Eine Mehrheit im Bezirksausschuss (BA) Schwanthalerhöhe drängt auf die Umbenennung des Georg-Freundorfer Platzes. 1983 wurde der Platz nach dem Musiker, Komponisten und Zitherspieler Georg Freundorfer benannt, der 1881 in der Westendstraße 20 geboren wurde. Der BA stieß vor fünfeinhalb Jahren darauf, dass Freundorfer aber nicht nur Stadtteilbezug aufweist, sondern auch eine Verbindung zum Nationalsozialismus. Er komponierte den Marsch „Gruß an den Obersalzberg“, in dem Hitlers Berghof besungen wird und der nach 1945 nicht mehr unter diesem Titel veröffentlicht werden durfte. Auch trat er bei Wahlveranstaltungen der NSDAP auf, eine Parteimitgliedschaft ist bislang aber nicht nachgewiesen.
Der BA forderte sogleich nach seiner Entdeckung die Stadt dazu auf, den Namen zu prüfen und den Platz gegebenenfalls umzubennen. Der Prozess dauert einigen im Bürgergremium jetzt aber zu lange, weswegen ein Bürgerbeteiligungsprozess zur Umbenennung angestoßen werden soll.
Bis zum Ende des Jahres solle das Stadtarchiv prüfen, ob es entlastende Informationen zu Georg Freundorfer gibt. Sollten diese ausbleiben, fordern Grüne, SPD, Linke und ÖDP aus dem BA Schwanthalerhöhe in einem interfraktionellen Antrag, dass der Platz umbenannt wird. Andreas Heusler vom Münchner Stadtarchiv hatte den BA Ende 2020 darüber informiert, dass Georg Freundorfer bereits als einer von 330 Namen auf der „Long-List“ der zu prüfenden Namen stehe. Ein Fachgremium aus zwanzig Personen, zu denen unter anderem Vertreter des Jüdischen Museums oder des Geodatenservice gehören, wird sich aber voraussichtlich erst 2022 mit Georg Freundorfer auseinandersetzen. Zuvor sind die 40 Namen der „Short-List“ dran, die zu Personen gehören für die es sogar „erhöhten Diskussionsbedarf“ gebe. Die Antragsteller wollen jetzt aber nicht länger warten, zumal ihrer Ansicht nach die nötigen Fakten bekannt sind.
Nach Recherchen des Historikers Martin Rühlemann von der Bayerischen Staatsbibliothek und engagiert für den Kulturladen Westend, war Freundorfer bereits vor Hitlers Machtergreifung als Unterhaltungskünstler bei Wahlveranstaltungen der NSDAP aufgetreten. Als Mitglied des „Freundorfer Trios“ trat er etwa am 15. Oktober 1932 bei einem „Bunten Abend“ der NSDAP auf, zuvor als Zitherspieler am 1. Oktober 1932. In zwei Ausgaben des faschistischen Blattes „Die Front” gibt es dazu die Belege. Für die Antragsteller ist damit klar, dass Freundorfer zumindest als Sympathisant der Nationalsozialisten gelten muss und ihm daher die Ehre als Namensgeber eines Platzes nicht gebührt.
Zu dünn für eine Umbenennung halten hingegen CSU- und FDP-Fraktion die Faktenlage. Statt die Stadtgeschichte zu eliminieren, sollte man sie ins Bewusstsein rufen, erklärt Sophie Kluge (CSU). Damit teilt sie die Einschätzung von Andreas Heusler vom Stadtarchiv, der darauf hinwies, dass mit jeder Namensentfernung auch ein Teil Geschichte gelöscht werde. Sinnvoller sei Aufklärung und Diskussion.
Nachdem Freundorfer 1940 gestorben ist, habe er sich zu seinen Auftritten nicht mehr positionieren bzw. sich von ihnen distanzieren können, sagt Kluge: „Außerdem ist der Georg-Freundorfer-Platz Identifikationsbasis für viele Bewohner dieses diversen Viertels.“ Ein Erläuterungstäfelchen am Straßenschild könnte indes informieren und bewusst machen. Fraktionskollege Bastian Brand (FDP) ist gleicher Ansicht. Bei der Antragabstimmung aber enthält er sich, darauf bauend, dass nun ein „fairer und ergebnisoffener Prozess“ angestoßen werde, wie er im Antragspapier angekündigt wird. Demnach soll der Bürgerbeteiligungsprozess nicht vom BA bzw. parteipolitisch bestimmt werden, sondern z.B. von einer Hochschule durchgeführt und vom Stadtarchiv begleitet werden.
Ein Weg aber wird jetzt schon gebahnt: Der BA fordert das Kulturreferat dazu auf, nach möglichen weiblichen Namensgeberinnen für den Platz zu forschen, insbesondere NS-Widerstandskämpferinnen, die im Westend beheimatet waren. Als Namensgeber vorstellen kann man sich jemanden aus dem kommunistischen Widerstand. „Die Schwanthalerhöhe war eine Hochburg des kommunistischen Widerstandes und das wurde bislang nicht gewürdigt“, so Günthör. Bis Ende des Jahres sollen Stadtarchiv und Kulturreferat ihre Ergebnisse beibringen, im nächsten Jahr will der BA seinen Bürgerprozess starten.