Alleine in München sind es wohl 400.000 Menschen, die sich für andere einsetzen, ohne dafür bezahlt zu werden: Sie engagieren sich ehrenamtlich, tragen Vereine oder treiben bürgerschaftliche Initiativen voran. Ohne solche Menschen würde vieles in unserer Nachbarschaft längst nicht mehr so gut funktionieren: Der Schulweghelfer, der Feuerwehrmann, die Frauen im Müttertreff oder die „alten Hasen”, die anderen helfen, sich richtig zu bewerben: Sie alle sind „alternativlos” für uns. Sie gestalten unsere alltägliche Welt mit und machen sie oft ein bisschen leichter, ein bisschen freudvoller, ein bisschen menschlicher - und oft nimmt man sie und ihre wertvolle Arbeit gar nicht wahr.
„Es macht Ihr Leben lebenswerter, wenn Sie anderen Menschen helfen”, sagt Til Schweiger in einer der vielen Spendenshows, die jedes Jahr zur Vorweihnachtszeit sowohl Herzen als auch Geldbeutel der Fernsehzuschauer öffnen sollen.
Als kritischer Betrachter mag man geneigt sein, das „Gutmenschentum” Schweigers mit „der hat gut reden” zu kommentieren. Schließlich falle es ab einem bestimmten Einkommen und einem sozialen Status leicht, Gutes zu tun. Mit „Opfer” aber habe das nichts zu tun. Letztlich wollten die Promis nur gut dastehen in der Öffentlichkeit.
Mag der ein oder andere Promi oder Unternehmer in der Tat seinen finanziellen oder ideellen Einsatz gegen die gewaltige Medialeistung abwägen, die ihn in der Öffentlichkeit als „Gutmenschen” ausweist. Grundsätzlich aber unterstelle ich (die Ausnahmen outen sich mehr als dümmlich) auch den Schweigers, Furtwänglers, Garretts, Kitschkos, Fischers - und wie die Schönen und Erfolgreichen dieser Welt noch alle heißen - ein schlicht humanes und christliches Motiv: Nächstenliebe.
Damit Sie mich nicht falsch verstehen: Diese Promis sind für mich keine besseren Menschen. Egal, ob ein Unternehmer Millionen spendet, ob ein Promiarzt seinen Urlaub für einen Einsatz in Kriegsgebieten opfert oder ob eine Schauspielerin eine Flüchtlingsfamilie bei sich aufnimmt. Damit wird man noch nicht zum „Über-menschen”. Aber man verdient sich vielleicht das Prädikat „besonderer Mensch”.
Und damit stehen die Promis schlicht auf einer Stufe mit den anderen „besonderen” Menschen hierzulande, mit den vielen Hunderttausenden an Ehrenamtlichen. Den Freiwilligen des BRK, die Flüchtlingen Tee zubereiten, den Feuerwehrleuten, die Menschen aus brennenden Wohnungen holen, den Bergrettern, die Abgestürzte aus den Schluchten bergen, den Rentnern, die Kindern Mathe- oder Deutsch-Nachhilfe geben, den Jugendlichen, die einsame Menschen im Altenheim besuchen …
Allesamt einfach Zeitgenossen, die offensichtlich den Grundkonsens unseres Seins verinnerlicht haben: Wir Menschen brauchen einander. Einander brauchen heißt auch gegenseitig helfen. Und Platz zu helfen gibt es für jeden: für Promis, für Sie, für mich, für uns alle. Getreu dem Motto: Es gibt nichts Gutes, außer man tut es!
Im Wohn- und Einkaufszentrum am Haderner Stern haben wir ein Nachbarschaftsnetz gegründet. Dabei mussten wir erfahren, dass Bewohner, meist Ältere, nicht zu unseren Veranstaltungen kamen. Wir müssen uns in einem Restaurant treffen, da es keinen öffentlichen Raum in unserem Wohnviertel für Treffen gibt.
Auf Nachfragen mussten wir zur Kenntnis nehmen, dass viele ältere Bewohner es sich nicht leisten können, auswärts Essen zu gehen; dass sie sich die Miete, die ständig steigt, sozusagen vom Munde absparen. Ein warmes, gesundes Essen ist nicht möglich. Ein weiteres Problem ist, dass sich diese Menschen ausgegrenzt fühlten und sich in Einsamkeit zurückzogen.
Bei einer Wahlveranstaltung, bei der ich unsere Sorgen öffentlich machte, hat mich ein Politiker überrascht, indem er mir Geld für Essen gab. Seit nunmehr über drei Jahren erhält der Verein „Mieterinitiative Haderner Stern” regelmäßig Geld, um insbesondere Senioren zumindest einmal monatlich ein warmes Mittagessen zu ermöglichen. Dabei wurden keinerlei Bedingungen gestellt, weder nach irgendeiner Parteien- oder Religionszugehörigkeiten o.ä . Wir sind völlig frei, das Geld zielgerecht einzusetzen.
Nunmehr können wir monatlich ein Mittagessen in einem Restaurant anbieten. Das zunächst für finanziell schwache Mitbewohner angebotene Essen hat sich sehr schnell auf andere Bewohner ausgeweitet, die daran teilnehmen wollen, um die Gemeinschaft zu genießen. Für diese haben wir ein Schweinchen aufgestellt, und wer kann, wirft seinen Obolus hinein.
Unsere monatlichen Mittagessen, an denen zwischen 40 und 50 Senioren teilnehmen, dienen somit der Gemeinschaft, man fühlt sich nicht mehr ausgeschlossen, es haben sich gute Kontakte gebildet, man ist nicht mehr einsam. Das bedeutet auch Sicherheit. weil man aufeinander achtet.