Veröffentlicht am 15.04.2021 17:02

Das geht noch besser


Johannes Beetz
Johannes Beetz
Chefredakteur
seit 1999 bei der Gruppe der Münchner Wochenanzeiger
Mitarbeit im Arbeitskreis Redaktion des Bundesverbands kostenloser Wochenzeitungen (BVDA)
Gewinner des Dietrich-Oppenberg-Medienpreises 2017 (Stiftung Lesen)
An der Baierbunner Straße liegt im Planungsgebiet eine der letzten noch bebaubaren Flächen im Viertel. (Foto: job)
An der Baierbunner Straße liegt im Planungsgebiet eine der letzten noch bebaubaren Flächen im Viertel. (Foto: job)
An der Baierbunner Straße liegt im Planungsgebiet eine der letzten noch bebaubaren Flächen im Viertel. (Foto: job)
An der Baierbunner Straße liegt im Planungsgebiet eine der letzten noch bebaubaren Flächen im Viertel. (Foto: job)
An der Baierbunner Straße liegt im Planungsgebiet eine der letzten noch bebaubaren Flächen im Viertel. (Foto: job)

Es war einmal, da wollte Siemens seinen abgeschotteten Mutterstandort mit dem Hochhaus an der Baierbrunner Straße und weiteren 104 Firmengebäuden ringsum öffnen und innerhalb eines Jahrzehnts in ein völlig neues Stadtviertel verwandeln. 25.000 Menschen sollten in dieser „Siemensstadt” wohnen und Arbeit ebenso wie großzügige Parkanlagen finden. 1,5 Milliarden Euro wollte Siemens sich das kosten lassen und glaubte, alles wäre bis 2013 fertig.

Es kam anders. Siemens gab den Standort auf, an der Baierbrunner Straße entstand ein neues Quartier. Auch zu Füßen des Hochhauses (zwischen Hofmannstraße und Siemensallee bzw. Baierbrunner und Allmannshausener Straße) und soll als „Campus Süd” ein eigenständiges Quartier mit 1.000 Wohnungen werden. Was hier konkret gebaut und angelegt werden kann, muss in einem Bebauungsplan (er trägt die Nummer 1930 d) festgelegt werden.

Der Stadtrat muss entscheiden

Noch hat der Stadtrat diesen Plan nicht gebilligt. Auch der Bezirksausschuss im Münchner Süden (BA 19) ist noch nicht zufrieden und stimmte dem gegenwärtigen Entwurf nicht zu. Das Bürgergremium begrüßt zwar grundsätzlich, dass ehemalige Gewerbeflächen zu Wohnzwecken umgewandelt werden, hält aber etliche Punkte in dem Plan für verbesserungsbedürftig.

Gemeinsame Bewertung

Die Fraktionen im BA bewerteten den Entwurf in etlichen Passagen unterschiedlich und setzten verschiedene Schwerpunkte. Dennoch einigte sich das Bürgergremium auf eine gemeinsamen Katalog an Verbesserungen, die von den Stadtplanern gefordert werden.

Bürger fordern erneute Beteiligung

Insbesondere verlangt der BA, erneut die Bürger zu beteiligen - und zwar noch ehe der Stadtrat über den Bebbauungsplan entscheidet. Eine solche Bürgerbeteiligung hat es zwar vor fünf Jahren bereits gegeben, allerdings hat es seither grundsätzliche Änderungen an dem Projekt gegeben (z.B ein Mehr an Baumasse)

„Es sollte allen Anwohnern die Chance gegeben werden, sich zum aktuellen Verfahrensstand zu äußern”, bekräftigt der BA. Dazu gehörten eben auch die Bürger, die in den vergangenen fünf Jahren neu ins Quartier gezogen seien.

ÖPNV unzureichend geplant

Der Bezirksausschuss fordert eine Verbesserung der Busanbindung, Taktverdichtungen bei U-Bahn, S-Bahn und Bus, sowie eine direkte Anbindung an die Tramwesttangente über eine Verlängerung Aidenbachstraße und Siemensallee. Er bemängelt, dass im Entwurf keine über das bestehende ÖPNV-Angebot hinausreichenden Linienergänzungen geplant sind, obwohl vor Ort ca. 3.300 neue Bürger einziehen werden, 950 Arbeitsplätze geschaffen werden, die 280 Wohnheimplätze im Bestand bleiben und nebenan im ehemaligen Siemenshochhaus rund 3.500 Arbeitsplätze entstehen sollen.

Das Bürgergremium bezweifelt, dass die bisher vorgelegten Planungen die Mobilitätsbedürfnisse der neuen Bewohner und Arbeitnehmer erfüllen können. Es kritisiert, dass die wichtige Verkehrsprognose für 2035 noch immer nicht vorliegt.

Mehr bezahlbarer Wohnraum

Für eine Erhöhung der Baumasse um 35 % und die Zahl der Wohneinheiten um 37 % (im Vergleich zum Masterplan 2016) sind das Standard-Förderdelta sowie lediglich zusätzlich 70 preisgedämmte Wohneinheiten zu wenig, findet der BA. Angesichts der zur Debatte stehenden Baumasse müsse die langfristige Sicherung von bezahlbarem Wohnraum im Vordergrund stehen. Ein Teil der Wohnungen solle z.B. an Baugenossenschaften vegeben werden.

Versiegelung reduzieren

Die maximal zulässige Versiegelung durch die Neuplanung wird mit bis zu 7,37 Hektar angegeben - das wären noch einmal 1,36 Hektar mehr als bisher. Hier verlangt der BA eine deutliche Reduzierung. Er kritisiert, dass mit den im Entwurf vorgesehenen 18 qm Freifläche pro Einwohner noch nicht einmal der städtische Standard (20 qm) erfüllt werde.

Auf Fußgänger und Radler achten

Der Bezirksausschuss 19 sieht bei den insgesamt drei Ein- und Ausfahrten zur Siemensallee (zwei aus dem Bebauungsplangebiet und eine aus dem Siemens-Hochhaus) erhebliche Probleme und Gefährdungen von Fußgänger und Radlfahrer. Der motorisierte Verkehr müsse dort einen getrennten Geh- und Radweg überqueren, der nicht nur als Schulweg genutzt wird, sondern auch eine wichtige Radwegverbindung darstellt. Hier sei bei der Ausgestaltung ein besonderes Augenmerk auf die Sicherheit der Fußgänger und Radfahrer zu legen.

Zu wenig Platz zum Parken

Der Parkdruck in der Siemensallee und den umliegenden Straßen sei bereits jetzt sehr hoch, erinnert der BA. Die vorhandenen öffentlichen Stellplätze seien bereits jetzt durch Anwohner, Gewerbe und deren Besucher (über)belegt. Er warnt, dass für die im Entwurf geplanten 137 Besucherstellplätze kein Platz im öffentlichen Straßenraum vorhanden ist.

Wichtige Unterlagen fehlen

Der BA erklärte in seiner Stellungnahme für den Stadtrat, dass er sich zu dem Bebauungpslan nur eingeschränkt äußern kann. Der Grund: In dem Entwurf seien Passagen zu den Themen Nachbarschaftstreff, Artenschutz und Anlagenlärm im Zusammenhang mit dem Hochhaus nur mit Platzhaltern ausgestattet seien. Darüber hinaus liegen dem BA weder die zugrundeliegenden Verkehrsuntersuchungen noch die Würdigung der bisherigen Bürgereinwendungen vor. Ebenso fehlen ein ausgearbeitetes Mobilitätskonzept mit Festsetzungen im Bebauungsplanverfahren, eine Untersuchung der Auswirkungen des Bauvorhabens auf das Stadtklima und der „Energetische Leitfaden“.

north