Schulweghelfer, Mitglied in der Freiwilligen Feuerwehr oder dem örtlichen Trachtenverein, Lokalpolitiker, Betreuer für Alte und Kranke, Helfer in Berghütten, Hausaufgabenhilfe, Kulturförderer, Übungsleiter in Sportvereinen, Lesefüchse in Grundschulen und Bibliotheken, Hospizhelfer und und und – was wäre unsere Gesellschaft ohne die vielen, vielen Ehrenamtlichen, die ungeachtet von Zeit und Mühe für andere da sind? Das Ehrenamt gilt zu Recht als der soziale Kitt in unserer Gesellschaft. Die Vereine halten Nachbarschaft und Kommunen zusammen und bewahren das lebendige Miteinander.
Doch gehört zum ehrenamtlichen Engagement viel mehr als Hilfsbereitschaft und ein großes Herz. Die bürokratischen Hindernisse sind mittlerweile auch im freiwilligen Bereich sehr hoch und Finanzmittel rar, obwohl doch die Ehrenamtlichen dem Staat und der Kommune ein großes Stück Arbeit abnehmen. Da kann es schon auch zu Konflikten zwischen den Hauptberuflern und den Freiwilligen kommen, oder es treten Burn-Out-Symptome bei den Helfern auf, die sich zu viel zumuten. Das eigene soziale Verantwortungsgefühl und der Wunsch, ein Stück von seiner persönlichen Zufriedenheit abzugeben, bleiben vielleicht dabei auf der Strecke.
Und nicht zu vergessen, verhindern der Leistungsdruck in der Schule und später im Beruf sowie die immerwährende Erreichbarkeit und berufliche Mobilität, dass sich Jugendliche und junge Erwachsene in Vereinen einbringen können und wollen. Eher bindet man sich an zeitlich begrenzte Projekte, als dass man in einen Verein eintritt und dort vielleicht sogar eine Funktion übernimmt. Aus welchen Beweggründen engagiert sich dennoch eine steigende Zahl von Freiwilligen für andere und haben Vereine trotzdem Zulauf?
Die alte Generation: Sonja Mayer, Rentnerin, 70 J.:
„Meine ehrenamtliche Tätigkeit ist vielfältig. Zum einen habe ich meine Initiative „Zeit statt Geld” für das Altenheim St. Gisela, ich bin Schulweghelfer, organisiere das BVGL-Neujahrskonzert, war Mitglied im Gemeinderat und 15 Jahre lang Sprecherin der Gräfelfinger Vereine. Als solche hatte ich einigen Einblick in die Vereine Gräfelfings, bin ja selbst Mitglied im Kunstkreis, in der Literarischen Gesellschaft, der Jugendmusikschule, im VdK, der Veteranen-/ Reservisten-Kameradschaft. Aber am längsten, nämlich seit 1978 bin ich im Bürgerverein Gräfelfing-Lochham e.V. Diese Mitgliedschaft ist mir von allen am wichtigsten, dafür engagiere ich mich wirklich nach ganzen Kräften.
Das liegt wahrscheinlich daran, dass mein Urgroßvater Bürgermeister und Ehrenbürger der Gemeinde Gräfelfing war. Auch mein Onkel Johann Huber war eine Ewigkeit lang im Gemeinderat und ist Träger der Goldenen Bürgermedaille. Die lange Tradition kommunalen Engagements in der Familie hat mich wirklich stark geprägt. Alle in meiner Familie sind heimatverbunden und so sehr daran interessiert, das Beste für Gräfelfing zu erreichen, so auch ich!
Mein soziales Wirken hat wiederum vielleicht etwas mit dem frühen Tod meiner Mutter zu tun. Das, was ich meiner Mutter nicht geben konnte, tue ich jetzt für viele alte Menschen. Reden, helfen, begleiten und einfach da sein, wenn es notwendig ist – eben Zeit statt Geld schenken! Sich sozial zu engagieren, bringt einem selbst wahnsinnig viel Freude. Da überwiegen die positiven Erfahrungen, wenn auch Negatives dazugehört. Ich habe gelernt und lerne immer noch, dass ich mich nicht zu sehr vereinnahmen lassen darf. Einen Wunsch habe ich auch: Ich würde mich freuen, wenn ich noch mehr Menschen gewinnen könnte, ehrenamtlich im Altenheim mitzuhelfen. Es gibt so viel zu tun und unsere Kapazitäten sind einfach begrenzt. Leider.”
Die mittlere Generation: Nicole Tesche, 47 J.:
„Ich bin im Moment Elternklassensprecherin in der Peslmüllergrundschule, war auch schon einige Zeit im Elternbeirat. Außerdem gehöre ich zum Vorstand des Fördervereins. Das ist zwar immer viel Arbeit nebenher, aber das gute Miteinander in der Schulfamilie ist absolut wichtig für Eltern, Kinder und Lehrer und geht einfach nur, wenn viele sich engagieren und einbringen. Der Förderverein hilft speziell dabei, mal extra Geld für ein Schulprojekt, für Sondermaterialien oder ähnliches zu holen. Einige Projekte wären ohne den Rückhalt des Fördervereins nicht durchführbar.
Aber auch solch wirklich tollen Sachen für die Schule, wie Schultrikots für die Sportmannschaften, die komplette Soundanlage für Veranstaltungen in der Aula, zwei Fernsehgeräte samt Rekorder und Rollwagen hat der Förderverein organisiert. Außerhalb der Schulfamilie helfe ich ehrenamtlich im Kindergottesdienstteam der Himmelfahrtskirche. Das kam aber durch puren Zufall, macht Spaß und ist auch wichtig, wie ich finde.
Ich denke überhaupt, dass Ehrenamt Ehrensache ist! Denn mir geht es gut, so dass ich in Dankbarkeit gern etwas im gesellschaftlichen Rahmen wiedergeben möchte. Allerdings ist es absolut nicht okay, dass in unserer Gesellschaft das Ehrenamt inzwischen feste Stellen ersetzt oder die Stellen dafür gestrichen werden. Das empfinde ich als Armutszeugnis für unseren Staat. Hier wird das ehrenamtliche Engagement fest eingeplant und darauf vertraut, dass eine Vielzahl von Aufgaben ehrenamtlich übernommen werden, die mit Ehrenamt dann nichts mehr zu tun haben.
Im Großen und Ganzen bekommen wir Ehrenamtliche viel Anerkennung, besonders in der Schule sind wir ein fester Teil im Gefüge. Auch in der Pfarrei wird unsere Arbeit geschätzt. Aber oft ist man der bunte Hund, der alles macht, was sonst liegenbleibt. Ich würde mir generell mehr Freiwillige wünschen. Die Hilfe kann ruhig auch unregelmäßig und sporadisch sein. Einfach hinschauen und anpacken, wenn nötig! Hilfsbereitschaft zeigen ohne Aufrechnen mit Gegenleistungen! So würde sich die Arbeit auf viele Schultern verteilen.”
Die junge Generation: Ferdinand Schlosser, Abiturient, 17 J.:
„Ich spiele schon lange Handball in der HSG Würm-Mitte, der Verein ist ein wichtiger Teil meines Lebens, eigentlich schon immer. Im Moment spiele ich in zwei Mannschaften aktiv, dazu betreue ich neuerdings auch als Co-Trainer die männliche C-Jugend, die Zwölf- und Dreizehnjährigen in unserem Verein. Und ansonsten helfe ich im Verein aus, wo ich gebraucht werde. Das mache ich gern und schaue nicht auf die Uhr, auch wenn ich sicherlich viel Zeit reinhänge. Das Tolle für mich ist, viele Freunde im Verein zu haben. Man hat gemeinsam ein Ziel, nämlich als Handballverein erfolgreich zu sein. So eine Gemeinschaft verbindet enorm und gibt Halt und Kraft, wenn es woanders mal nicht gut läuft. Ganz nach dem Motto „Einer für alle, alle für einen“.
Dieser Zusammenhalt im Verein, die Hilfsbereitschaft, die Kameradschaft, die gegenseitige Anerkennung und der Respekt sind einfach super. Wo erfährt man solche Sachen sonst? Das prägt jeden hier. Für mich ist es ganz selbstverständlich, auch alles an Ehrgeiz und Selbstbewusstsein für den Verein zu geben. Ich glaube aber, dass das jedem hier so geht.
Ich kann mir gut vorstellen, dem Verein ein Leben lang treu zu bleiben. Mein Vater ist ja auch bald 50 Jahre lang Mitglied. Klar, man wechselt den Verein, wenn man wegzieht. Jedoch finde ich jeden Verlust von Spielern im Verein immer traurig, da es meist bedeutet, dass eine Gruppe von Freunden sich trennt und verschiedene Wege geht.
Wenn ich mich im Verein engagiere, dann geht es mir hauptsächlich darum, Spaß zu haben und dafür zu sorgen, dass andere auch Spaß am Handball haben. Wenn mir das gelingt und ich ein bisschen was dazu beitragen kann, dass der Verein gut funktioniert, dann fühle ich mich geehrt. So verstehe ich Ehrenamt. Aber ganz wichtig: Ich habe damit keine bessere Behandlung oder Ansehen verdient, als Leute die kein Ehrenamt bekleiden.”