Der Bezirksausschuss Neuhausen-Nymphenburg (BA 9) fordert, die neu eröffnete Grundschule Nymphenburg Süd nach dem Kinderarzt Dr. Julius Spanier (1880-1959) zu benennen. Diesen Antrag der SPD-Fraktion hat das Gremium kürzlich einstimmig so beschlossen. Spanier war nach Angaben von BA-Mitglied und Antragsinitiatorin Barbara Marc (SPD) seit 1919 städtischer Schularzt. „Er begründete die kommunale Säuglingsfürsorge mit und war Vorsitzender der Gesellschaft für Kinderheilkunde. So konnte bis Anfang 1933 die Säuglingssterblichkeit in München von 25 auf vier Prozent gesenkt werden“, erklärt Marc.
Im Zuge der Judenverfolgung habe Julius Spanier 1938 nicht nur seine ärztliche Zulassung verloren, sondern wurde auch enteignet. „Gemeinsam mit seiner Frau, dem Klinikpersonal und Patienten wurde er im Juli 1942 ins KZ Theresienstadt deportiert. Lediglich das Ehepaar Spanier und zwei Krankenschwestern konnten als Überlebende im Sommer 1945 nach München zurückkehren“, so Marc weiter. Dort habe Julius Spanier im Juli 1945 das Amt des Präsidenten der neu gegründeten Israelitischen Kultusgemeinde übernommen. Spanier habe im Juli 1946 der Verfassungsgebenden Landesversammlung angehört und war bis 1951 Mitglied des Bayerischen Senats. Seit 1948 bis zu seinem Tod 1959 sei er im Vorstand der ersten westdeutschen Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit tätig gewesen.
„Spaniers beruflicher Weg als Arzt führte ihn kurz nach Kriegsende nach Neuhausen, wo die Wiederaufbauarbeiten an der Kinderklinik Lachnerstraße 39 begannen. Erster Chefarzt und treibende Kraft hinter dem Wiederaufbau wurde Dr. Julius Spanier, der diesen Posten bis 1955 ausfüllte“, betont Marc. Die 1960 enthüllte Gedenktafel, heute an der Kinderklinik des Krankenhauses des 3. Ordens in der Menzinger Straße, enthält nach Angaben der Vorsitzenden des Unterausschusses Schule, Integration und Soziales folgende Inschrift: „München ehrt in Dr. Julius Spanier einen Bürger, der unserer Stadt in guten und schlechten Tagen in besonderer Weise die Treue gehalten hat und der sich nach seiner Rückkehr aus dem Konzentrationslager Theresienstadt ohne Ressentiments wieder in den Dienst der Öffentlichkeit stellte. Er, der Verfolgte, hat sich als einer der Ersten darum bemüht, die durch ein diktatorisches Regime in unserem Volk hervorgerufenen Gegensätze wieder auszugleichen. Er war ein aktiver Förderer der christlich-jüdischen Zusammenarbeit. Er lebte für die Brüderlichkeit der Menschen untereinander. Möge daher diese Tafel zugleich ein Mahnmal gegen die Intoleranz und ein Mahnmal für die brüderliche Hilfe in unserer Stadt sein.“
Barbara Marc betont in diesem Zusammenhang: „Der Bezirksausschuss Neuhausen-Nymphenburg hält die neue Grundschule für den am besten geeigneten Ort, dem Vermächtnis von Dr. Julius Spanier auch heute gerecht zu werden.“