Einen Moment der Freude, da bin ich mir sicher, erlebt jeder von uns täglich mehrmals. Auch in Zeiten einer Pandemie. Doch diese Momente anschließend in Worte zu fassen, ist schwierig. Hinzu kommt, dass wir darauf getrimmt sind, im großen Ganzen schnell die kleinen Details aus den Augen zu verlieren. Wir neigen dazu, das komplette Jahr und so auch die vorweihnachtliche Zeit mit dem Covid-19-Stempel zu versehen und möglichst schnell in die hinteren, grauen Ecken unseres Gedächtnisses zu verdrängen. Doch vielleicht sollte manchen Momenten genau deswegen mehr Aufmerksamkeit zukommen.
Im Folgenden möchte ich Ihnen einen Einblick in einige dieser Augenblicke der Freude, im Jahr 2020, von Münchens Schülerinnen und Schülern geben. Viele davon aktive Mitglieder bzw. Vorstände der StadtSchüler*innenVertretung München.
„Endlich alle mal wiedergesehen ...“, sagt Chloé (Q11) und bezieht sich dabei auf den sehnlichst erwarteten Präsenzunterricht am Anfang dieses Schuljahres. Und damit ist sie gewiss nicht alleine. Auch Moritz (Q11) bewertet den Präsenzunterricht, der noch vor einem Jahr banaler Alltag an Deutschlands Schulen war, als seinen Moment der Freude. Dieses Jahr ist eben vieles anders, was Lilly, Yunona und Lilia (alle Q11) mit der aus Schülersicht als Antithese zu bezeichnenden Wortneuschöpfung „Schulalltagswertschätzung“ gekonnt auf den Punkt bringen.
Aber auch die Sommermonate Juni bis August sind vielen in Erinnerung geblieben. „Den Sommer habe ich genossen!“, meint Alex (Q12) und nennt als Beispiel, dass die Biergärten geöffnet hatten. Für Chloé dagegen, war es die Möglichkeit mit Freunden und Familie in den Urlaub zu fahren. Sogar einige Events konnten stattfinden. Zum Bespiel fuhren einige SSVler_innen aus München nach Hamburg und Köln, um sich mit den dortigen Schülervertretern auszutauschen. Außerdem konnten sowohl das SSV-Tagesgeschäft, während dem Lockdown online, weiterlaufen als auch im Herbst einige Seminare realisiert werden.
Außerdem fand der Schülerkongress besser::, organisiert vom Münchner Schüler*innen Büro e.V., statt. Was ist besser::? Seit 2006 treffen sich rund 250 Schüler*innen aus München und Umgebung jedes Jahr für ein Wochenende im November an einer Schule, um sich miteinander zu vernetzen und über Schüler_innenvertretungsarbeit auszutauschen. Dieses Jahr lief der Kongress unter dem Namen „besser::online“, in dessen Rahmen den Teilnehmern 5 Tage lang über Zoom Workshops, Keynotes, eine Podiumsdiskussion und Rahmenprogramm geboten wurde. Sozusagen besser:: in einer Corona-freundlichen, abgespeckten Version.
Dies zeigt uns, dass trotz den notwendigen Beschränkungen vieles möglich war und das gilt es nicht zu vergessen. Im Angesicht des sich dem Ende zuneigenden Jahres 2020, dreht sich nun alles um die Frage: „Wie geht es weiter?“ Wir alle haben dieses Jahr Enttäuschungen über abgesagte Abschlussbälle, Festivals, Konzerte, teilweise sogar Ängste vor existenzielle Krisen erlebt.
Dies wirft die Frage auf, ob man überhaupt auf Dinge im nächsten Jahr hoffen bzw. sich darauf freuen soll? Wäre es nicht sinnvoller, sich selbst zu schützen und der These Ernst Ferstls „Die größten Enttäuschungen haben ihren Ursprung in zu großen Erwartungen“ Anwendung zu verleihen? Dem gegenüber stehen verpasste Chancen. Als Beispiel: Hätte das Organisationsteam von dem oben genannten Schülerkongress besser:: im Frühjahr, zur Zeit des ersten Lockdowns (die Sterne standen mehr als schlecht für den Kongress) aufgegeben und die Vorbereitungen gestoppt, hätten wir alle die Chance verpasst, den ersten besser::online-Kongress zu gestalten und mitzuerleben. Persönlich würde ich das ungerne missen. Folglich sollte wohl jeder für sich selbst einen schonenden Ausgleich zwischen rationalem Selbstschutz und hartnäckiger Hoffnung finden. Natürlich liegt einiges außerhalb unseres Machtbereichs. Doch die Übergänge sind fließend und wenn diese Pandemie vorbei ist, möchte ich persönlich vorbereitet sein. Im Sinne von: Die Koffer sind gepackt, um alle verpassten Reisen nachzuholen. Und so wünsche ich jedem / jeder etwas (Menschen, Erlebnisse, etc.), auf das er / sie vorbereitet sein möchte. Anders gesagt: etwas, auf das man sich unbändig freut.
Für Giuliana ist es das Reisen und v.a. die S(-chüler)M(-it)V(-erantwortung)-Fahrten, für Lilly, Yunona und Lilia sind es ihre bereits gebuchten Konzerttickets und ihre Abschussfahrt nach Berlin. Lenny freut sich auf seine Abifahrt und die Mottowoche der Oberstufe. Moritz wünscht sich einfach keinen weiteren Lockdown, damit er sich nicht in der Schule verschlechtert. „Die Jugend wieder genießen“, meint Chloé und das Gefühl von Freiheit, in Bezug auf frei sein von Hintergedanken und dem schlechten Gewissen wegen Gesundheitsrisiken und Verboten. Und zum Abschluss nennt Alex den wohl größten Wunsch vieler Münchner: die Wiesn. Robert Frost sagte einmal: „In drei Worten kann ich alles beschreiben, was ich über das Leben gelernt habe: Es geht weiter.“ Unser (soziales) Leben wird weiter gehen, da ist sich der Zweckoptimist in mir sicher. Es wird einen Impfstoff geben und bis dahin genießen wir die Weihnachtszeit zwar in kleinem Kreise, dafür aber in vollen Zügen.