Zahlreiche Westendler fanden sich zusammen, um ihre Anträge, Fragen, Wünsche und Verbesserungsvorschläge bezüglich des 8. Stadtbezirks kundzutun. Kaum ein Sitzplatz blieb im Pfarrsaal St. Rupert unbesetzt. Ebenso groß war die Beteiligung an den Abstimmungen über die Bürgeranträge. Zweite Bürgermeisterin Christine Strobl und Bezirksausschussvorsitzender Ludwig Wörner freuten sich über das rege Interesse der Bürgerinnen und Bürger. Die angenommenen Anträge müssen nun innerhalb von drei Monaten dem Stadtrat oder dem Bezirksausschuss zur weiteren Behandlung vorgelegt werden. Doch angenommen bedeutet noch lange nicht, dass die Wünsche der Mehrheit auch realisiert werden können.
Zunächst informierte Christine Strobl über die finanzielle Situation der Landeshauptstadt. Seit der Wirtschaftskrise im Jahr 2009 sind die Geldeinnahmen wieder leicht gestiegen, wobei die Gewerbesteuer nach wie vor den größten Anteil ausmacht. Am meisten ausgezahlt wird an das Referat für Bildung und Sport (1,081 Milliarden Euro), das Sozialreferat (1,021 Milliarden Euro) sowie das Baureferat (283 Millionen Euro). Bis 2016 sollen über eine Milliarde Euro in Schulen, Kindertagesstätten und Kinderkrippen, 644 Millionen in den Straßen- und Brückenbau und 381 Millionen in den Wohnungsbau investiert werden.
Insbesondere wurde der Ausbau der Kinderbetreuungsplätze thematisiert: „Wir wissen nicht, was uns ab dem 1. August erwartet, wenn der Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz greift. Es ist nicht einzuschätzen, ob wir mit vielen Klagen rechnen müssen“, so Strobl. Die Bürgermeisterin betonte jedoch, dass der Ausbau der Betreuungsplätze vorangetrieben werde und das Westend im Verhältnis zu anderen Stadtbezirken sehr gut abschneide: Die Versorgung bei 0- bis 3-Jährigen liege bei 37 Prozent, stadtweit bei 39 Prozent. Auch die Kindergartenversorgung mit 91 Prozent sowie die Versorgung mit ganztägigen Angeboten für Grundschulkinder, die 62 Prozent beträgt, seien im Stadtbezirk 8 „recht zufriedenstellend”. Probleme ergeben sich inzwischen bei der Gewinnung von Personal: „Da tun wir uns zur Zeit ein bisschen schwer“, gestand Christine Strobl. „Die fünfjährige Ausbildung sowie die geringen Verdienstmöglichkeiten stellen große Hürden bei der Berufswahl dar.“
Ludwig Wörner betonte die baulichen Errungenschaften des Bezirksausschusses und forderte die Bürgerinnen und Bürger zum weiteren Mitwirken und Mitgestalten auf. Seine größte Sorge sei die Beschulung der Migranten: „Wir sind ein vielfältiger und multikultureller Stadtteil und das ist gut so! Für eine bessere Integration wäre eine Ganztagsschule sehr wichtig. Dies betrifft nicht nur uns, sondern auch den Stadtbezirk Sendling-Westpark. Es wird geprüft, ob auf der Freifläche der alten Messe nicht eine Ganztagsschule für beide Bezirke erbaut werden kann.“ Vehement betonte Wörner den notwendigen Kampf gegen den Rechtsextremismus: „Unser Stadtteil muss zusammenhalten, auch überparteilich! Solche Leute haben bei uns nichts verloren! Es soll eine Mahnwache an der Trappentreustraße eingerichtet werden. Ich bitte alle Bürgerinnen und Bürger mitzuwirken und vor allem beim Internationalen Fest am Gollierplatz am 6. Juli mit uns gemeinsam ein Zeichen gegen Rechtsextremismus zu setzen!“
Peter Reißbeck, Polizeichef der Polizeiinspektion 14, konnte die Bürger hinsichtlich der Kriminalstatistik beruhigen: Im Jahr 2012 wurden 1900 Vorfälle registriert, also nur ein marginaler Anstieg um 100 Vorfälle im Vergleich zum Vorjahr. Im Straßenverkehr ereignen sich im Bezirk jährlich durchschnittlich 1.000 Unfälle, „meistens handelt es sich aber um Bagatellfälle”, betonte der Polizeichef. Verkehrstote gab weder 2012 noch 2013. Die Sachbeschädigungen in der Ligsalzstraße, die seit April für Unmut unter den Anwohnern gesorgt hatten, konnten politisch extremistischen Gruppen zugerechnet werden; drei Verdächtige wurden festgenommen. „Die Anzahl der Wohnungseinbrüche ist nur leicht von 15 auf 20 angestiegen. Das ist verhältnismäßig sehr wenig. Sie leben also sicher im 8. Stadtbezirk”, erklärte Reißbeck und forderte dennoch auf, Keller und Fahrräder besser zu sichern, um Diebe erst gar nicht in Versuchung zu führen.
Nach der Bitte Andrea Grolmans, Sprecherin Bündnis Bezahlbares Wohnen, die Bürger mögen am 29. Juni bei der Großkundgebung „Mietpreisspirale“ um 13 Uhr am Stachus teilnehmen, kam es zum eigentlichen Kern der Bürgerversammlung: den Anträgen.
Begonnen wurde mit dem Vorschlag, die U-Bahn-Linien U4 und U5 ganztägig mindestens im 10-Minuten-Takt zu betreiben. Zwar wurde der Antrag mit Mehrheit angenommen, doch Thomas Nowack von der MVG erklärte, dass es auf den Linien nicht genügend Fahrgäste gebe, um ohne Fahrpreiserhöhungen zwischen 0 und 6 Uhr auf den gewünschten Takt zu verdichten. Bestätigt wurde jedoch, dass zum Herbst die Buslinie 53 zu Stoßzeiten mit flexiblen Anhängern ausgestattet werden sollen. Dies erfordere bei einigen Bushaltestellen Umbauten, Genaueres werde noch geprüft.
Ohne Gegenstimmen angenommen wurden die Anträge auf Ausweitung des Angebots der städtischen Musikschule, da laut interner Information „tausende Anmeldungen nicht berücksichtigt werden“ und auf den Bau eines Gymnasiums mit Ganztagsbetreuung im Westend. Siegfried Trautmannsberger vom Referat für Bildung und Sport erläuterte, dass das Angebot der städtischen Musikschule „auf freiwilliger Basis“ sei und nicht auf Forderung erhöht werden könne. Ein Antrag auf Änderung der Zulassungsbedingungen liege jedoch bereits vor. Der Bau eines Gymnasiums sei aufgrund mangelnder Baufläche schwer realisierbar. Dies betreffe nicht nur das Westend, sondern die gesamte Landeshauptstadt. Zudem seien Schulen ohne Sprengel sowie Gesamtschulen in München nicht vorgesehen und bereits zuvor abgelehnt worden. Den verzweifelten Eltern konnte Trautmannsberger jedoch auch etwas Mut machen: „Zur Zeit prüfen wir die Bergmannschule und die Turnhalle. Sollte diese abgerissen und ein Neubau geplant werden, ist die Realisierung einer Ganztagsschule möglich. Weitere Sanierungen der Bergmannschule sind zudem in Planung. Außerdem öffnen in der Westendstraße zwei Hortgruppen. Mittelfristig ist also Besserung in Sicht.“
Bei den Bürgern stießen die Anträge auf „Ersatzstandortfindung für fehlende Glascontainer“ sowie „Die Begrünung der Bergmannstraße mit straßenbegleitenden Bäumen“ im Abschnitt zwischen Westendstraße und Landsberger Straße auf hohen Anklang. Auch der Wunsch nach einer Neugestaltung des „Monaco-Franze-Platzes“ (Kreuzung Kazmeirstr./Ligsalzstr.) sowie die Forderung Parklizenzen für Tiefgaragenbesitzer zu entziehen wurden mehrheitlich angenommen. Eher verhalten, aber bei der Abstimmung doch positiv, äußerten sich die Westendler zur Genehmigung einer Gedenktafel für das NSU-Terroropfer Theodoros Boulgarides, die der Poet Franz Joseph Hermann an der Trappentreustraße anbringen möchte. Einzig der Antrag auf Ausweitung der Freischankflächen für die Gaststätten „Bürgerheim“ und „Il Parco“ wurde mehrheitlich abgelehnt.