Ob Spaziergehen, ein Arztbesuch oder der Gang zur Behörde – gemeinsam ist vieles leichter als allein. Doch auch Tatkraft bei vermeintlich kleinen Alltagsproblemen kann große Hilfe leisten: Ob das Kind vom Kindergarten abholen, weil die Abholzeit nicht mit dem Büroschluss zusammenfällt oder auch schwere Einkaufstüten nach Hause bringen, weil der Gehstock das Tragen zweier Tüten erschwert. Im katholischen Pfarrverband Laim wurde für das Problem der oft beklagten Anonymität der Großstadt und dem damit einhergehenden Verlust sozialer Netzwerke längst eine beherzte Lösung gefunden. Das Netzwerk Nachbarschaft mit seinem Café JA (Jung-Alt) bringt Menschen zusammen, die einander helfen, miteinander sprechen und sich gegenseitig Gesellschaft leisten. Eine moderne Antwort, um einem solitären Leben entgegenzuwirken. Rund 25 Ehrenamtliche engagieren sich beim Café JA für die Menschen in ihrer unmittelbaren Nachbarschaft und setzen die Prinzipien von Nächstenliebe sowie Geben und Neben aktiv um. „Unser Anliegen ist es, jene Menschen zusammenzubringen, die sagen, sie haben ein bisschen Zeit und auch Kraft, um etwas für andere zu tun, und jene, die ein wenig Hilfe brauchen oder Kontakt suchen“, erklärt Pastoralreferentin Birgit Gammel das Ziel des 2010 gegründeten Cafés.
Damals hatte Birgit Gammel die Idee in die Gemeinde getragen, aus der sich schnell eine Gemeinschaftsaktion bildete. Anfänglich noch gab es jedoch mehr Helfer, als Hilfe-Suchende, denn Hilfe anzunehmen fiel so manchem schwer. In der Zwischenzeit aber wuchs das gegenseitige Vertrauen und im Café JA werden rege Dienste, Talente und Fähigkeiten angeboten und auch angenommen. Anton Bramböck etwa hilft im nachbarschaftlichen Umfeld beim Einkaufen oder mit Schreibarbeiten. Konrad Stöckl hilft Senioren dabei, Formulare ausfüllen und kennt sich gut aus, wenn es darum geht, an andere Institutionen wie etwa das ASZ zu vermitteln. Franz Reischl gilt als Experte in Sachen Suchthilfe.
Am meisten gefragt sei die Hilfe beim Hochtragen der Einkäufe, erklärt Birgit Gammel. Zu Barbara Häslein, die in der dritten Etage eines Wohnhauses ohne Lift wohnt, kommt nun regelmäßig ein Mal pro Woche ein ehrenamtlicher Helfer. „Ich komme schon nicht so gut hinunter und habe dann Angst, dass ich mit dem Einkauf nicht mehr raufkomme“, erklärt die Seniorin. Dankbar sei sie daher, dass sie nun Hilfe habe. Die 86-jährige Marion Belke kam ursprünglich wegen ihres Mannes zum Café JA. Ihr Mann erblindete vor rund eineinhalb Jahren und ist seither in seiner Bewegung stark eingeschränkt. „Jemand vom Netzwerk Nachbarschaft kommt jetzt, der ihn unterhält und das gibt mir mehr Freiheit. Ich genieße das. Die eine Stunde kann ich mich dann um mich selbst kümmern. Ich weiß das sehr zu schätzen“, erklärt Marion Belke. Nun merke sie, dass auch sie ein wenig Hilfe brauche. Es werde beschwerlich die Einkaufstaschen in den dritten Stock zu tragen. Daher hilft Konrad Stöckl künftig dabei, die Tüten in die Wohnung zu bringen.
Neben konkreten Hilfen und ihrem individuellen Know-how stellen die Ehrenamtlichen aber vor allem ihre Zeit zur Verfügung. Denn der zwischenmenschliche Kontakt, das Gespräch sind die viel gesuchten „Dienste“ im Netzwerk Nachbarschaft. Edith Bramböck und Ursula Lonk etwa bringen sich beim Café JA dadurch ein, dass sie Vernetzungsarbeit leisten. Sie empfangen die Gäste im Café, das donnerstags im Pfarrheim „zu den heiligen zwölf Aposteln“ stattfindet und „fragen sie nach ihren Bedürfnissen“. Das Café JA bietet den Raum, um Kontakte zu knüpfen oder zu vertiefen und oft fehlende Ansprache zu erfahren. Aus dem Netzwerk entstanden bereits neue Gruppen, wie etwa eine Wandergruppe oder eine Kartenspiel-Mannschaft. Die enge nachbarschaftliche Vernetzung und gegenseitige Unterstützung findet im Café JA ein gelungenes Konzept. „Das ist auch ein wichtiges Anliegen der pastoralen Arbeit. So verstehen wir Kirche hier in Laim“, erklärt Pastoralreferentin Maria Nittmann. Hilfe anbieten und annehmen ist im Pfarrverband Laim weder ans Alter noch an die Konfession gebunden. „Jeder darf helfen und jedem wird nach Möglichkeit geholfen“, lautet hier das Prinzip. Ein bis zwei Stunden pro Woche ehrenamtliches Engagement kann wesentlich zur nachbarschaftlichen Hilfe beitragen.
Interessierte können sich bei Pastoralreferentin Birgit Gammel unter Tel. (089) 5472713 melden oder aber im Café JA vorbeischauen: jeden Donnerstag von 15.30 bis 17.30 Uhr (außer in den Schulferien), Pfarrheim „Zu den heiligen zwölf Aposteln“ (Paul-Legarde-Straße 16).