Veröffentlicht am 20.07.2020 12:21

Immer auf Kurs


Von Tanja Beetz
Thomas Reisnecker (links) und Sebastian Lorenz (rechts) mit Ivan Fabry (Bäckereifachverkäufer) und Selma Hajrulhovic (Auszubildende zur Bäckereifachverkäuferin). (Foto: tab)
Thomas Reisnecker (links) und Sebastian Lorenz (rechts) mit Ivan Fabry (Bäckereifachverkäufer) und Selma Hajrulhovic (Auszubildende zur Bäckereifachverkäuferin). (Foto: tab)
Thomas Reisnecker (links) und Sebastian Lorenz (rechts) mit Ivan Fabry (Bäckereifachverkäufer) und Selma Hajrulhovic (Auszubildende zur Bäckereifachverkäuferin). (Foto: tab)
Thomas Reisnecker (links) und Sebastian Lorenz (rechts) mit Ivan Fabry (Bäckereifachverkäufer) und Selma Hajrulhovic (Auszubildende zur Bäckereifachverkäuferin). (Foto: tab)
Thomas Reisnecker (links) und Sebastian Lorenz (rechts) mit Ivan Fabry (Bäckereifachverkäufer) und Selma Hajrulhovic (Auszubildende zur Bäckereifachverkäuferin). (Foto: tab)

Die Bäckerei Gattinger ist wie ein Schiff. Ein Schiff, das durch hohen Wellengang kommt, manchmal vielleicht einen Umweg nehmen muss, aber immer den richtigen Kurs findet und sich selbst treu bleibt.

„Plötzlich Geschäftsführer”

Vor elf Jahren musste die Bäckerei in der Johann-Clanze-Straße 104 nicht nur durch hohen Wellengang, sie musste durch einen Sturm. „Mein Vater ist 2009 im Alter von 51 Jahren verstorben”, blickt Sebastian Lorenz zurück. „Das waren schlimme Bedingungen. Ich war damals gerade im dritten Lehrjahr als Bäcker und plötzlich Geschäftsführer.” Aber Lorenz beißt sich durch. Es geht schließlich um ein Familienunternehmen. Es geht um die Bäckerei, die 1956 von Ludwig und Ludwiga Gattinger gegründet worden war und die seitdem eine feste Institution in Sendling-Westpark ist. 1987 hatte Josef Gattinger die Bäckerei übernommen und sie bis zu seinem Tod im Jahr 2009 geleitet.

Dank an die Kunden

Sebastian Lorenz sorgt dafür, dass alles weiterläuft. Mit seinem Cousin Thomas Reisnecker holt er sich 2017 Verstärkung an Bord. Er ist fortan – ebenfalls als Geschäftsführer – hauptsächlich für Büro und Verkauf zuständig. Inzwischen ist das Team von ehemals zehn Angestellten im Jahr 2009 auf 25 angewachsen. Die Bäckerei beliefert Schulen und Hotels und ist für die Kunden aus dem Viertel nicht mehr wegzudenken. Dann kommt der nächste Sturm: die Corona-Pandemie. Hotels und Schulen mussten schließen und brachen als Kunden weg. „Wir hatten auf einmal rund 80 Prozent weniger Lieferkundschaft”, sagt Thomas Reisnecker. „Aber unsere Stammkunden im Ladengeschäft haben uns durch ihre Treue massiv unterstützt. Und wenn es nur zwei Semmeln waren, für die sie vorbeigekommen sind. Auch die Metzgereien und Konditoreien, die wir beliefern, haben das mit durchgezogen.” Dankbarkeit schwingt in Reisneckers Stimme mit.

„Kommunikation ist alles”

Von Anfang an kommunizieren die beiden Geschäftsführer die Situation auch mit den Angestellten. „Zum Glück musste niemand in Kurzarbeit gehen. Wir haben uns entschlossen, das nicht zu machen. Wir wollten den Mitarbeitern das Gefühl geben, dass wir für sie da sind. Und sie auch für uns”, sagt Lorenz. Alle rudern in dieselbe Richtung und steuern das Schiff durch den Sturm. „Kommunikation ist alles”, betont der Geschäftsführer.

Durch die Krise hilft der Bäckerei auch der online Lieferservice, der kurzerhand ins Leben gerufen wird. „Es gab genug, gerade ältere Menschen, die nicht raus durften oder wollten. Deswegen haben wir Flyer verteilt und den Service auch über unsere Internetseite angeboten. Das wurde sehr gut angenommen”, so Thomas Reisnecker. Und sein Cousin ergänzt: „Das war super. Die Leute sind mit dem Flyer in die Bäckerei gekommen.” Plötzlich seien auch Kunden aus anderen Ecken des Stadtviertels gekommen, die die Bäckerei bisher gar nicht so auf dem Schirm gehabt hätten.

Inzwischen fährt das Schiff wieder in ruhigeren Gewässern, der Lieferservice existiert zwar noch, aber die Lieferzeiten sind etwas eingeschränkter. Die Nachfrage sei weniger geworden, begründen die Geschäftsführer diesen Schritt. „Wir sind besser durch die Krise gekommen als gedacht”, sagen sie. „Man muss sich auf neue Dinge einstellen, dann kann man sie auch besser umsetzen.” Ein Lob haben sie für die Politik. „Wir haben Soforthilfe beantragt und innerhalb von drei Tagen das Geld bekommen. Das hat super geklappt.”

Von Hand gebacken

Alles, was es in der Bäckerei Gattinger zu kaufen gibt, wird von Hand in der eigenen Backstube gebacken. Passend zu jeder Jahreszeit gibt es besondere Schmankerl: Erdbeerkuchen, Osterfladen, Zwetschgendatschi ... Legendär sind inzwischen die Brezen, die jedes Jahr auch zum Oktoberfest geliefert werden. „Mein Vater hat sie mit dem knallgelben Kleinlaster ausgeliefert und war als Breznsepp schon bekannt”, sagt Sebastian Lorenz. Klar, dass es die original Wiesnbrezen auch im Laden gibt. Wichtig ist Lorenz und Reisnecker vor allem auch der regionale Bezug. Mehle, Milch und Eier beziehen sie direkt von Müllern und Bauern aus der Umgebung.

Zwei Geschäftsführer und 25 Arbeitnehmer. Sie sind wie eine Familie. Etwas Platz haben sie in der Bäckerei noch. „Wir nehmen gerne noch Auszubildende auf”, sagt Lorenz. Ausgebildet werde ab September in allen drei Bereichen: als Bäcker, Konditor und Bäckereifachverkäufer.

Weitere Infos über die Bäckerei Gattinger gibt es unter www.baeckerei-gattinger.de im Internet.

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