Veröffentlicht am 18.07.2016 16:07

„In Treue fest“ in der Angerlohe


Von Walter G. Demmel
Nördlicher, erhaltener Torbogen (Foto: Demmel)
Nördlicher, erhaltener Torbogen (Foto: Demmel)
Nördlicher, erhaltener Torbogen (Foto: Demmel)
Nördlicher, erhaltener Torbogen (Foto: Demmel)
Nördlicher, erhaltener Torbogen (Foto: Demmel)

Wenn man über unser grünes Herz, die Angerlohe in Untermenzing, etwas in Erfahrung bringen will, kann man mit alten Bürgerinnen und Bürgern reden, in einigen Büchern nachlesen oder ins Stadtarchiv München gehen. Diese Wege bin ich gegangen und habe einiges erfahren, was mir der Überlieferung wert zu sein scheint.

Der Inhaber eines ehemaligen Lebensmittelladens in der Angerlohstr. 34, Herr Feldbauer, erzählte mir vor Jahren, dass er und seine Untermenzinger Schulkameraden zum Spielen immer ins „Treuefest“ gingen, wo sich dann, wie in der ganzen Angerlohe, kein Allacher Bub sehen lassen durfte. Als Treuefest stellte sich dann der Teil der Angerlohe heraus, der heute im Westen von der Manzoschule, im Osten vom Feld vor dem Hans-Sieber-Haus, im Norden von dem noch gut erhaltenen Torbogen und im Süden von einem Torbogenrest an der Manzostraße begrenzt wird. Er war früher, wie mir unser Heimatforscher Andreas Reupold erzählte, im Privatbesitz des Bauunternehmers Korbinian Beer und sollte nach der Beer-Siedlung weiteren günstigen Heimstätten Platz machen. Der Beginn des 2. Weltkriegs verhinderte dieses Vorhaben.

Der südliche Torbogen in der Verlängerung der Rueßstraße trug die vom damals in Allach wohnenden Kunstmaler Hans Zimmermann gefertigte Aufschrift „In Treue fest“. Dass diese Aufschrift am Torbogen für die spielenden Knaben zunächst keine Bedeutung hatte, ist nicht weiter zu verwundern. Wenn aber Erwachsene seinerzeit das Gelände aufmerksam beobachtet hätten, hätten sie einen regen Übungsbetrieb der Untermenzinger Jugendwehr feststellen können, den Ernst Rudolph in seiner Geschichte unseres Stadtteils erwähnt. Er schreibt von einem Zaun, der das Gelände umgab, das für eine vormilitärische Ausbildung der Untermenzinger Jugendwehr ab 1914 vorgesehen war. Auch diese Jugendwehr war meines Wissens Teil des 1911 gegründeten Bayerischen Wehrkraftvereins, der von dem berühmten Münchner Stadtschulrat Dr. Georg Kerschensteiner uneingeschränkt unterstützt und mit seinen Fortbildungsschülern beschickt wurde. Auch der junge Heinrich Himmler (1900-1945) war bis 1915 Mitglied der Jugendwehr in Landshut, wo er damals das humanistische Gymnasium besuchte, und erhielt dort seine paramilitärische Ausbildung.

Gibt schon der gut erhaltene Torbogen im Norden des Geländes den meisten Spaziergängern Rätsel auf, so gilt dies ganz besonders für die Überreste des Südtores. Die näheren Umstände des Torbaus sind noch nicht vollständig geklärt. „In Treue fest“ war nicht nur die Ordensdevise des St.-Hubertus-Ordens (niederld. In traw vast), es war auch ein in der Kaiserzeit viel verwendeter Treueschwur zu Wilhelm II. Am 15. März 1921 gegründet, trat der Bayerische Heimat- und Königsbund „In Treue fest” unter Major Spruner von Mertz (1873-1929) für die Restauration der Monarchie in Bayern ein. Zudem gab 1928 Kronprinz Rupprecht von Bayern seinem dreibändigen Kriegstagebuch vom 1. Weltkrieg den Covertitel „In Treue fest“, eine Devise, die zunächst seinem Bayern galt, sicher aber auch dem deutschen Kaiser. In welcher Umgebung aber fand dies alles statt?

Zu den Waldflächen unseres Münchner Nordwestens gehörten schon immer der Allacher Forst, das Lochholz, die Angerlohe, die Aubinger Lohe und das Kapuzinerhölzl. In dem für unsere Mitbürger höchst lesenswerten – weil es eine Forstgeschichte unseres Stadtgebiets ist – Buch „Die Wälder der Menzinger Schotterzunge“ beschreibt Elmar Nazet die heutige Angerlohe als zusammenhängenden Waldkomplex von 35 Hektar Größe. Dieser Wald ist größtenteils von Wohngebieten entlang der Ratzel-, Von-Reuter-, Angerloh- und Untere Angerlohstraße umgeben, wobei 20 Hektar Eigentum der Stadt München und der Rest Eigentum einiger Allacher und Untermenzinger Bürger ist. Abgesehen von wenigen Fichten ist die Angerlohe ein reiner Laubwald, in dem Altbestände aus Eiche, Hainbuche, Bergahorn, Spitzahorn, Linde, Buche und Esche vorkommen. Aber auch der Laie wird feststellen, dass einige Partien der Angerlohe geringere Qualität im Bewuchs aufweisen.

Ohne hier näher auf die interessante Frühgeschichte und die Nutzungsgeschichte unserer Wälder im Mittelalter einzugehen, finden wir für die Neuzeit einen Kupferstich von Elias Baeck und ein Gemälde von Peter Jacob Horemans, die uns zeigen, dass im Gebiet zwischen der Angerlohe und dem Allacher Forst die höfische Jagd aus München als Hirschstechen und Falkenbeize gepflegt wurde. Auf beiden Bildern aus dem 18. Jahrhundert sind im Hintergrund Moosach und die Silhouette von München zu sehen.

So bleiben Bilder von Künstlern aus der Zeit, in der es noch keine Fotos gab, es bleiben Erinnerungen mit Fotos und Erinnerungen von heute noch Lebenden, die uns über ihre Zeit berichten, damit einiges davon schriftlich festgehalten wird für die Nachwelt.

Zu überlegen bleibt, ob nicht die Restaurierung wenigstens eines Torbogens in die Wege geleitet und eine erklärende Schrifttafel angebracht werden sollte.

(Überarbeitete und ergänzte Version 2016)

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