Veröffentlicht am 22.01.2015 10:41

„Gemeinsam für Nachhaltigkeit sorgen”


Von Elisabeth Schönberger
In kleiner Runde wurde zunächst das Konzept für die aktive Flüchtlingshilfe ausgearbeitet. Der neue Arbeitskreis soll stetig mit engagierten Helfern erweitert werden. (Foto: eis)
In kleiner Runde wurde zunächst das Konzept für die aktive Flüchtlingshilfe ausgearbeitet. Der neue Arbeitskreis soll stetig mit engagierten Helfern erweitert werden. (Foto: eis)
In kleiner Runde wurde zunächst das Konzept für die aktive Flüchtlingshilfe ausgearbeitet. Der neue Arbeitskreis soll stetig mit engagierten Helfern erweitert werden. (Foto: eis)
In kleiner Runde wurde zunächst das Konzept für die aktive Flüchtlingshilfe ausgearbeitet. Der neue Arbeitskreis soll stetig mit engagierten Helfern erweitert werden. (Foto: eis)
In kleiner Runde wurde zunächst das Konzept für die aktive Flüchtlingshilfe ausgearbeitet. Der neue Arbeitskreis soll stetig mit engagierten Helfern erweitert werden. (Foto: eis)

Montag, 19. Januar, 18 Uhr: Fünf Männer treffen sich mit einem klaren Ziel vor Augen zu einer Besprechung im „Haus des Fußballs” in der Brienner Straße 50. Einige sehen sich zum ersten Mal im Leben, reichen sich zur Vorstellung die Hand. Dann werden Gedanken ausgetauscht, verworfen, wieder aufgegriffen und miteinander kombiniert. Drei Stunden später verlassen die Männer das Gebäude, wirken nachdenklich, aber auch zufrieden und motiviert. Was ist geschehen?

Bernhard Slawinski, BFV Kreisvorsitzender München und Leiter der Initiative „Fairplay München”, atmet erleichtert auf: „Heute haben wir den Grundstein für ein einheitliches Konzept in der Flüchtlingshilfe seitens des Bayerischen Fußball-Verbands (BFV) und der Initiative 'Fairplay' gesetzt. Rund 3.000 Menschen aus diversen Kriegsgebieten warten in der Landeshauptstadt auf unsere Hilfe und Unterstützung - davor dürfen wir nicht die Augen verschließen! Wir haben einen ersten Entwurf, wie wir Flüchtlingen, die dauerhaft in München bleiben, das Trainieren in Vereinen ermöglichen können. Integration durch Sport lautet dabei das Motto.”

Guter Expertenmix

Um auf diesem Gebiet nicht nur aktiv zu werden sondern von Anfang an einer einheitlichen Vorgehensweise zu folgen, lud Bernhard Slawinski ausgewählte Personen in den neuen Fairplay-Arbeitskreis, der sich künftig mit der konkreten Flüchtlingshilfe befassen soll. Er setzt sich aktuell zusammen aus: Marcus Steer (1. Vorstand des FC Wacker München), Ulrich Goldmann ( ehrenamtlicher Fairplay-Mitarbeiter und Lehrstabsmitglied der Schiedsrichtergruppe München Süd), Philipp Obermaier (Fairplay-Mediator) und Olaf Butterbrod (Journalist und Fußballtrainer junger Flüchtlinge). Weitere Unterstützung sei schon in Sicht, wie Slawinski versichert: ”Ein hilfsbereiter Unternehmensberater hat kürzlich angefragt, ob er bei der Planung und Umsetzung mitwirken kann. Und auch der freiwillige Helferkreis 'Weißblauer Bumerang' hat Interesse an einer Zusammenarbeit signalisiert. Jedem Einzelnen im Arbeitskreis soll bei der Umsetzung, gemäß seinem Fachgebiet, eine spezielle Aufgabe zukommen.”

Marcus Steer vom FC Wacker München nimmt seit geraumer Zeit Flüchtlinge in seinem Verein auf. Ihre Eingliederung in das Training und eventuell auch in den Spielbetrieb ist bei Sportvereinen bislang keine Selbstverständlichkeit. Doch beim FC Wacker endet die Hilfe nicht bei der Aufnahme im Verein: „Wir reichen den jungen Menschen die Hand, erledigen mit ihnen wichtige Behördengänge, stellen ihnen die Fußballausrüstung zur Verfügung und sorgen dafür, dass sie schnellstmöglich einen Deutschkurs besuchen”, fasst Steer knapp zusammen. Dabei machte der Wacker-Vorstand fast ausschließlich positive Erfahrungen: „Die jungen Leute sind hochmotiviert und lernen innerhalb weniger Monate die Sprache. Sie finden im Verein Freunde und blühen richtig auf. Fußball gibt ihnen nicht nur Beschäftigung sondern auch ein soziales Umfeld, lehrt sie Disziplin und schenkt ihnen Hoffnung.” Positive Entwicklungen bei den jungen Menschen hat auch Olaf Butterbrod festgestellt. Seit drei Jahren trainiert er mit 40 Jugendlichen auf der Sportanlage am Englischen Garten. „Ich lege dabei großen Wert auf Nachhaltigkeit. Die Jungs melden sich jede Woche zum Training an, damit ich weiß, mit wie vielen ich rechnen kann. Negative Erfahrungen habe ich noch nie mit ihnen gemacht”, versichert Butterbrod.

Schritt 1: Vereinspaten

Ein Grundkonzept, mit dem alle Anwesenden nach ausgiebiger Diskussion zufrieden sind, ist nun ausgearbeitet. „Der erste Schritt besteht darin, dass unser Arbeitskreis auf die Suche nach ehrenamtlichen Vereinspaten geht. Einige geeignete Persönlichkeiten haben ihre Hilfe schon angeboten. Diese dienen als Ansprechpartner, Betreuer und Vermittler zwischen den jungen Menschen, dem Verein und den Behörden. Sie sollten daher eine soziale Ader und am besten schon ein Grundverständnis von der Zusammenarbeit mit Flüchtlingen haben”, so Bernhard Slawinski. Eine ausführliche Schulung der Vereinspaten soll einen reibungslosen Ablauf garantieren. Diesen Part übernimmt Marcus Steer, der auf dem Gebiet bereits Experte ist und sich mit den Abläufen bestens auskennt: „Im vergangenen Jahr habe ich knapp 500 Flüchtlingen geholfen, in der Fremde Fuß zu fassen. Daher kenne ich die richtigen Ansprechpartner und weiß, dass eine engmaschige Betreuung der jungen Menschen nötig ist.”

Schritt 2: Vereine aufklären

Sind die Vereinspaten gefunden und geschult, soll es an die Aufklärung der Sportvereine gehen. „Ihre Aufgabe ist es zunächst, einer kleinen Gruppe von Flüchtlingen das Training im Team zu ermöglichen. Es geht hier also nicht um die Beantragung eines Spielerpasses oder das Mitwirken am Spielbetrieb”, betont Slawinski. Aber worauf müssen die Sportvereine bei der Aufnahme von Flüchtlingen achten und was genau müssen sie leisten? ”Alle Fragen werden bei einer Informationsveranstaltung restlos geklärt”, verspricht der Kreisvorsitzende. Zusätzlich soll bei diesem Termin ein ausführliches Handout ausgeteilt werden, in dem Ansprechpartner und wichtige Behörden gelistet sind. „Wir möchten es den Vereinen so einfach wie möglich machen, ihnen alles auf einen Blick und auch zum Nachlesen bieten und sie dadurch zu diesem Engagement animieren. Aktuell arbeiten wir auch an einem möglichst unkomplizierten und motivierenden Bonussystem, wodurch der Einsatz der Vereine belohnt werden soll. Wenn von den 150 Vereinen in München und Umgebung 50 mitmachen, ist das schon ein großer Schritt in die richtige Richtung.”

Schritt 3: Auf die Menschen zugehen

Sind diese Grundsteine gelegt, heißt es mit den Vereinen aktiv auf die Flüchtlinge in den Gemeinschaftsunterkünften zuzugehen und sie fürs Fußballspielen zu begeistern. Als Journalist bot Olaf Butterbrod die Erstellung einer mehrsprachigen Broschüre an, die an die Flüchtlinge ausgeteilt wird und sie über die Trainingsmöglichkeiten in den Vereinen informieren soll. Bei dieser Aufgabe hofft Slawinski auf die Unterstützung des Weißblauen Bumerangs, denn „der freiwillige Helferkreis um Luise und Erwin Ritthaler ist bestens mit den Gemeinschaftsunterkünften vernetzt und hilft schon seit über zwölf Jahren sozial schwachen Kindern in München und Umgebung.”

Bald ein Selbstläufer?

Mitte Februar ist ein weiteres Treffen des Fairplay-Arbeitskreises angesetzt. Sechs bis acht Vereinspaten gilt es bis zu diesem Zeitpunkt zu akquirieren. Alles Weitere soll Schritt für Schritt, jedoch zeitnah umgesetzt werden. ”Nebenher ist es natürlich von immenser Wichtigkeit, dass wir ein enges Netzwerk aufbauen. Wir benötigen Partner für Deutschkurse, Sachspenden, Fußballausrüstung und vieles mehr. Diese Kontakte gilt es jetzt schon zu bündeln”, meint Bernhard Slawinski. Der Kreisvorsitzende erhofft sich aus diesem durchdachten Konzept einen Selbstläufer wie es das Gewaltpräventions-Projekt „Fairplay München” innerhalb von nur eineinhalb Jahren wurde: „Wenn Verband und Vereine an einem Strang ziehen, dann haben wir die besten Chancen auf eine rasche Umsetzung. Ich bin überzeugt: Gemeinsam und mit viel Engagement können wir für eine nachhaltige Flüchtlingshilfe sorgen!”

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