Veröffentlicht am 02.10.2014 12:58

„Manchmal machen wir auch Quatsch”

Akademieleiterin Lisa Hirdes (links) mit den Schülerinnen Ann-Kathrin Holland-Jopp, Adriana Klomp und Schüler Wolfgang Weihrauch (von links). (Foto: ds)
Akademieleiterin Lisa Hirdes (links) mit den Schülerinnen Ann-Kathrin Holland-Jopp, Adriana Klomp und Schüler Wolfgang Weihrauch (von links). (Foto: ds)
Akademieleiterin Lisa Hirdes (links) mit den Schülerinnen Ann-Kathrin Holland-Jopp, Adriana Klomp und Schüler Wolfgang Weihrauch (von links). (Foto: ds)
Akademieleiterin Lisa Hirdes (links) mit den Schülerinnen Ann-Kathrin Holland-Jopp, Adriana Klomp und Schüler Wolfgang Weihrauch (von links). (Foto: ds)
Akademieleiterin Lisa Hirdes (links) mit den Schülerinnen Ann-Kathrin Holland-Jopp, Adriana Klomp und Schüler Wolfgang Weihrauch (von links). (Foto: ds)

Warum wird man Altenpfleger? Es ist eine Berufung, darüber sind sie sich einig: zwei Schülerinnen und ein Schüler der Evangelischen PflegeAkademie, die mit den Münchner Wochenanzeigern über die Motive ihrer Berufswahl sprechen. Alle drei sind per Zufall zu diesem Tätigkeitsfeld gekommen, und sie haben für sich erkannt: „Der Beruf ist vielseitig und anspruchsvoll. Vor allem ist er sehr sinnstiftend und erfüllend.”

Adriana Klomp (42)

„Wenn mir jemand noch vor 15 Jahren gesagt hätte, dass ich in die Pflege gehen würde, hätte ich ihm einen Vogel gezeigt”, sagt Adriana Klomp, 42. Geboren und aufgewachsen ist sie in Polen, hat dort Abitur gemacht und fünf Semester Jura studiert – eine völlig andere Welt. Seit 18 Jahren lebt sie in München, hat einen 15-jährigen Sohn. Als der noch klein war, wurde sie von einer Freundin um Unterstützung gebeten bei der Betreuung einer dementen Frau. Da spürte Adriana Klomp ihre Berufung und machte eine Ausbildung zur Pflegefachhelferin. Jetzt, 13 Jahre später, ermöglicht ihr ihr Arbeitgeber die Ausbildung zur Altenpflegerin.

Wolfgang Weihrauch (28)

Auch bei Wolfgang Weihrauch, 28, war es Zufall, dass es im Bekanntenkreis einen Pflegefall gab, bei dem er mithalf. Ursprünglich war er Industriemechaniker und dann acht Jahre bei der Bundeswehr. Statt nach der Bundeswehrzeit seinen Meister zu machen, ging er zum Praktikum in ein Altenheim, „und es hat mir super gefallen.”

Ann-Kathrin Holland-Jopp (19)

Ann-Kathrin Holland-Jopp ist erst 19, hat aber schon einige Jobs ausprobiert und weiß, dass sie sich in einem Büro oder an einer Kasse nicht wohl fühlen würde. Eine Ausbildung zur Krankenschwester hat sie schnell abgebrochen, dann Bundesfreiwilligendienst in einem Altenheim gemacht. Da spürte sie: hier bin ich richtig. „Mit alten Leuten komme ich gut klar, das war schon immer so. Ich war mit drei Jahren zum ersten Mal in einem Altenheim” - mit ihrer Mutter, denn die ist Altenpflegerin und Lehrerin für Altenpflege. Zum Teil ist Ann-Kathrin bei ihrer Oma groß geworden und verstand sich auch mit deren Bekanntenkreis immer gut. Der Unterschied zwischen Kranken- und Altenpflege ist für Holland-Jopp riesig: „Die Patienten im Krankenhaus wechseln schnell, dagegen lernt man die Leute im Altenheim richtig kennen, das ist viel schöner.”

„Wir begleiten die Menschen”

Altenpflege ist bekannt dafür, auch körperlich sehr belastend zu sein. „Da gibt es inzwischen recht gute Hilfsmittel”, entgegnet Adriana Klomp. „Man braucht viel mehr seelische Kraft.” Für sie das Wichtigste: „Man muss die Menschen mögen.” Zu dieser Grundvoraussetzung hinzu kommt dann der professionelle Umgang mit herausfordernden Situationen, der auch zur Ausbildung gehört. Etwa wenn es um Ausscheidungen geht: „Da kümmere ich mich natürlich erst mal um das Befinden des Bewohners.”

Auch Ann-Kathrin Holland-Jopp hält die psychische Belastung für bedeutender als die körperliche. „Dieser Beruf ist so viel mehr als nur Körperpflege. Wir begleiten die Menschen. Wir begleiten sie auch beim Sterben.”

„Das kann kein Geld der Welt aufwiegen”

Für das, was sie leisten, könnte die Bezahlung schon üppiger sein, darüber sind sich die drei angehenden Altenpfleger, alle im zweiten Ausbildungsjahr, einig. Verglichen etwa mit anderen Berufsgruppen. „Piloten gehen streiken. Das machen wir nicht, weil wir unsere Bewohner niemals unversorgt lassen würden”, erklärt Adriana Klomp. Und solange man seine Rechnungen begleichen könne, habe die Bezahlung auch nicht oberste Priorität: „Was ich von den Bewohnern an Zuwendung und Wärme bekomme, kann kein Geld der Welt aufwiegen.”

Zeit für Menschlichkeit?

Der Fachkräftemangel in der Pflege ist längst schon Gegenwart. Haben die Pflegenden im Alltag denn genügend Zeit, um sich um ihre Schützlinge so zu kümmern, wie es ihr Anspruch ist? „Es gibt gute Tage und es gibt schlechte Tage”, bringt es Holland-Jopp auf den Punkt. Wolfgang Weihrauch ergänzt: „Manchmal hat man schon Zeit, mit den Bewohnern zu reden und auch Quatsch zu machen - das ist ganz wichtig.” Er erzählt von einem Patienten, der normalerweise nur in seinem Pflegerollstuhl saß ohne zu reden. „Auf einmal sagte er zu mir: ,Könntest dich auch mal wieder rasieren.' Und dann hat er so gelacht. Dieses Lachen - das sind die Momente, für die man es macht.”

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