Dieser Einsatz hat sich gelohnt! Die Freude war groß bei der Bürgervereinigung „Gegen Giftgas im Münchner Westen“ als die Nachricht vom Rückzug der Firma Air Liquide Ende vergangener Woche die Runde machte. „Ich bin unglaublich stolz auf unsere Gruppe“, erklärte BI-Sprecher Pascal Fuckerieder auf Anfrage des Werbe-Spiegels. „Die Leute haben sich soviel angelesen und erarbeitet, haben sich mit Politik, Verwaltung und Gesetzen auseinandergesetzt – mit Dingen also, mit denen sie vorher zum Teil nichts zu tun hatten. Dass wir das ehrenamtlich in so kurzer Zeit geschafft haben, ist einfach nur toll.“
Die Air Liquide Deutschland GmbH plante an der Ludwigsfelder Straße 168 die Errichtung und den Betrieb einer Anlage zur Lagerung mehrerer Tonnen brennbarer Gase sowie sehr giftiger, giftiger und brandfördernder Stoffe; zusätzlich eine Abfüllanlage zur Abfüllung von Druckgasflaschen (der Werbe-Spiegel berichtete). Nach Meinung vieler Bürgerinnen und Bürger würde von solch einer sogenannten Störfallanlage eine hohe Gefährdung für die Bevölkerung ausgehen. Sie haben sich daher zu der Bürgerinitiative „Gegen Giftgas im Münchner Westen“ zusammengeschlossen und sich gegen die Genehmigung der Anlage eingesetzt.
Am vergangenen Donnerstag, 26. April, hat Markus Sieverding, der Vorsitzende der Geschäftsführung der Air Liquide Deutschland GmbH, der Bürgerinitiative mitgeteilt, dass das Unternehmen „von dem geplanten Standort im Industriegebiet München-Allach Abstand nimmt und am heutigen Tage den Antrag auf die Genehmigung einer Anlage zur Abfüllung und Lagerung von Gasen in der Ludwigsfelder Straße Nr. 168 beim Referat für Gesundheit und Umwelt der Stadt München offiziell zurückgezogen” hat.
Das Referat für Umwelt und Gesundheit (RGU) hatte die Firma Air Liquide im Benehmen mit dem Bayerischen Landesamt für Umwelt um eine Ergänzung des TÜV-Gutachtens, insbesondere zu weiteren Störfall-Szenarien, gebeten. „Auf Basis der vorliegenden Antragsunterlagen ist das Vorhaben nicht genehmigungsfähig. Die vorliegenden sicherheitstechnischen Gutachten sind nicht ausreichend, um das Gefährdungspotential der Anlage ausreichend zu beurteilen“, heißt es in einem Schreiben des RGU an die Bezirksausschüsse Moosach, Allach-Untermenzing und Feldmoching-Hasenbergl.
Für das geforderte Ergänzungsgutachten hatte Air Liquide bis Ende April Zeit, es jedoch gar nicht in Auftrag gegeben. „Wir hätten umfassende Konzeptanpassungen vornehmen müssen“, betont die Pressesprecherin des Unternehmens, Andrea Feige. „Dadurch wäre es zu erheblichen Verzögerungen der Planungen gekommen. Deshalb konnten wir unseren Zeitplan für das Vorhaben nicht mehr einhalten.“ Man habe die Bedenken der Bürger aber immer sehr ernst genommen, „deshalb haben wir uns ja auch der Diskussion gestellt und die Bürgerinitiative frühzeitig darüber informiert, dass wir den Antrag zurückziehen werden.“ Zu einem möglichen Ersatzstandort im Raum München wollte sich Feige noch nicht äußern. „Im Moment diskutieren wir mögliche Alternativstandorte intern. Ob es sich dabei um einen Standort in München handelt, kann ich jetzt noch nicht sagen“, sagt die Air Liquide-Pressesprecherin.
Die BI „Gegen Giftgas im Münchner Westen“ freut man sich nach eigenen Angaben sehr darüber, dass die Firma Air Liquide die Bedenken und Sachargumente der Bürgerinitiative gegen die geplante Anlage ernst genommen und respektiert hat und diese in die Neubewertung eingeflossen sind. „Wir werden die städtebauliche Entwicklung in Allach-Untermenzing im Allgemeinen und die weitere Entwicklung des Gebiets an der Ludwigsfelder Straße weiterhin genau im Auge behalten, und uns gegebenenfalls gegen andere unverträgliche Nutzungen einsetzen“, heißt es von Seiten der Bürgerinitiative.
„Wir können es alle gar nicht fassen“, freut sich auch Susanne Veit von der BI. „Die Freude ist unglaublich groß. Wir als Bürger haben tolle Arbeit geleistet. Ich möchte mich aber auch beim Werbe-Spiegel für die tolle Unterstützung und unsere gemeinsame Kampagne bedanken.“ Zusammen mit vielen Allacher und Untermenzinger Geschäftsleuten hatte der Werbe-Spiegel die Bürgerinitiative gezielt unterstützt.
Auch der Grünen-Ortsverband Allach-Untermenzing freut sich über den Rückzieher von Air Liquide. „Der Erfolg beruht auf der Tatsache, dass die Grünen Vertreter im Bezirksausschuss im Herbst auf die Planung aufmerksam gemacht, mit Anwohnern die Gründung der „Bürgerinitiative Gegen Giftgas im Münchner Westen“ initiierten und bis heute begleiteten”, betont OV-Pressesprecher Matthias Kolb. Die BI sammelte 7000 Unterschriften und machte so den Bürgerwillen deutlich.
Als einziger Techniker im Bezirksausschuss Allach-Untermenzing (BA 23) habe der BA-Vertreter der Grünen, Falk Lamkewitz, sofort die Brisanz der Störfallanlage erkannt und über verschiedene Anträge dafür gesorgt, dass eine Genehmigung der Anlage wohl nicht mehr zu erlangen gewesen wäre. „Zusätzlich unterstützte unser Stadtrat Dr. Vogel unser Vorhaben durch eigene Stadtratsanträge, die alle das Ziel hatten durch planerische Maßnahmen den Schutz der Anwohner zu gewährleisten”, so Kolb weiter. „Möglicherweise war auch der Unfall im Euro-Industriepark in München bei Air Liquide mit ein Grund für den Rückzug.”