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Veröffentlicht am 08.10.2015 11:57

„Kinder machen keine Unterschiede”


Johannes Beetz
Johannes Beetz
Chefredakteur
seit 1999 bei der Gruppe der Münchner Wochenanzeiger
Mitarbeit im Arbeitskreis Redaktion des Bundesverbands kostenloser Wochenzeitungen (BVDA)
Gewinner des Dietrich-Oppenberg-Medienpreises 2017 (Stiftung Lesen)
Hans Beyrle (Vorstandsvorsitzender Stiftung ICP): „In den Köpfen der Kinder kommen die Unterscheidungen gar nicht vor.” (Foto: job)
Hans Beyrle (Vorstandsvorsitzender Stiftung ICP): „In den Köpfen der Kinder kommen die Unterscheidungen gar nicht vor.” (Foto: job)
Hans Beyrle (Vorstandsvorsitzender Stiftung ICP): „In den Köpfen der Kinder kommen die Unterscheidungen gar nicht vor.” (Foto: job)
Hans Beyrle (Vorstandsvorsitzender Stiftung ICP): „In den Köpfen der Kinder kommen die Unterscheidungen gar nicht vor.” (Foto: job)
Hans Beyrle (Vorstandsvorsitzender Stiftung ICP): „In den Köpfen der Kinder kommen die Unterscheidungen gar nicht vor.” (Foto: job)

Alle reden von Integration und Inklusion - die Stiftung ICP (Integrationszentrum für Cerebralparesen an der Garmischer Straße) setzt den Gedanken seit Jahrzehnten in ihrer täglichen Arbeit um und ist auf den Wegen, die sie dabei geht, oft Pionier und Vorbild. Ihre Tochtergesellschaft IKF Integrative Kinderförderung GmbH feierte nun ihr zehnjähriges Bestehen.

Spatenstich für neue Schule

Die erste Einrichtung der IKF war eine integrative Kinderkrippe, in der bis heute Kleinkinder mit und ohne Förderbedarf gemeinsam betreut und gefördert werden. Zunächst folgten ihr ein integrativer Kindergarten und 2010 die inklusive Luise-Kiesselbach-Grundschule mit integrativem Hort. Diese integrativen Angebote neben den Spezialangeboten des ICP geben den Eltern eine Wahlmöglichkeit, in welche Einrichtung sie ihr Kind schicken möchten. Dabei ist das System durchlässig, das heißt, ein Wechsel zwischen dem Spezialbereich und dem Inklusiven Bereich ist jederzeit möglich.

Die inklusive Grundschule (bisher in einem vor dem Abriss stehenden Gebäude in der Konrad-Celtis-Straße) erhält jetzt einen Neubau auf dem „Stammgelände” des ICP an der Garmischer Straße. Bereits 2016 soll der Schulbau, der acht Millionen Euro kosten wird, fertig sein. Beim Jubiläumsfest wurde mit dem symbolischen ersten Spatenstich der Bau in Angriff genommen.

Anerkennung für großen Erfolg

Die inklusive Grundschule war 2010 mit einer ersten Klasse gestartet und hat inzwischen zwei Übertrittsklassen verabschiedet. Dabei lagen die Übertrittsquoten in beiden Jahren sogar leicht über dem Landesdurchschnitt. Eine individuelle Förderung der Kinder sowohl im Schulalltag als auch im Hort, ermöglicht durch kleine Gruppengrößen und einen guten Betreuungsschlüssel, sind die Gründe für dieses gute Abschneiden.

„An der inklusiven Grundschule wird das gemeinsame Lernen und Leben von Kindern mit und ohne sonderpädagogischem Förderbedarf vorbildhaft umgesetzt”, betonte Bildungsstaatssekretär Georg Eisenreich bei der Feier. Ziel der Stiftung ICP ist die gleichberechtigte Teilhabe von Menschen mit Behinderung am gesellschaftlichen Leben. Für die Kinder, die hier betreut werden und lernen, ist „Inklusion” etwas Alltägliches. „Kinder machen keine Unterschiede”, erzählte eine Mutter. „Die Unterscheidung zwischen 'mit Förderbedarf' und 'ohne' kommt in den Köpfen der Kinder gar nicht vor”, bestätigte Hans Beyrle (Vorstandsvorsitzender Stiftung ICP).

„Vorbildhaft umgesetzt”

Georg Eisenreich hob das große Engagement der Lehrkräfte und des gesamten pädagogischen Teams hervor: „Sie fördern alle Kinder nach ihren individuellen Fähigkeiten und unterstützen sie beim Übertritt an eine weiterführende Schule.” Zum Schuljahresbeginn hatte das Bildungsministerium die inklusive Grundschule staatlich anerkannt. „Die Anerkennung ist für uns und die Eltern eine große Freude”, unterstrich Hans Beyrle, „sie ist eine Anerkennung der pädagogischen Leistung des Teams”. Er dankte Georg Eisenreich für seinen Einsatz für die Schule.

Landtag berät über Lösung

Für das Problem der Fahrtkosten hatte Georg Eisenreich keine Lösung zum Festakt mitgebracht. Fahrtkosten für Schüler in Förderschulen (hier haben alle Schüler Förderbedarf) trägt der Freistaat; für Schüler von privaten Schulträgern (wie dem ICP) wird eine Pauschale gezahlt - die aber Spezialfälle wie z.B. Fahrdienste für Kinder im Rollstuhl nicht abdeckt. Eisenreich verteidigte die Pauschale, da sie für eine erhebliche bürokratische Entlastung gesorgt habe, räumte aber auch ein, dass die Pauschale im inklusiven Bereich nicht immer richtig sei. Daher habe man dem Landtag einen Vorschlag zu einer ergänzenden Regelung von Sonderfällen gemacht, der nun beraten werde.

Vernetzung nötig

„Für Inklusion in einer Gesellschaft ist die Schule entscheidend”, meinte Hans Beyrle, „denn hier werden die Grundlagen dafür gelegt.” Er forderte ein öffentliches inklusives Schulsystem: „Unser Projekt muss vernetzt werden”, erklärte er und erinnerte an den Satz des ICP-Stiftungsratsvorsitzenden Christoph Hölzel, „Wir sind keine Insel.” Für Kinder, die die inklusive Grundschule abschließen, gibt es derzeit kaum weiterführende Schulen mit einem vergleichbaren Konzept des gemeinsamen Lernens.

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