Veröffentlicht am 21.12.2016 16:52

Musik ist sein Leben

Man müsste Klavier spielen können... Franz Josef Walter umrahmt von den Sängerinnen Kristina Sop (l.) und Edite Domingos. (Foto: ds)
Man müsste Klavier spielen können... Franz Josef Walter umrahmt von den Sängerinnen Kristina Sop (l.) und Edite Domingos. (Foto: ds)
Man müsste Klavier spielen können... Franz Josef Walter umrahmt von den Sängerinnen Kristina Sop (l.) und Edite Domingos. (Foto: ds)
Man müsste Klavier spielen können... Franz Josef Walter umrahmt von den Sängerinnen Kristina Sop (l.) und Edite Domingos. (Foto: ds)
Man müsste Klavier spielen können... Franz Josef Walter umrahmt von den Sängerinnen Kristina Sop (l.) und Edite Domingos. (Foto: ds)

„Mit 66 Jahren da fängt das Leben an”, sang Udo Jürgens. Die Botschaft: Wenn man erst mal in Rente ist, hat man endlich die Zeit, um das zu machen, was Freude macht. Bei Künstlern ist das anders: Die machen ihr Leben lang das, was ihnen Freude macht. Deshalb brauchen sie auch nicht in Rente zu gehen. Franz Josef Walter ist Heiligabend 75 Jahre alt geworden. Kurz zuvor, Anfang Dezember, saß er im Multikulturellen Jugendzentrum (MKJZ) am Klavier bei der Premiere der „Westend-Revue”. Mit jungen Leuten zusammenzuarbeiten ist für ihn überhaupt nichts Besonderes: „Ich war mein Leben lang Musikpädagoge. Die Arbeit mit jungen Leuten macht Spaß”, sagt der Musiker und Komponist mit seinem verschmitzten Lächeln. Umgekehrt schwärmen die jungen Darsteller von der Probenarbeit mit ihm: „Er ist sehr humorvoll und hat viel beigetragen”, meint etwa Anna Liebe (23). Und MKJZ-Leiter Ismail Sahin bestätigt: „Er ist eine Brücke zwischen den Generationen.”

Musik verbindet

Musik verbindet. Nicht nur die Generationen, sondern auch die Völker und Kulturen. Das kann man sehen, wenn sich Gospel aus Nigeria mit seiner Conga neben das Klavier setzt und intuitiv mitspielt. „Ich habe schon viele Flüchtlinge kennen gelernt und das sind zauberhafte Menschen, sie sind durch die Bank sehr nett”, erzählt Franz Josef Walter. „Sie kommen aus Gebieten, wo einem die Bomben auf den Kopf fallen. Ich bin 1941 geboren und weiß noch, was Krieg bedeutet. Aber viele Leute hier haben das wohl vergessen. Die Leute vergessen schnell.”

In Obermenzing kam er zur Welt, und als die Bomben auf München fielen, wurde er zur Sicherheit zu den Großeltern aufs Land gebracht: „Da musste ich Fränkisch und Oberpfälzisch lernen, dadurch wurde ich so sprachbegabt.” Mit sieben Jahren bekam er zusammen mit seiner Schwester Blockflöten-Unterricht und war schnell besser als der Lehrer. „Komponist werden wollte ich, seit ich Musik mache. Und all die Instrumente habe ich gelernt, damit ich vernünftig dafür schreiben kann”, erklärt der Musiker.

30 Instrumente

Nicht weniger als 30 Instrumente sind es, die Franz Josef Walter beherrscht. Zunächst studierte er am städtischen Konservatorium in Nürnberg mit Hauptfach Oboe. Nach dem Abschluss und Engagements als Solo-Oboist setzte er noch Diplome in Gitarre und Schlagwerk obendrauf, die er in Braunschweig machte, der Nebenstelle der Hochschule für Musik in Hannover.

Weitere Ausbildungen machte er als E-Orgellehrer und Ausbilder für Orgellehrer, in Chor- und Orchesterleitung sowie im Jazz: „Eigentlich bin ich Jazzmusiker.” Auf seiner Visitenkarte steht heute „Musiker - Komponist - Arrangeur - Musikpädagoge - Bandcoach - Dozent für Pop- und Jazzmusik”. Nach dem Willen seiner Eltern hätte er Beamter werden sollen, aber das wäre nichts für ihn gewesen.

„Ein lebenswertes Viertel”

Nach zehn Jahren in Niedersachsen hielt es Franz Josef Walter dort nicht mehr aus: „Die Leute da haben keinen Humor.” Er ging in seine Geburtsstadt München zurück und baute eine große Musikschule mit mehreren Standorten auf. Heute hat er zusammen mit Sängerin Kristina Sop die „Musikschule am Gollierplatz”. Seit 33 Jahren lebt er nun im Westend, „ein lebenswertes Viertel”, wie er findet. Dennoch zieht er sich auch gern ab und an zurück vom Trubel der Stadt. Als er vor vielen Jahren eine größere Steuerrückzahlung bekam, machte er sich auf die Suche nach einem einsamen Haus, wo er ungestört komponieren kann, und fand seine „Komponier-Hütte” in Kroatien. Tourneen führten ihn durch ganz Europa, die USA, Puerto Rico und auf Kreuzfahrtschiffen durch internationale Gewässer.

Sein umfangreiches Werk umfasst Kompositionen für fast alle denkbaren Besetzungen: Konzerte für Gitarre, Cello oder Kontrabass solo, zahlreiche Kammermusiken für Streicher und Bläser, eine Kantate für Sopran, Chor und Orchester, eine Messe für das Kloster Andechs, internationale Lieder, ein Concertino im Jazzstil für Violine und Orchester, Klaviersolos und Bearbeitungen populärer Songs. Auch Lehrbücher hat er veröffentlicht: über Komponieren und Improvisieren, für Jazzpiano, für Kontrabass und E-Bass in der Jazz- und Rockmusik.

Oper über die Wiesn

Besonders intensiv blitzen die blauen Augen, wenn Franz Josef Walter von seinem aktuellen Projekt erzählt: Er schreibt gerade eine Oper, die auf dem Oktoberfest spielt und den Titel „Wiesnrausch” trägt. Textdichter Dr. Reinhard Ammer wohnt auf der anderen Seite der Theresienwiese, die beiden haben sich bei einer Veranstaltung kennen gelernt und die Idee zum Wiesn-Musical, das nun doch eher eine Oper wird, entwickelt. Gesprochen und gesungen wird in bairischer Sprache. Die Geschichte erzählt von überschäumender Lebensfreude und großer Ernüchterung und wird musikalisch mit einer reichen Palette von Stil und Klang umgesetzt. Komponist und Textdichter hoffen nun auf ein Ensemble und eine Bühne, die den „Wiesnrausch” aufführt. Die musikalische Besetzung – man kann es sich schon denken – ist variabel: Franz Josef Walter schreibt die Noten je nach Bedarf als Klavierbegleitung oder Orchesterfassung.

north