Die positive städtische Baumbilanz ist nicht die ganze Wahrheit, haben wir vor kurzem im Samstagsblatt („Wieviele fallen wirklich” in der Ausgabe vom 25. Februar) dargelegt. Um diese „ganze Wahrheit” zu finden, haben wir beim städt. Referat für Stadtplanung und Bauordnung nach Zahlen gefragt.
Das Referat hat uns auf einen Beschluss des Stadtrates vom 28.07.2021 verwiesen, in dem Zahlen zu den Jahren 2010 bis 2019 aufgeführt sind (diese beziehen sich alle auf Bäume, die unter die Baumschutzverordnung fallen). Insgesamt wurden in den zehn Jahren demnach 87.989 Bäume gefällt. Bei 64.610 davon wurden Ersatzpflanzungen verlangt (73,4 %).
Ersatzpflanzungen sind vor allem bei Bauvorhaben möglich: 26.940 Fällgenehmigungen werden mit 20.270 Ersatzforderungen (75%) aufgewogen. Viel schlechter sieht die Bilanz aber aus, wenn es generell um Einzelfällungen geht: Den hier 40.106 genehmigten Fällungen stehen nur noch 18.847 Ersatzforderungen gegenüber. Das sind lediglich 47 %, also nicht einmal die Hälfte. Die Stadtplaner erklären das u.a. damit, dass oft kranke oder bruchgefährdete Bäume gefällt werden - und für die sei eine Ersatzpflanzung oft nicht angemessen.
Aufs Jahr gerechnet bilanziert die Stadt für 2010 bis 2019 folgendes: „In München werden insgesamt durchschnittlich pro Jahr ca. 8.800 Baumschutzbäume /städtische Bäume mit Genehmigung gefällt und ca. 6.500 Bäume neu gepflanzt.” Auf öffentlichen Flächen fällt die Bilanz erfreulich positiv aus. Es werden dort ca. 455 Bäume im Jahr mehr gepflanzt als gefällt.
Insgesamt wird die Lücke jedes Jahr aber größer: Resultierend aus Fällungen auf privaten Grundstücken und den fehlenden Baumstandorten für Ersatzpflanzungen im öffentlichen Raum ergibt sich rechnerisch ein Defizit von ca. 2.300 Ersatzpflanzungen pro Jahr. Tag für Tag werden in unserer Stadt also mindestens sechs Bäume gefällt, ohne ersetzt zu werden.