zählt oft jede Sekunde, da brauchen wir optimale Bedingungen«, so Stolpe. Schließlich gehe die Rettung eines Menschenlebens klar vor. Allerdings sicherten Klinik-Chef Hafner ebenso wie Umweltreferent Joachim Lorenz »eine enge Einbindung der Bürgervertreter im Bezirksausschuss« im weiteren Planungsverfahren zu und entsprachen damit einer zentralen Forderung des Stadtteilgremiums. »Allerdings sind die Planungen erst in einer Phase der Vorentwürfe wir müssen aber in Sachen Finanzen Klarheit schaffen«, warb Hafner für das Projekt.
Auch der Dachlandeplatz sei längst noch keine beschlossene Sache. Nach Aussage von Florian Kleinert aus den Reihen des verantwortlichen Projektmanagementunternehmens Stein soll im Laufe der weiteren Planungsschritte auch ein Lärmschutzgutachten erstellt werden, das eventuell weitere Alternativlösungen aufzeigen könne. »Sie werden ausreichend und frühzeitig informiert«, warb auch Grünen-Stadtrat Florian Vogel mit Blick auf das Projekt an die Adresse von Bürgern und Bürgervertretern.
Parknot Einhalt gebieten
Eine frühzeitige Informationseinbindung begrüßte auch der Bezirksausschuss nachdrücklich. Dessen Bauausschuss-Vorsitzender Clemens Baumgärtner (CSU) verwies auf das grundsätzlich hohe Einverständnis des Gremiums mit dem Neubauvorhaben. »Allerdings müssen auch die Einwände der Bürgerinnen und Bürger ausreichend gehört und mit einbezogen werden«, mahnte er die Planer.
Dazu gehöre in der verkehrlich sensiblen Gemengelage rund um das Krankenhausgelände auch eine zukunftssichere Verkehrs- und Parkplanung. Konkrete Aussagen gerade zum seit Jahren bestehenden, immensen Parkproblem gab es vonseiten der Projektverantwortlichen an diesem Abend nicht.
Früher diskutierte Neuerungen in Form eines Parkdecks oder eines weitflächigen Tiefgaragenarrangements im Umgriff des Neubaus wurden nicht erörtert. Hier aber müsse der BA künftig in die Entscheidungsfindung frühzeitig und umfassend mit eingebunden werden, so Baumgärtner mit Rückendeckung seiner Gremiumskollegen.
Harald Hettich