Vom 6. bis 20. Oktober 2017 findet im Kesselhaus auf dem Diamalt-Gelände eine Ausstellung zu „150 Jahre Bahnlinie München – Ingolstadt“ statt (Bild 1). Dort werden Ansichten des Allacher Bahnhofgebäudes aus verschiedenen Zeiten gezeigt, die Bahnhofrestauration mußte aufgrund des Ausstellungsziels vernachlässigt werden. Dieser Artikel über die Bahnhofgaststätte soll eine kurzweilige Ergänzung dieser Ausstellung sein. Die Gaststätte hat heute die Haus-Nr. Oertelplatz 1, der im sog. Dritten Reich Dietrich-Eckart- und vor 1933 Bahnhofsplatz hieß. Vielleicht bringt die nahe Zukunft einen neuen Namen, da es nur noch die Gaststätte und die alte Allacher Post (Nr. 3) unter der Adresse Oertelplatz gibt. Die Benennung Bahnhofsplatz ist klar, der Publizist und Verleger Dietrich Eckart (1868-1923) war ein früher Anhänger und Ideengeber Adolf Hitlers, Max Joseph Oertel Arzt und Prof. an der Münchner Universität.
Eine Karte, die mir der Allacher Kartensammler A. Thiel zur Verfügung stellte und die vermutlich auch in der Ausstellung zu sehen sein wird, zeigt den Bahnhof und die Gaststätte in einer noch näher zu besprechenden Umgebung. Sie ist ganz genau datiert: mit dem 23.II.1900, Vormittag 10.15 und vorerst das erste bekannte Bild der Bahnhof-Restauration (Bild 2) des damaligen Inhabers Gregor Obermeier, zu dem ebenfalls noch einiges zu sagen sein wird.
Wenn wir noch einige Jahre zurückgehen, gibt es eine mir nur genannte Zeitungsmeldung, der zufolge bereits 1872 in der Bahnhofsgaststätte eine Person im Streit erstochen wurde. Diese Meldung ist jedoch noch nicht seriös belegt.
Aus dem Bayerischen Hauptstaatsarchiv aber belegt ist ein Schreiben, das mein Kollege Dr.Rudolph gefunden hat und in dem einem Johann Hummel in Allach ein Fußweg vom Restaurationsgebäude zur Station Allach vom königlichen Ober-Bahnamt Ingolstadt am 3. Mai 1879 widerruflich genehmigt wird.
Gemeint ist ein Steg von seiner Gaststätte über die angrenzende Kiesgrube zum Bahnhof Allach. Wenige Tage danach ist von einem Besitznachfolger Christian Brückner die Rede, der die Erlaubnis erhält, „an Stelle des Steges einen Erddamm für den Fußweg herzustellen“. Anschließend ging das Restaurationsgebäude in den Besitz eines Johann Zacherl über, der nachsuchte, „diesen Fußweg auch fernerhin benutzen zu dürfen“. Dieser Fußweg, dessen Situationsplan von 1879 in Bild 3 zu sehen ist, wurde letztlich genehmigt. Auf dem Bild von 1900 (Bild 2) ist noch die Kiesgrube mit dem besprochenen Damm, der zum Allacher Bahnhof führt, zu sehen.
Zehn Jahre später ist die Kiesgrube weiter nach Süden gerückt und die Südenstraße, ab 1933 Adolf-Hitler- und jetzige Vesaliusstraße gut erkennbar (Bilder 4 und 5).
Die Bahnhofgaststätte, später vielfach unter dem Namen „Palme“ bekannt, stammt also aus der Zeit des Bahnhofbaus, taucht aber in den Stadtarchivakten erst am 27.02.1904 auf. Damals erhoben die Gastwirte Georg Trinkl von der „Dampfsäge“ und Gregor Obermair, der damals die Allacher Bahnhofrestauration betrieb, Einspruch gegen eine Erteilung einer Wirtschaftskonzession an die Schützengesellschaft „Zur Grünen Eiche“ in Untermenzing Nr. 45. Die Bahnhofrestauration überstand mit einigen Problemen die NS- und Nachkriegszeit, auch die große Explosion des Waggons voller Tellerminen im August 1945.
Einer der treuesten und interessiertesten Leser meiner Artikel, Herr Clewing, schrieb mir nach meinem Vortrag über die Geschichte der Allacher und Untermenzinger Gaststätten eine persönliche Erinnerung an die Bahnhofsgaststätte: „Mit Firmengästen (von Krauss-Maffei) steuerten wir fast immer die Bahnhofswirtschaft an, die Palme hieß, nicht weil da irgendeine Palme das nördliche Klima zu überstehen trachtete, sondern weil es der Name des Pächters war (eines Sudetendeutschen).“
Diese Wirtschaft ist heute als „Olive“ (Bild 6) bekannt und ein vielbesuchter und vor allem bei den Allacher Bürgern beliebter Italiener, dessen Umgebung durch die Neubebauung des Oertelplatzes völlig umgekrempelt wird.