Kaum ein Stadtteil wächst aktuell so ungezügelt wie Allach-Untermenzing: allein in den vergangenen zehn Jahren um gut 15 Prozent – und das vor Fertigstellung der derzeitigen Großbauprojekte wie dem Diamaltgelände oder dem Kirschgelände mit über 2.000 weiteren Wohnungen. Laut der Prognosen im Demografiebericht des Münchner Planungsreferats wird der Stadtteil von 2019 bis zum Jahr 2040 um ein Drittel wachsen – merklich überdurchschnittlich selbst für Münchner Verhältnisse, und dies vor allem bei den Kindern und Jugendlichen. „Die Stadtverwaltung nutzt unser Viertel intensiv, um Wohnraum in München zu schaffen – und ignoriert zugleich, dass auch die Infrastruktur mitwachsen muss. Wir Familien mit Kindergarten- und Schulkindern in Allach-Untermenzing leiden unter jahrelangem Entscheidungs- und Investitionsrückstand. Daher treten wir ein für wohnortnahe, weiterführende Schulen in Allach-Untermenzing. Die Entscheidungen dafür muss der Stadtrat jetzt treffen,“ wie Ellen Gerhardt-Wolf, Initiatorin und Sprecherin der im Juli formierten Bürgerinitiative USUS („Unser Stadtteil – Unsere Schulen. Für wohnortnahe Bildung in Allach- Untermenzing“), erklärt. Bisher haben sich über 200 Bürger zusammengetan, um ein bedarfsgerechtes Bildungsangebot in Allach-Untermenzing durchzusetzen – und die Initiative wächst weiter.
Bis 2018 belegte Allach-Untermenzing stadtweit den vorletzten Rang bei der Betreuung von Grundschulkindern. Eine vorläufige Entlastung ist zwar erfolgt, gibt aber nur eine kurze Verschnaufpause bei einem Zuzug von Tausenden neuer Einwohnern. Familien leiden sehr unter den aufgeschobenen Planungen und der massiven Unterversorgung über den gesamten Bildungsweg hinweg: Einen Kindergartenplatz zu bekommen gleicht weiterhin einem Glückspiel, der Hortplatzmangel ist katastrophal. In Allach-Untermenzing müssen Mütter und Väter zum Teil ihre Jobs stark einschränken oder gar kündigen, weil sie keinen Nachmittagsplatz für die Kinder bekommen. Die Schüler müssen stets befürchten, entweder in völlig überfüllten Klassenzimmern in einem renovierungsbedürftigen Gebäude zu lernen – oder schlicht gar keinen Platz zu bekommen. Hunderte von Schülern pendeln tagtäglich weit in andere Stadtviertel, weil die Schulen vor Ort längst nicht alle aufnehmen können.
„In den letzten Jahren wurde viel zu viel Zeit mit Fehl- und Neuplanungen vergeudet. Wir fordern die Stadtverwaltung daher auf, umgehend den mit breiter, fraktionsübergreifender Mehrheit unterstützten Antrag des Bezirksausschusses Allach-Untermenzing (BA 23) vom 8. Juni zu übernehmen und die Variante „light“ umzusetzen”, wie die Bürtgerinitiative in ihrer Pressemeldung mitteilt. Gefordert werden u.a. der Neubau der Carl-Spitzweg-Realschule auf dem Gelände des SV Untermenzing, der Umzug und die dauerhafte Sicherung der Sportflächen für den SV Untermenzing sowie für die Stadtteilschulen auf dem Gelände des sogenannten „Erdbeerfeldes“ zwischen Weinschenkstraße und Im Wismat mit gleichzeitiger Schaffung eines öffentlich nutzbaren Grünzugs auf demselben Gelände unter Wahrung seiner Funktion als Frischluftschneise. Ebenso Fordert die Bürgerinitiative das frisch renovierte Louise-Schroeder-Gymnasiums nicht abzureißen und das Schulzentrums an der Pfarrer-Grimm-Straße zugunsten der Grundschule und des Louise-Schroeder-Gymnasiums auszubauen. Zudem solle die Stadtteilbibliothek nahe der Grundschule erhalten bleiben.
„Ein Herzstück unseres Stadtteils, das Pfarrer-Grimm-Schulzentrum, ist mit täglich rund 2.200 Schülerinnen und Schülern bereits heute am Limit – ohne die jetzt schon nachströmenden Schülerinnen uns Schüler der Neubaugebiete und Nachverdichtungen. Es ist uns daher in mehrfacher Hinsicht unerklärlich, wie die Stadtverwaltung auf die Idee kommt, das einzige Gymnasium aus Allach-Untermenzing auch noch nach Obermenzing, in einen völlig anderen Einzugsbereich zu verlegen“, so Verena Rommel-Scholz, Sprecherin von USUS. Zum Schulzentrum gehören die gleichnamige Grundschule, die Carl-Spitzweg-Realschule und das Louise-Schroeder-Gymnasium sowie weitere Bauten wie Mensa, zwei Horte und der Kindergarten.
„Wir brauchen jetzt Entscheidungen für längst überfällige Investitionen statt weitere Machbarkeitsstudien, die lediglich Zeit kosten, die die betroffenen Schülerinnen, Schüler und Familien und der gesamte Stadtteil nicht mehr haben. Mit der Variante „light“ haben wir eine geprüfte und in unseren Augen kompromissfähige Lösung auf dem Tisch. Wir haben uns schon fast daran gewöhnt, dass in vielen Familien die Kinder zum Teil weiter pendeln müssen als die Eltern. Aber wir werden uns nicht damit abfinden, dass diese Zustände jetzt weiter verschärft und zementiert werden sollen“, so Michael Rosch, Sprecher von USUS. In drei städtischen Schulbauprogrammen mit 6,5 Mrd. Euro von 2012 bis 2030 ist Allach-Untermenzing mit keiner einzigen weiterführenden Schule enthalten.
Für die kommenden Monate plant USUS zahlreiche weitere Aktionen, wie Sprecherin Ellen Gerhardt-Wolf ankündigt. „Denn unsere Kinder sollen ihre Zeit mit Lernen verbringen, mit ihren Freundinnen und Freunden aus der Nachbarschaft, in unseren Vereinen und Pfarrgemeinden. Sie sollen in ihrem Viertel in unsere Gemeinschaft hineinwachsen können – statt von frühester Jugend an als Pendler auf der Straße unterwegs zu sein“, so Gerhardt-Wolf weiter. Mehr Informationen finden Interessierte auf der Internetseite ( bi-usus.de ) der Bürgerinitiative.