Bei aktuell 17.437 Studiengängen und 328 Ausbildungsberufen in Deutschland ist es für junge Leute nicht einfach, den richtigen Beruf zu finden - mit dieser „Qual der Wahl” beschäftigten sich unser Sommergespräch „Nicht ausreichend an die Hand genommen” (Samstagsblatt vom 29. August) und Prof. Julian Nida-Rümelin, der im Rahmen unseres Sommergesprächs „Ich darf Fehler machen” (Werbe-Spiegel und Sendlinger Anzeiger vom 2. September) vor dem Akademisierungswahn warnte. Die Schüler-Union (SU) Bayern teilt diese Skepsis und fordert, dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken, wie ihr stv. Landesvorsitzender Jonas Rester dazu anmerkt:
Immer weniger Schülerinnen und Schüler wollen eine Ausbildung machen. Die Schüler Union Bayern verfolgt diesen Trend mit allergrößter Besorgnis. Zahlreiche Unternehmen finden keine Lehrlinge für ihre Ausbildungsstellen. Egal ob man mit Vertretern des Handwerks oder der Hotel- und Gastronomiebranche spricht, immer sehen die Verantwortlichen den Fachkräftemangel als eines der drängendsten Probleme der Zukunft. Als Grund für diese alarmierende Entwicklung sieht die SU Bayern unter anderem den anhaltenden Akademisierungswahn, der oft genug von Eltern und Lehrern als heilbringend propagiert wird.
„Es ist ein Irrglaube, wenn man denkt, dass man nur mit einem Studium beruflich vorankommen kann!”, so der SU-Landesvorsitzende Nico Singer. „Wir müssen uns darauf besinnen, welche Berufe die Wirtschaft in der Zukunft braucht, welche Berufe Zukunft haben werden. Es ist niemandem geholfen, wenn jeder Schüler auf das Gymnasium geht und anschließend studiert, wobei das Studium nur all zu oft nicht einmal zu Ende gebracht wird.” Laut Wissenschaftsausschuss des Landtags verlassen etwa 30 % aller Studierenden in Bayern die (Fach-)Hochschule ohne Abschluss, sie brechen ab.
Es muss sich darauf besonnen werden, dass man auch die Absolventen mit Hauptschulabschluss, mit oder ohne Quali, und der Mittleren Reife (im Schuljahr 2013/14 immerhin über 105.000 und somit etwa zwei Drittel aller Schulabgänger der allgemeinbildenden Schulen in Bayern) fördert.
Die Wirtschaft braucht gut ausgebildete Fachkräfte. Deshalb fordern wir, dass darauf hingewirkt wird, dass diese Schulabgänger mit den guten Grundkenntnissen, die sie in der Schule erlernt haben, die Möglichkeit bekommen, eine Lehre zu machen. Also muss der Focus des Handelns auf diese Schularten ausgeweitet werden, um auch in nicht akademisierten Branchen wieder mehr Auszubildende und somit Arbeitnehmer zu gewinnen.
Bildungspolitik heißt, sich um alle Schularten zu kümmern und sich nicht nur dem Gymnasium zuzuwenden! So fordert die Schüler Union Bayern, dass bereits in der Schule auf die vielfältigen Möglichkeiten im Bereich der beruflichen Bildung hingewiesen wird, und dass Schüler, auch an Gymnasien, aber vor allem an den Mittel- und Realschulen, die Möglichkeiten bekommen, sich mit dieser Thematik auseinanderzusetzen.
Vor allem Berufe im Handwerk und im Hotel- und Gaststättengewerbe suchen verzweifelt Auszubildende. Es muss dafür gesorgt werden, dass zum Beispiel Schulen sich offen zeigen für die Übernahme einer Lernpatenschaft mit einem Betrieb. Um auf Berufe in diesen Branchen aufmerksam zu machen. Eines der größten Probleme neben dem Nicht-Finden von Azubis stellt die sehr hohe Abbrecherquote in der Ausbildung dar. Es muss darauf hingewirkt werden, dass in der Schule keine falschen Bilder der verschiedenen Berufe vermittelt werden. Die vermittelten Berufsbilder im Zuge der Attraktivitätssteigerung von Berufen müssen trotz allem in jedem Fall korrekt sein und keiner Traumwelt entspringen.
Auch fordern wir, dass das Bildungssystem, besonders die Qualitätsstandards in der frühkindlichen Bildung, verbessert werden, und dass es eine deutliche Verbesserung der Berufs- und Studienorientierung in den Schulen gibt. Ebenso muss das ganze Potenzial an Arbeitskräften, insbesondere von Frauen, auch im Handwerk, aktiviert werden. Hierfür sind insbesondere mehr und bessere Betreuungsangebote für Kinder notwendig. Dadurch werden diese Berufe zusätzlich attraktiv.
Die SU Bayern ist sich bewusst, dass in den nächsten Jahren Millionen von Arbeitern in den Ruhestand gehen und diese Stellen nachbesetzt werden müssen. Wir fordern deshalb: Mehr Aufklärung zum Thema berufliche Bildung, bessere frühkindliche Förderung und eine Attraktivitätssteigerung von Berufen des Handwerks und des Hotel- und Gaststättengewerbes.